Vodafone startet nächste Entwicklungsstufe bei 5G
dpa-afx Düsseldorf
Vodafone hat in Deutschland wichtige Teile ihres 5G-Mobilfunknetzes auf die nächste Entwicklungsstufe umgestellt, die ohne die Vorgängertechnik LTE auskommt. „Als erster Netzbetreiber legen wir bei 5G die LTE-Stützräder beiseite und starten mit einem 5G-Kernnetz“, sagte der Deutschland-Chef von Vodafone, Hannes Ametsreiter, am Montag.
Die neue Version „5G Standalone“, die ohne einen LTE-Anker auskommt, zeichnet sich vor allem durch äußerst kurze Datenlaufzeiten aus. Diese geringe Latenz ist zum einen für kommerzielle Anwender interessant, die damit beispielsweise aus der Ferne technische Geräte ohne jeden Zeitverzug steuern können. Private Nutzer profitieren etwa bei Online-Computerspielen von den kurzen Datenlaufzeiten, weil sie ohne Zeitverzug reagieren können. Bei längeren Laufzeiten sind die Gamer im Nachteil, weil sie beispielsweise in einem Ballerspiel vom Gegner längst abgeschossen wurden, bevor ihre Reaktion in dem Spiel technisch umgesetzt wird. Mit einer geringen Latenz werden auch Anwendungen der „Augmented Reality“ erleichtert, bei der virtuelle Inhalte in eine reale Umgebung in Echtzeit eingeblendet werden.
Vodafone ist nicht der einzige Provider, der sich mit dem Thema auseinandersetzt: Die Deutsche Telekom testet „5G Standalone“ bereits seit Februar in Garching bei München, hat bislang aber noch keinen größeren Live-Betrieb in der Fläche angekündigt. Wettbewerber Telefónica (O2) hat den Start des „reinen“ 5G-Betriebs für dieses Jahr in Aussicht gestellt.
Der Ausbau von „5G Standalone“ bei Vodafone betrifft alle Mobilfunkstationen in Deutschland im 3,5-Gigahertz-Bereich. Das sind rund 1000 Antennen in 170 Städten und Gemeinden. Die bislang verfügbaren 5G-Netze setzen nur eine abgespeckte Version des ultraschnellen Übertragungsstandards um.
„5G Standalone“ ermöglicht aber auch ganz neue Einsatzmöglichkeiten. Dazu gehört die Funktion des „Network Slicing“. Dabei kann ein physisches Netz in mehrere virtuelle Netze mit unterschiedlichen Anforderungen, garantierten Bandbreiten und Latenzen unterteilt werden. So könnte beispielsweise einem TV-Team in einem voll besetzten Bundesliga-Stadion ein eigenes virtuelles Mobilfunknetz zugewiesen werden, mit dem ein kabelloser Kamera-Einsatz möglich wäre. Damit wäre der Sender nicht mehr auf feste Standorte mit Kabelanschluss angewiesen, sondern könnt viel flexibler agieren, weil für die drahtlose Datenübertragung der Videosignale aus den mobilen Kameras eine garantierte Bandbreite zur Verfügung steht.
Während bei „5G Standalone“ die Datenlaufzeiten gemessen in Millisekunden signifikant besser ausfallen, spielt die neue Ausbaustufe bei der Bandbreite (gemessen in Megabit pro Sekunde) dagegen bislang keine Rolle. In bestimmten Szenarien fällt die Bandbreite im „reinen“ 5G-Netz sogar geringer aus als im „5G Non-Standalone“-Netz. Noch höhere Übertragungsraten sind dann für weitere 5G-Ausbaustufen vorgesehen.
Mit der neuen Technik rücken auch die verteilten Rechenzentren in den Blickpunkt. Um die Datenlaufzeiten möglichst gering zu halten, bauen die Provider diese Kapazitäten nicht zentral aus, sondern die Daten werden immer näher beim Kunden verarbeitet. Bei Vodafone sind die sehr geringen Latenzzeiten direkt zu Beginn in Frankfurt/Main und Umgebung spürbar, weil hier das erste 5G-Kernnetz beheimatet ist.