Verwunderung über das Timing der Siemens-Gewinnwarnung

Analysten erwarten neue Vorgaben - Aktienkurs reagiert mit Kurssprung auf mögliche Veränderung an der Vorstandsspitze

Verwunderung über das Timing der Siemens-Gewinnwarnung

mic München – Das Gros der Siemens-Analysten hat seine Kursziele für den Münchner Konzern nach dem Streichen der operativen Gewinnprognose 2013/2014 unverändert gelassen. Mehrfach wiesen die Finanzmarkt-Beobachter darauf hin, die Präsentation der Quartalszahlen am 1. August abwarten zu wollen. Verwundert wurde jedoch in zahlreichen Studien das Timing der Ad-hoc-Meldung registriert.”Es hat uns überrascht, das die mittelfristige Prognose eine Woche vor der Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2012/2013 gesenkt wurde”, heißt es bei der DZ Bank. Die Commerzbank schlägt in die gleiche Kerbe. Während das Streichen des Margenziels von bisher mindestens 12 % keine Überraschung sei – schließlich habe man selbst nur 11,3 % erwartet -, sei es überraschend, dass so früh korrigiert wurde: “Trotz der Tatsache, dass die Konjunkturumfeld und die Währungslage für das Jahr 2014 noch so unklar sind.” Die Analysten von International Equities weisen auf die Kürze der Siemens-Mitteilung hin – tatsächlich bestand sie im Wesentlichen aus zwei Sätzen – und bemängeln, die Investor-Relations-Abteilung habe keine weiteren Erklärungen gegeben. Berenberg erwartet eine schlechtere Performance der Siemens-Aktie als von konkurrierenden Papieren, bis Klarheit über die Motive der Ergebniswarnung besteht.Wie geht es weiter? Baader wertet die frühe Veröffentlichung als Hinweis, dass die künftigen Margenziele von Siemens deutlich unter jenen rund 11 % liegen könnten, die der Finanzmarkt durchschnittlich für das nächste Geschäftsjahr erwartet hatte. Über den Daumen gepeilt würde eine Marge von 10 % den Gewinn pro Aktie von 7,35 Euro auf 6,30 Euro reduzieren, heißt es bei Baader. Die DZ Bank erwartet eine veränderte Vorgabe bei Bekanntgabe der Quartalszahlen: “Der neue Zielwert dürfte in etwa den Konsenserwartungen entsprechen.” Die LBBW hat sicherheitshalber das Siemens-Kursziel bis zum 1. August ausgesetzt. Säuerlich wird angemerkt: “Insgesamt hat damit Siemens seit Mitte 2007 zum sechsten Mal die eigene Guidance gekippt.”Bei der Commerzbank werden zusätzliche Maßnahmen des Managements erwartet, damit die Margen in den Folgejahren wieder steigen können. Eine Bekanntgabe derartiger Schritte sei beispielsweise mit der Präsentation der Jahresergebnisse Anfang November denkbar. Die Frankfurter Analysten können der Ergebniswarnung auch positive Seiten abgewinnen. Es eröffneten sich neue strategische Optionen, heißt es: Höhermargige Geschäfte wie die Hörgerätesparte, die nicht ins Siemens-Portfolio passten, könnten nun verkauft werden. Denn sie würden nicht mehr wie bisher zum Hochhalten der Sektormargen benötigt.Mögliche Revirements an der Konzernspitze spielten bei den Analysten am Freitag eine untergeordnete Bedeutung. Mit der Nord/LB wies jedoch ein Institut prononciert auf diesen Aspekt hin: “Denkbare Personalentscheidungen oder eben das Ausbleiben solcher dürften sich in die eine oder andere Richtung auf den Kurs der Siemens-Aktie auswirken.”Am Freitag führte der Kapitalmarkt bereits vor, in welche Richtung er denkt. Als bekannt wurde, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats sich bereits zu vorbereitenden Sitzungen am Wochenende treffen würden, und damit eine Ablösung Löschers wahrscheinlicher schien, schoss die Aktie drei Prozentpunkte in die Höhe.—– Personen Seite 16