Verwunderung über MAN-Offerte

Angebot an Aktionäre schickt Kurs auf Talfahrt - Rechtsstreitigkeiten drohen

Verwunderung über MAN-Offerte

jur München – Das Abfindungsangebot für die MAN-Aktionäre im Zuge der Etablierung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch den VW-Konzern vom Donnerstagabend hat die MAN-Titel am Freitag stark mitgenommen. Mit voraussichtlich 80,89 Euro je Stammaktie liegt die vorläufige Offerte nur knapp über dem Mindesgebot von 79,20 Euro, dem Durchschnittskurs in den drei Monaten vor der Bekanntgabe der Pläne. Der Aktienkurs sackte in der Spitze um fast 5 % ab und schloss bei 84,80 Euro (- 2,6 %).”Es ist mir absolut schleierhaft, wie die Gutachter auf so einen niedrigen Wert kommen”, sagt Christoph Niesel, Fondsmanager bei Union Investment der Börsen-Zeitung. Er persönlich habe mit einem Angebot von mehr als 90 Euro gerechnet. Die Offerte impliziere eine operative Ebit-Marge bei MAN von 6 %, das Management des Lkw-Bauers gehe über einen Zyklus hinweg allerdings in der Guidance von 8 % aus. “Das ist aus unserer Sicht nicht stimmig.” Noch ist allerdings nichts entschieden. Das ausstehende weitere Gutachten kann zu einem höheren Angebot führen, zudem kann Volkswagen die Offerte freiwillig oberhalb der Gutachterwerte festlegen. “Andernfalls drohen permanente gerichtliche Auseinandersetzungen”, warnt Niesel.”Das Angebot ist schlecht”, sagt auch Franz Wagner, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) und Rechtsanwalt in München. Noch vor eineinhalb Jahren habe VW im Rahmen eines Pflichtangebots 95 Euro je MAN-Stammaktie geboten, er verstehe nicht ganz, was sich seitdem gravierend verändert haben sollte. Anlegern rät der Aktionärsschützer sich nicht vorschnell auf dieses Angebot einzulassen, sondern vielmehr per Spruchverfahren die Angemessenheit der Abfindungszahlung prüfen zu lassen, was möglich ist, sobald ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde.Auch Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, geht davon aus, dass eine ganze Reihe von Anlegern angesichts eines niedrigen Angebots auf ein gerichtliches Verfahren setzen werden. “Das sind die längsten Verfahren, die wir kennen”, so Bergdolt, die darauf hinweist, dass auf diesem Wege schnell sechs bis zehn Jahre ins Land gehen können, etwa weil Gutachten eingeholt werden. “Aus der Erfahrung heraus war zu erwarten, dass es ein niedriges Angebot geben wird. Angebote, die inzwischen gerichtlich überprüft werden, haben wir zuletzt etwa auch bei Süd-Chemie oder Triumph International gesehen.”Volkswagen hat über die letzten Jahre beständig Anteile an MAN hinzugekauft und hält inzwischen 75,03 % der Stimmrechte. Anfang Januar teilten die Wolfsburger mit, dass ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit MAN angestrebt werde. Damit hätte VW ein stärkeres Durchgriffsrecht auch auf die Kasse des Nutzfahrzeugherstellers und muss den MAN-Aktionären eine Abfindung anbieten.