RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: ANNA SCHWANDER

Verringerte Transaktionssicherheit für chinesische Investoren

Bundesregierung untersagt im Fall Leifeld erstmals Übernahme

Verringerte Transaktionssicherheit für chinesische Investoren

– Frau Schwander, die Bundesregierung hat mit Leifeld zum ersten Mal die Übernahme eines deutschen Unternehmens durch einen chinesischen Investor, wenn auch vorsorglich, untersagt. Was sind die Gründe?Grundlage für die Ermächtigung des Bundeswirtschaftsministers, die Übernahme zu untersagen, war die Außenwirtschaftsverordnung (AWV), die in diesem Fall – anders als bei der geplanten Übernahme des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz durch den chinesischen Staatskonzern SGCCC – aufgrund eines geplanten Erwerbs von über 25 % der Stimmrechte an Leifeld anwendbar ist. Die Übernahme hätte nach Ansicht der Regierung Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Da mit den von Leifeld produzierten Spezialwerkzeugmaschinen auch Bauteile für die Nuklearindustrie herzustellen wären, stand zu befürchten, dass die militärische chinesische Nuklearwirtschaft von dem Erwerb profitieren könnte. – Urteilt die Regierung inzwischen strenger, nachdem auch andere Länder die Schranken erhöhen?Die Bundesregierung hat seit Inkrafttreten des Außenwirtschaftsgesetzes 2004 keinen Unternehmenserwerb auf dieser Grundlage untersagt. Die Anpassung der AWV im Juli 2017 ließ jedoch bereits vermuten, dass die Regierung die Übernahme deutscher Unternehmen durch Ausländer stärker unter Kontrolle nehmen würde. Aufgrund der wachsenden Sorge, dass chinesische Firmen auch in Deutschland zunehmend Spitzentechnologien aufkaufen, war es nur eine Frage der Zeit, bis es zu Reaktionen wie nun bei Leifeld und 50Hertz kommt. – Wie ist der internationale Kontext?Nicht nur einzelne EU-Mitgliedstaaten haben die Investitionskontrollverfahren verschärft. Es wurde auch auf europäischer Ebene eine Verordnung zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen entworfen, deren Abschluss noch 2018 erwartet wird. Der Entwurf sieht einheitliche Rahmenbedingungen für Investitionskontrollen vor und schafft eine EU-weite Transparenz und Kooperation der Mitgliedstaaten bei Investitionsprüfungen. Auch die USA haben die Kontrollmechanismen verschärft. Der Foreign Investment Risk Review Modernization Act, der in Kürze in Kraft treten soll, weitet die Prüfungskompetenz des Committee on Foreign Investment (CFIUS) weiter aus. – Wie sind die Eingriffe nach herrschendem Recht zu bewerten? Eine Untersagung von Unternehmenskäufen kann derzeit nur auf die AWV gestützt werden und dies auch nur, wenn der Erwerber mindestens 25 % der Anteile erwirbt. Wie der Fall 50Hertz zeigt, kann in anderen Fällen ein Einschreiten des Staates nur unter Eingehung erheblicher finanzieller Risiken möglich sein. In der Politik wird diskutiert, die für ein Prüfverfahren erforderliche Beteiligungsschwelle nach der AWV zu senken. Ob ein niedrigerer Schwellenwert ausreicht, ist aber fraglich, da auch Minderheitsinvestoren unter bestimmten Umständen Zugang zu wesentlichen Geschäftsinformationen eines Unternehmens haben können, etwa über ein Mitglied im Aufsichtsrat oder Informationsrechte als Gesellschafter einer GmbH. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die geschilderten Entwicklungen bereits zu einer Verringerung des Investitionsvolumens chinesischer Investoren in Deutschland, der EU und den USA 2018 gegenüber dem Vorjahr geführt haben. Jedwede Verschärfung der Investitionskontrolle wird daher auch Folgewirkungen zeigen.- Was raten Sie deutschen Unternehmen, die einen chinesischen Investor als Chance betrachten?Die Transaktionssicherheit für chinesische Investitionen in Deutschland hat sich seit Anpassung der AWV im letzten Jahr spürbar verringert. Deutsche Unternehmen, die den Einstieg eines chinesischen Investors in Betracht ziehen, sollten sich mit dem Thema Investitionskontrolle daher frühzeitig beschäftigen. Hierzu gehört unter anderem die Berücksichtigung etwaiger Investitionskontrollverfahren bei der zeitlichen Planung der Transaktion als auch die Aufnahme entsprechender Regelungen (Closing-Bedingungen, Break Fee etc.) in die Vertragsdokumentation. —-Dr. Anna Schwander ist Partnerin bei Kirkland & Ellis in München. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.