Vattenfall will deutsches Braunkohlegeschäft abstoßen
ge Berlin – Angesichts weiter fallender Strompreise und neuer politischer Vorgaben durch die rot-grüne Minderheitsregierung in Schweden erwägt der Versorger Vattenfall, sich von fast zwei Drittel seines Umsatzes und knapp der Hälfte seines bisherigen Ergebnisses zu trennen. “Unsere Strategie sieht klar eine Reduzierung unserer Kohlendioxid-(CO2-)Exponierung und eine Umstellung unseres Erzeugungsportfolios auf erneuerbare Energien vor”, sagte der neue CEO und Präsident des schwedischen Staatskonzerns, Magnus Hall, bei der Erläuterung der Neunmonatszahlen. Deswegen habe der Verwaltungsrat entschieden, dass das Management Optionen für eine “nachhaltige und neue Eigentümerstruktur” des Braunkohlegeschäfts in Ostdeutschland prüfen solle.Vattenfall betreibt in der Lausitz fünf Tagebaue und vier Kraftwerke, die für etwa ein Zehntel der deutschen Stromproduktion stehen, aber ein Vielfaches des klimaschädlichen CO2 ausstoßen. Zusammen mit eher kleineren Aktivitäten in Berlin und Hamburg haben die Schweden mit der Braunkohleverstromung 2013 (seitdem gibt es keine genaueren Regionaldaten mehr) 135 Mrd. skr erlöst, verglichen mit 53 Mrd. in ihrem Heimatland, und daraus ein (um Abschreibungen bereinigtes) Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 13,4 Mrd. skr erzielt, fast genauso viel wie die schwedische Einheit. Deren Gewinn war jedoch rückläufig, während das deutsche Geschäft zulegte. Entsprechend betonte Hall, das Geschäft sei profitabel – “wir verdienen Geld mit Braunkohle”. Über den Wert dieser Aktivitäten wollte er sich genauso wenig äußern wie über den Zeitplan des geplanten Verkaufs. Verschärftes SparprogrammAndere Geschäfte verliefen jedoch so schlecht, dass sich der neue CEO zu umfangreichen Abschreibungen gezwungen sah – zum zweiten Mal binnen gut Jahresfrist. Gut 23 Mrd. skr (rund 2,5 Mrd. Euro) wurden im dritten Quartal wertberichtigt, davon allein gut die Hälfte in den Niederlanden, wo Vattenfall vor Jahren den Energiekonzern Nuon erworben hatte. Mit der jetzigen Bereinigung sind fast 60 % des einstigen Kaufpreises abgeschrieben. Hintergrund für diese erneute Wertberichtigung ist der nicht enden wollende Strompreisverfall. Die schwache Nachfrage bei einem Überangebot an Erzeugungskapazitäten habe zu “historisch niedrigen Großhandelspreisen bei Strom” geführt, listet Hall auf – ohne dass auch nur das geringste Anzeichen einer Erholung bei Strom-Futures zu erkennen wäre. Im Gegenteil, notieren doch die für 2015 und 2016 erwarteten Strompreise für Skandinavien und Deutschland an den jeweiligen Strombörsen um gut 5 % niedriger als der aktuelle Preis. Und dieser lag mit gut 31 Euro je Megawattstunde (MWh) im dritten Quartal um gut ein Zehntel bzw. fast ein Fünftel unter dem Wert des Vorjahres. Verbunden mit geringeren Produktionsmengen brach das um Abwertungen bereinigte Ebit im Sommerquartal um ein Drittel ein. Als Konsequenz dieser sich weiter verschärfenden Lage will Hall das laufende Kostensenkungsprogramm von 2 auf 3 Mrd. skr ausweiten. Alle nicht zum Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten sollen abgestoßen werden. Blackstone als Käufer?Hall versprach, den beabsichtigten Abschied von der Braunkohle in enger Abstimmung mit der Bundesregierung und den Ländern Brandenburg und Sachsen zu betreiben, wo etwa 8 000 Mitarbeiter beschäftigt seien. RWE und Eon lehnten eine Stellungnahme ab, ob sie an den Vattenfall-Geschäften interessiert sind. Spekuliert wird, dass tschechische, aber auch chinesische Versorger interessiert sein könnten oder Finanzinvestoren wie Blackstone und CVC.