Verbriefungen und Zertifikate wieder attraktiv
Von Arne Klüwer *)In Zeiten niedriger Zinsen und verstärkter Bankenregulierung sollten Verbriefungen und Zertifikate eine echte Alternative für Investoren darstellen, die nach einer vergleichsweise sicheren Anlageform suchen.Verbriefungen waren während der Finanzmarktkrise verstärkt in die Kritik geraten und der Markt für verbriefte Produkte hat sich jedenfalls bis heute nur teilweise wieder erholt. Ein Teil der Kritik gründete auf der mit vielen Strukturen einhergehenden hohen Komplexität, die dazu führte, dass viele Investoren sich bei der Risikoeinschätzung einer Verbriefung allein auf die Einschätzung der Ratingagenturen verlassen hatten, ohne selbst zu bewerten, wie die jeweiligen kommerziellen und strukturellen Risiken der Investition zu bewerten waren.Dabei sind Verbriefungen aber aufgrund der diesen zugrunde liegenden und diese indirekt besichernden Vermögenswerte grundsätzlich sicherer als etwa solche Kapitalmarktprodukte, denen keine Sicherheiten zugrunde liegen, wie etwa unbesicherte Unternehmensanleihen. Dennoch kommen die Emissionen neuer Verbriefungen erst schleppend wieder in Gang.Die Erholung des Marktes betrifft dabei vorrangig solche Produkte, die der Investor auch selbst dem Grunde nach nachvollziehen kann. Dies sind vornehmlich und aufgrund ihrer hohen Granularität Verbriefungen von Autofinanzierungsdarlehen und -leasingverträgen.Noch nicht wieder im Kapitalmarkt angekommen sind hingegen die traditionell in großem Umfang über Asset Backed Commercial Papers (ABCP) finanzierten Verbriefungen von Handelsforderungen. Hier sind die Portfolien sind zwar ähnlich granular wie etwa die Portfolien von Forderungen im Automobilsektor. Aber im Unterschied zu einer von einem einzigen Sponsor getragenen Verbriefung handelt es sich um Geldmarktpapiere, die von einer Vielzahl zwar dem Grunde nach vergleichbarer, aber dem Investor doch unbekannter Forderungen gedeckt sind.Obwohl die zugrunde liegenden Forderungen stets strengen Auswahlkriterien unterliegen und daher qualitativ keine Bedenken bestehen sollten, hat sich der Markt in Europa anders als in den USA bislang noch nicht wieder wirklich erholt.Handelsforderungen werden zwar daher weiterhin und auch wieder verstärkt über entsprechende von verschiedenen Banken arrangierte und teilweise auch finanzierte Strukturen angekauft, oftmals aber von den Banken noch nicht wieder am Kapitalmarkt über Geldmarktpapiere finanziert. Damit ist das Potenzial des ABCP-Marktes zurzeit noch zu einem guten Teil durch die fehlende Kapitalmarktrefinanzierung der Transaktionsankäufe beschränkt.Das Gleiche gilt prinzipiell auch für die Verbriefung von Immobilienkrediten über Asset Backed Securities (ABS), insbesondere im Bereich gewerblich genutzter Immobilien – Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS). Hierbei handelt es sich um Anleihen, die ihrerseits durch grundpfandrechtlich besicherte Kredite besichert sind.Vor der Finanzmarktkrise wurden derartige Kredite oftmals von Banken mit dem Gedanken ausgereicht, sie sodann, oft gebündelt mit anderen gleichartigen Darlehen, als CMBS zu verbriefen. Da aber der CMBS-Verbriefungsmarkt – zumindest in Kontinentaleuropa – noch nicht wieder in hinreichendem Umfang aufnahmefähig ist, ist die Refinanzierung der zunehmend fälligen Darlehen durch Banken nicht in allen Fällen möglich. Denn diejenigen Kredite, die nicht über Pfandbriefe refinanziert werden, sind in den vergangenen Jahren nur sehr eingeschränkt über Verbriefungen am Kapitalmarkt refinanziert worden. Dabei war die Platzierung solcher Immobilienverbriefungen, die von starken Markennamen und Wohnimmobilien getragen sind, insbesondere im Jahr 2013 sehr erfolgreich. Dennoch ist aber der Markt für CMBS noch nicht wieder annähernd auf dem Niveau vor der Krise angelangt.Hierdurch entsteht eine Lücke, die gerade auch für Versicherungen interessant sein kann, weil gerade indirekt von Immobilien besicherte Schuldverschreibungen/Zertifikate einen vergleichsweise hohen Grad an Sicherheit bieten und auf deren Anlagebedürfnisse zugeschnitten werden können.Viele Versicherungen stehen unter einem starken Investitionsdruck, wobei gemäß § 54 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) das Sicherungsvermögen und das sonstige gebundene Vermögen unter Berücksichtigung der Art der betriebenen Versicherungsgeschäfte sowie der Unternehmensstruktur möglichst sicher und rentabel anzulegen ist.Dabei ist die jederzeitige Liquidität des Versicherungsunternehmens unter Wahrung angemessener Mischung und Streuung sicherzustellen. Hierbei konkretisiert die Anlageverordnung, welche Anlageformen insbesondere für das gebundene Vermögen zulässig sind. Danach ist die Investition in Asset Backed Securities (hierunter fallen auch CMBS) ausdrücklich erlaubt, sofern diese von einer Emittentin mit Sitz in einem Staat des EWR oder einem Vollmitglied der OECD begeben sind oder zum Handel oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen sind.Allerdings enthält die Anlageverordnung vor dem Hintergrund der Vorgabe der angemessenen Mischung und Streuung näher konkretisierte Vorgaben, die festlegen, dass die Anlage in ABS insgesamt 7,5 % des Sicherungsvermögens und sonstigen gebundenen Vermögens nicht übersteigt.Während es daher gesetzliche Obergrenzen für diese Form der Anlage gibt, gibt es gleichzeitig aufgrund der Vielfalt der möglichen Anlageklassen verschiedene Kategorien, mit denen sich existierender Finanzierungs- oder Refinanzierungsbedarf und eine nach der Anlageverordnung zulässige Anlagekategorie oftmals zusammenbringen lassen. Vor diesem Hintergrund gibt es eine zunehmende Tendenz, dass jeweils auf den Anlagebedarf von Versicherungen zugeschnittene Finanzierungen, sei es über Schuldverschreibungen, Darlehen oder andere strukturierte Finanzierungen, platziert werden, die dabei den Erfordernissen der Anlageverordnung genügen. Neben den gesetzlichen Obergrenzen können auch weitere Faktoren und Präferenzen eine Rolle spielen und die Strukturierung eines anlageverordnungskonformen Produkts beeinflussen.Eine Anlageklasse von besonderer Bedeutung bilden grundpfandrechtlich besicherte Darlehen. Als Alternative zum Darlehen kann eine Finanzierung auch durch Anleihen/Zertifikate strukturiert werden, wobei diese gegebenenfalls grundpfandrechtlich oder sonst besichert werden können oder auch zum Handel zugelassen werden sollten. Es handelt sich mit diesen Anleihen/Zertifikaten dabei nicht um Asset Backed Securities, weil es sich hier nicht um verbriefte Darlehen handelt, sondern um unmittelbar besicherte Schuldverschreibungen.Auch hier gelten in jedem Fall Höchstquoten, doch sind diese in der Regel für verschiedene Versicherungen unterschiedlich ausgeschöpft, so dass sich bei entsprechend sorgfältiger Strukturierung Finanzierungs- und Investitionsbedürfnisse oftmals entsprechend vereinen lassen. So können Transaktionen auch so strukturiert werden, dass eine Finanzierung für verschiedene Investoren über unterschiedliche Schuldtitel ausgestaltet wird. StrukturierungDa bei der Strukturierung der Produkte daneben auch besonderes Augenmerk auf steuerliche Aspekte gelegt werden sollte, ist es in vielen Fällen empfehlenswert, ausländische Strukturen zu wählen, die gleichermaßen den Erfordernissen der Anlageverordnung entsprechen und dabei steuerlich effizient sind.Wie auch in anderen Fällen gilt, dass strukturierte Produkte nicht die alleinige Lösung aller Probleme sein können, aber sie können in jedem Fall verstärkt dazu beitragen, Finanzierungs- und Refinanzierungslücken zu schließen. Gleichzeitig lässt das steigende Volumen entsprechender Strukturen hoffen, dass auch Verbriefungen bei traditionellen Investoren wieder auf verstärktes Interesse stoßen. Die Qualität stimmt, es fehlt nur noch das Volumen.—-*) Dr. Arne Klüwer ist Partner im Frankfurter Büro der Kanzlei Clifford Chance.