Vielfalt im Schneckentempo

Frauenanteil in Dax-Vorständen nimmt weiter leicht zu - Finanzbranche geht voran

Vielfalt im Schneckentempo

Immer mehr Frauen schaffen es in die Top-Etagen von börsennotierten Unternehmen, doch die Diversität nimmt nur sehr langsam zu. Am höchsten ist der Frauenanteil schon in der Finanzbranche. swa Frankfurt – Es geht voran, aber in Zeitlupe: Die Zahl von Frauen in Vorständen von Unternehmen der Dax-Familie ist im ersten Halbjahr von 49 auf 54 geklettert. Damit sind in den 160 Gesellschaften knapp 8 % aller Vorstandsposten weiblich besetzt. Das geht aus einer Aufstellung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervor. Bei gleichbleibendem Tempo wird es bis 2040 dauern, dass ein Drittel der Vorstandsposten mit Frauen besetzt ist, rechnet EY. Am höchsten ist der Frauenanteil mit 13 % in der Finanzbranche sowie bei Telekom- und Logistikunternehmen.Neu in der Chefetage angekommen ist im ersten Halbjahr Dessi Temperley als CFO von Beiersdorf. Die ehemalige Nestlé-Managerin ist die erste Frau in der obersten Führungsriege des Nivea-Konzerns. Die ehemalige Investmentbankerin Helene von Roeder startete mit Verantwortung für das Finanzressort im Immobilienkonzern Vonovia. Im Kreis der Dax 30-Konzerne war es das an neuer Frauenpower. Bei Bayer ist dagegen mit Erica Mann die einzige Frau im Vorstand wieder ausgeschieden. Bei der Deutschen Bank ist Chief Operating Officer Kim Hammonds von Bord gegangen. Insgesamt zählt EY im Dax einen Frauenanteil von 13 %, wobei die absolute Zahl bei 25 stagnierte. Blickt man auf den MDax, hebt sich Kion mit zwei neuen Vorstandsfrauen hervor: Anke Groth als Arbeitsdirektorin und Susanna Schneeberger als Chief Digital Officer. Airbus hat Grazia Vittadini als Chief Technology Officer geholt, bei Axel Springer wurde Stephanie Caspar als Vorstand Technologie und Daten ins oberste Führungsgremium bestellt. Der Frauenanteil im MDax ist laut EY deutlich von 5,0 % auf 6,9 % gestiegen, in absoluten Zahlen von 10 auf 14. Altersbedingt verabschiedet hat sich die langjährige Deutz-Finanzchefin Margarete Haase.SDax und TecDax hinken hinterher. Im SDax werden unverändert neun Frauen in Vorständen gezählt, da acht Männer zusätzlich berufen wurden, sank die Quote von 5,3 auf 5,1 %. Im TecDax erhöhte sich die Zahl von fünf auf sechs und die Quote von 4,3 auf 5,1 %. Neu im Club ist Susanne Steidl als Chief Product Officer (CPO) von Wirecard.Ganz oben in der CEO-Position angekommen sind bislang erst vier Frauen. Seit Januar ist eine Vorstandschefin hinzugekommen mit Antje Leminsky, die beim SDax-Unternehmen Grenke ans Steuer ging. Weibliche CEOs findet man zudem bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (Angela Titzrath), bei DIC Asset (Sonja Wärntges) sowie bei Medigene (Dolores Schendel).Nach Einschätzung von EY gibt es vielfältige Gründe für die langsame Entwicklung. “Anders als für Aufsichtsräte gibt es keine gesetzliche Quote für die Vorstandsgremien. Entsprechend ist der Druck längst nicht so groß, Frauen in den Vorstand zu berufen”, erklärt EY-Partnerin Ija Ramirez. Dass der Frauenanteil im Dax allerdings mehr als doppelt so hoch ist wie in den anderen Segmenten, die weniger im Rampenlicht stehen, ist für die Beraterin ein Indiz dafür, dass öffentlicher Druck und Imagefragen durchaus eine Rolle spielen. Auf der AgendaRamirez weist aber auch darauf hin, dass die meisten Unternehmen durchaus bestrebt sind, den Frauenanteil im Vorstand auszubauen. “In so gut wie alle großen Unternehmen steht das Thema auf der Agenda. Und wenn ein Vorstandsposten frei wird, steht fast immer die Frage im Raum, ob die Vakanz mit einer Frau gefüllt werden kann. Allerdings gibt es oft nicht übermäßig viele weibliche Kandidaten mit ausreichender Managementerfahrung und Qualifikation. Vorstandstaugliche Frauen sind heute sehr gesucht”, sagt die Beraterin.Im Spektrum der Ressortzuständigkeiten sind die meisten weiblichen Vorstände ( 30 %) für eine operative Funktion verantwortlich, gefolgt von Personal und Finanzen.