RECHT UND KAPITALMARKT

Verstöße gegen Meldepflichten werden teurer

Bundesfinanzministerium legt Referentenentwurf zur Umsetzung der neuen EU-Transparenzrichtlinie vor

Verstöße gegen Meldepflichten werden teurer

Von Tobias A. Heinrich und Lutz Krämer *)Änderung der Meldearchitektur, verbesserte Kalibrierung der Meldepflichten, drastische Sanktionen bei Verstößen: Mit der Änderungsrichtlinie zur Transparenzrichtlinie (2013/50/EU – TRL III) ist der Auftrag an den deutschen Gesetzgeber verbunden, bis Ende November 2015 insbesondere die Regelungen zur Stimmrechtspublizität des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) grundlegend zu überarbeiten.Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 6.2.2015 einen Referentenentwurf (RefE) vorgelegt, der die klare Handschrift der Richtlinie trägt und dabei neben einigen überfälligen “Entschlackungen” eine europäisch vorgegebene und bisher nicht dagewesene Verschärfung der Sanktionsmittel bei Verletzung der Meldepflichten auf den Weg bringt. Der mit der TRL III gewählte “Vollharmonisierungsansatz” reduziert zugleich den Handlungsspielraum des Gesetzgebers, weshalb im Gesetzgebungsverfahren mit einer begrenzten Zahl an Nachjustierungen zu rechnen ist. Neben der gesetzlichen Rücknahme der Quartalsberichterstattung, die freilich im Prime Standard noch fortgilt, enthält die TRL III einige erhebliche Verschärfungen bei Meldepflichtverstößen, die das Pflichtenheft der Kapitalmarkt-Compliance erhöhen.Eine erhebliche Vereinfachung bedeutet die durch die TRL III vorgegebene und überfällige Umstellung von drei auf zwei Meldetatbestände. Neben der weitestgehend unveränderten Meldepflicht des § 21 WpHG (bei allerdings künftiger Anknüpfung an das Kausalgeschäft als meldepflichtiger Tatbestand) werden die bisherigen Meldesäulen nach § 25 und § 25a WpHG in einer Norm zusammengefasst. Der neue § 25 WpHG wird sämtliche meldepflichtigen (Finanz-)Instrumente erfassen und unterscheidet zwischen Instrumenten, bei denen der Aktienerwerb vom Inhaber des Instruments oder vom Zeitablauf abhängt, und solchen mit vergleichbarer wirtschaftlicher Wirkung (unabhängig von einem physischen Settlement oder Barausgleich). Bei Instrumenten mit Barausgleich kommt künftig eine delta-adjustierte Berechnung zum Tragen, was entsprechende Systemanpassungen bei den Finanzinstituten nach sich zieht.In der Vergangenheit hat das Nebeneinander von drei Meldetatbeständen mit nur unzureichend aufeinander abgestimmten Aggregations- und Ausnahmetatbeständen zu einem auch für Experten “schwergängigen” Normengefüge mit erheblicher Fehleranfälligkeit geführt. Prominentes Beispiel ist der Fall BlackRock, bei dem im Nachgang zu einer Umstellung der internen Meldesysteme Korrekturmeldungen für 48 Emittenten abzugeben waren. Mit der anstehenden Neuregelung entfällt auch das überflüssige “Herauf- und Heruntermelden” zwischen § 25 und § 25a WpHG. Flankierende ErleichterungenWeitere Erleichterungen stehen bei der Nichtberücksichtigung von Stimmrechten an: So werden zum Beispiel die in § 23 WpHG vorgesehenen Ausnahmen künftig auf sämtliche (Finanz-)Instrumente angewendet. Des Weiteren werden neue Ausnahmen für Stabilisierungsmaßnahmen aufgenommen, deren Reichweite allerdings vom Referentenentwurf noch nicht klar umrissen ist. Zudem soll die Abgabe von Konzernmitteilungen (§ 24 WpHG) erleichtert werden, womit perspektivisch wiederum eine Abnahme des Meldeaufkommens verbunden sein wird.Nur punktuelle Änderungen erfährt der Zurechnungstatbestand des § 22 WpHG. Da nach dem neuen Konzept der “Vollharmonisierung” die Mitgliedstaaten von den Vorgaben der TRL III nur noch bei ausdrücklicher Befugnis abweichen dürfen, drängt sich bei der teilweise sehr weiten Fassung der Zurechnungstatbestände eine weitere Harmonisierung auf. Der deutsche Gesetzgeber bedient sich jedoch einer Ausnahme der TRL III, die den weiteren Gleichlauf mit den Zurechnungstatbeständen des WpÜG zulässt.Bußgelder bei Verstößen gegen die Meldepflichten des WpHG werden künftig teuer. Der Referentenentwurf sieht bei Meldeverstößen – im Einklang mit der TRL III – für natürliche Personen eine Geldbuße von bis zu 2 Mill. Euro, für juristische Personen von (mindestens) bis zu 10 Mill. Euro vor. Dabei geht der Entwurf unter “Wertungsgesichtspunkten” noch über von der Richtlinie nicht ausdrücklich einbezogene Fälle hinaus (z. B. Erweiterung der Bußgeldandrohung auch auf emittentenseitige Verstöße). Der Bußgeldrahmen kann (und muss) bei juristischen Personen sogar noch über die 10-Mill.-Grenze hinausgehen, wenn und soweit 5 % des Jahresumsatzes des Emittenten einen höheren Wert ergeben. Nach der TRL III ist dabei der Konzernumsatz(!) maßgebend, was der Referentenentwurf allerdings noch unterschlägt.Ferner ist eine Abschöpfung bis zum Zweifachen des durch die Zuwiderhandlung erzielten Gewinns oder vermiedenen Verlusts denkbar. Ein leichtes und im Ergebnis verständliches Unbehagen gegenüber dieser Neuvermessung der Bußgeldtatbestände artikuliert sich hier wohl auch in der Formulierung der Entwurfsbegründung, die Vorschläge stünden noch unter “besondere(m) Vorbehalt weiterer Prüfung”.Künftig entsteht im Übrigen ein auffälliges Missverhältnis zum Sanktionsrahmen bei – an sich schwerer wiegenden – Verstößen gegen die Ad-hoc-Publizität, die ab Juli 2016 aufgrund der in Deutschland unmittelbar geltenden europäischen Marktmissbrauchsverordnung (MAR) im Regelfall ein Höchstbußgeld von maximal 2,5 Mill. Euro verlangen. Eine Herausforderung der Praxis (BaFin und Gerichte) wird es vor diesem Hintergrund sein, den künftig geltenden erhöhten Bußgeldrahmen der TRL III in ein angemessenes Verhältnis zum konkreten Verstoß, zum Unrechtsgehalt und zu den Auswirkungen auf die betroffenen Rechtsgüter zu setzen. Diesem Spannungsverhältnis werden auch die perspektivisch zu bearbeitenden WpHG-Bußgeldleitlinien Rechnung tragen müssen. Eine lineare Erhöhung der in den BaFin-Bußgeldleitlinien vorgesehenen Bußgelder erschiene bei den in der Praxis typischen Verstößen jedenfalls unverhältnismäßig.Auch der Rechtsverlust soll eine deutliche Ausweitung erfahren und künftig auf sämtliche Zurechnungstatbestände des § 22 WpHG sowie den neuen § 25 WpHG ausgedehnt werden. Bei § 25 WpHG tritt der Rechtsverlust im Falle einer Verletzung erwartungsgemäß bei der Person des Meldepflichtigen ein und “infiziert” nicht den Inhaber der Aktie. Folglich kommt der Rechtsverlust in diesen Fällen erst mit dem nachgelagerten Aktienerwerb zum Tragen. Der Referentenentwurf macht aber nicht von der Möglichkeit der TRL III Gebrauch, den Rechtsverlust auf “schwerwiegendste Verstöße” zu begrenzen. Dies wäre aus Sicht der Praxis jedoch zu befürworten. Am PrangerEine ganz andere Qualität und Art der Publizität wird durch die zwingende Verschärfung des sog. Naming and Shaming erreicht. Hiernach muss die BaFin künftig jeden Verstoß unverzüglich – also noch vor Eintritt der Rechtskraft – und unter Benennung der für den Verstoß verantwortlichen Person auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Das bisherige Ermessen entfällt. Nur in Ausnahmefällen kann eine Veröffentlichung unterbleiben; eine “Nische”, die in der Praxis sicher immer wieder zu Diskussionen führen wird.Das Anziehen auf Sanktionsebene wird die Sensibilität für ordnungsgemäße Meldungen weiter erhöhen. Mit der vorgesehenen Vereinheitlichung der Meldepraxis durch verbindliche Nutzung von Meldeformularen will man auch in Deutschland schnell auf eine Vereinheitlichung der Standardformulare reagieren können, die durch die ESMA auf europäischer Ebene vorangetrieben wird. Schriftliche Stellungnahmen zum Referentenentwurf sind bis 14.3.2015 einzureichen. Das Kabinett plant eine Befassung am 29.4.2015. Die Fortentwicklung der Beteiligungstransparenz kommt damit gleichwohl nicht zum Abschluss. Weitere Änderungen (Stichwort Legitimationsaktionär) stehen mit der geplanten Aktienrechtsnovelle unmittelbar bevor.—-*) Dr. Tobias A. Heinrich und Dr. Lutz Krämer sind Partner der Anwaltssozietät White & Case.