Dieselskandal

Verbraucherschützer verklagen Daimler

Der Verband VZBV reicht eine Musterfeststellungsklage beim Oberlandesgericht Stuttgart ein. Mit Volkswagen hatte es eine Einigung auf einen Vergleich gegeben.

Verbraucherschützer verklagen Daimler

Reuters München

Nach Volkswagen wollen Verbraucherschützer im Skandal um manipulierte Dieselmotoren mit einer Musterfeststellungsklage auch den Autohersteller Daimler zum Einlenken zwingen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erhob am Mittwoch nach eigenen Angaben vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eine solche Klage, mit der grundsätzliche Fragen vorab für alle einzelnen Schadenersatzverfahren von Mercedes-Kunden geklärt werden können.

Der Verband wirft dem Stuttgarter Autohersteller vor, in vielen Modellen seiner Mercedes-Oberklasse Abschalteinrichtungen verbaut zu haben, die auf dem Prüfstand niedrigere Abgaswerte vorspiegelten als im Straßenverkehr.

Daimler bestreitet Manipulationen und kündigte an, sich auch in einem Musterverfahren gegen alle Ansprüche zur Wehr zu setzen. Mit einer Musterklage entlaste man die Gerichte, die dann nicht mehr in jedem Einzelfall klären müssten, ob Daimler solche Abschalteinrichtungen vorsätzlich eingebaut habe und ob das sittenwidrig gewesen sei, sagte VZBV-Vorstand Klaus Müller in einer Telefonkonferenz. Anders als im Fall von VW gehe es um „ein ganzes Sammelsurium von Manipulationen“. „Bei Daimler ist das System erheblich ausgereifter als bei anderen Herstellern“, sagte Rechtsanwalt Christian Grotz von der Anwaltskanzlei Stoll & Sauer. Die Landgerichte hätten oft gar keine Zeit für Technikdetails.

Knackpunkt der Verfahren ist, ob die temperaturabhängige Abgassteuerung eine sittenwidrige Täuschung ist und damit einen Schadenersatzanspruch begründet. Müller sagte, die Verbraucherschützer seien bereit zu Vergleichsverhandlungen mit dem Autokonzern: „Sollte sich Daimler das ersparen wollen – unsere Telefonnummer ist bekannt.“ Mit Volkswagen hatte der VZBV einen Vergleich ausgehandelt, nach dem 200000 Kunden insgesamt 620 Mill. Euro ausgezahlt bekommen sollten.

Daimler will sich darauf nicht einlassen. Ein Sprecher verwies darauf, dass die Urteile im Zusammenhang mit Dieselklagen bisher „fast ausschließlich zu unseren Gunsten“ ausgegangen seien. Die Land- und Oberlandesgerichte hätten in rund 95% der Fälle Daimler Recht gegeben. Vor Oberlandesgerichten seien nur zwei von mehr als 500 Urteilen zugunsten der Kunden ausgegangen, vor Landesgerichten setzten sich in 600 von mehr als 10000 Fällen die Kläger durch. Dazu kommt nach Unternehmensangaben eine dreistellige Zahl außergerichtlicher Vergleiche.

„Einer nach dem anderen“

Ob eine Musterklage auch gegen BMW geplant sei, wollte Müller nicht sagen: „Immer einer nach dem anderen.“ Der Münchner Autokonzern bestreitet Manipulationsvorwürfe. In der Musterklage gegen Daimler bezieht sich der VZBV auf knapp 50000 Geländewagenmodelle der Serien GLC und GLK, die auf Geheiß des Kraftfahrt-Bundesamtes in den Jahren 2018 und 2019 für ein Software-Update in die Werkstätten zurückgerufen worden waren. Neu kosten die Fahrzeuge rund 40000 Euro. Grotz schätzt die Schadenersatzklagen allein für den dort verbauten Motoren-Typ OM651 auf eine „klar vierstellige“ Zahl. Neben einer Rückabwicklung des Kaufs komme auch eine Wertminderung von 10 bis 15% in Betracht. Insgesamt sind nach Angaben des VZBV mehr als 250000 Mercedes-Modelle von Rückrufen im Zusammenhang mit Abschalteinrichtungen betroffen.

Kunden, die sich der Musterklage anschließen wollen, müssen sich beim Bundesamt für Justiz in ein Klageregister eintragen. Damit verhinderten sie, dass mögliche Ansprüche Ende des Jahres verjährten, erklärte der Verband.