CFO-InterviewMobile World Congress

Vodafone ist "in Italien in vielversprechenden Diskussionen"

Vodafone-Finanzchef Luka Mucic hofft, „demnächst“ einen Deal in Italien unter Dach und Fach bringen zu können, einen Verkauf wie in Spanien strebt er allerdings nicht zwingend an. Wenn es um die künftige Kapitalallokation geht, stellt er klar: Bei Verschuldung und Investitionen gibt es keinen Handlungsbedarf.

Vodafone ist "in Italien in vielversprechenden Diskussionen"

Im Interview: Luka Mucic

"Wir sind in Italien in vielversprechenden Diskussionen"

Vodafone-CFO hofft auf Deal bis Mai – Bei „regulärer jährlicher Dividende“ auf der Bremse – „Sehr gutes Wachstum“ in Deutschland ab dem „übernächsten Jahr“

Vodafone-Finanzchef Luka Mucic hofft, „demnächst“ einen Deal in Italien unter Dach und Fach bringen zu können, einen Verkauf wie in Spanien strebt er aber nicht zwingend an. Wenn es um die künftige Kapitalallokation geht, stellt er klar: Bei Verschuldung und Investitionen ist kein Handlungsbedarf. Für die reguläre Dividende gilt, dass sie künftig aus einem 15% niedrigeren Cashflow bestritten werden soll.

Das Interview führte Heidi Rohde

Herr Mucic, rechtzeitig zum Mobile World Congress hat die EU den geplanten Merger von Másmóvil und Orange durchgewunken. Die Transaktion von Vodafone mit Zegona hängt noch an den spanischen Behörden. Welche Signale empfangen Sie?

Nach dem Plazet der EU warten wir nur noch auf die Zustimmung der spanischen Regierung, rechnen aber fest damit, dass diese bald kommt und wir das Closing wie geplant im ersten Halbjahr vollziehen.

In Großbritannien warten Sie auf grünes Licht für Ihr geplantes Joint Venture mit Three UK. Wie lange wird das noch dauern?

Wir haben den Deal im Januar offiziell angemeldet und rechnen um den Jahreswechsel mit einer Genehmigung durch die britischen Behörden. Auch wenn wir gehofft haben, dass dies etwas schneller ginge, sind wir überzeugt, dass die Transaktion den Wettbewerb stärken wird. Denn derzeit hat Vodafone in unserem Heimatmarkt UK nur einen Marktanteil von circa 15%, Three noch weniger; aus zwei kleinen Playern einen starken dritten Wettbewerber zu BT und Virgin Media/O2 zu schaffen, macht Sinn. Deshalb sehen wir starke Argumente für eine Freigabe durch die Kartellwächter.

Wirft ein Joint Venture nicht oft Probleme in der Governance auf?

Das mag manchmal so sein, aber hier wird Vodafone 51% der Anteile haben und Three 49%. Das bedeutet, dass wir das JV konsolidieren und auch die unternehmerische Führung haben. Wir stellen den CEO. Außerdem haben wir durch bestimmte vertragliche Elemente die Möglichkeit, die restlichen Anteile später noch zu erwerben.

Welche Synergien erwarten Sie denn aus dem Deal?

Wir rechnen mit Synergien von mehreren 100 Mill. Pfund pro Jahr. Allerdings ist dies kein Case, der darauf ausgerichtet ist, massiv zu sparen. Im Gegenteil: Wir haben Investitionszusagen von insgesamt 11 Mrd. Pfund über die Jahre gemacht, die wir mit dem Zusammenschluss unter günstigeren Marktbedingungen dann auch stemmen können.

Wie sind diese Investitionen denn strategisch ausgerichtet, primär ins Netz?

Natürlich ins Netz. Wir können dann zum Beispiel auch verstärkt außerhalb der großen urbanen Ballungszentren investieren. Wir haben bis jetzt nur über M&A gesprochen. Es geht allerdings in unserer Unternehmensstrategie vor allem darum, das Unternehmen insgesamt operativ besser aufzustellen. Für uns steht nicht nur die Portfoliooptimierung im Fokus, sondern was Margherita della Valle „Operational Excellence“ genannt hat: also die Erhöhung der Kundenzufriedenheit, die Vereinfachung der Organisation, das Erschließen neuer Wachstumspotenziale zum Beispiel in unserem B2B-Geschäft. Dabei kommen wir schon gut voran.

Wie weit sind Sie mit der Restrukturierung?

Wir wollen – wie bereits vor geraumer Zeit angekündigt – über drei Jahre insgesamt 11.000 Stellen abbauen und damit auch Rollen aus der Organisation, zum Beispiel in der zentralen Verwaltung herausnehmen. Für circa 4.000 haben wir das bereits zum Ende dieses Geschäftsjahres umgesetzt. Darüber hinaus wollen wir unsere Shared Services als Plattform für Dritte öffnen. Da sehe ich viel Potenzial. Wir haben zuletzt im Konzern bereits ein Umsatzwachstum von 4,7% erreicht. Das ist ordentlich, sollte aber nicht das Ende der Fahnenstange sein. Wir wollen uns dabei aber auf gesunde Märkte konzentrieren, in denen wir auch eine starke Marktposition haben. In den drei Märkten, über die wir zuletzt wiederholt gesprochen haben, also Spanien, Großbritannien, Italien, fehlt eben entweder das eine oder das andere.

Inwiefern?

In Spanien hatten wir sehr schwierige Marktbedingungen und waren zu klein, deshalb der Verkauf. In Großbritannien haben wir einen guten Markt, sind aber auch zu klein, daher das JV mit Three. In Italien haben wir ein gutes Asset. Unser Team hat dort bei fast desaströsen Marktbedingungen eine gute Performance gezeigt, im Gegensatz etwa zu TIM oder Wind 3 keine Marktanteile verloren. Die Situation ist hier also nicht vergleichbar mit der in Spanien. Nichtsdestotrotz braucht der Markt Konsolidierung.

Mit Iliad haben Sie bisher keine Einigung erzielen können – woran lag es? Sind die Gespräche damit beendet?

Stand heute, ja. Wir haben verschiedene Optionen geprüft und sind in Italien weiterhin in guten konstruktiven und vielversprechenden Diskussionen. Es sollte außer Frage stehen, dass wir uns in der Verantwortung sehen, DIE Transaktion zu verfolgen, die uns die beste Wertschöpfung für unsere Anteilseigner und Transaktionssicherheit bietet.

Es gibt auch Gerüchte über Gespräche mit Fastweb. Käme ein solcher Festnetzanbieter grundsätzlich in Betracht? Das wäre ja nicht direkt ein Konsolidierungs-Deal?

Sie können sicher sein, dass wir die strategische Sinnhaftigkeit und das Wertschöpfungspotenzial klar darlegen, sobald in Italien eine Transaktion spruchreif ist. Wir werden unserer Verantwortung gegenüber unseren Stakeholdern auf alle Fälle gerecht werden.

Zu diesen Stakeholdern gehört auch Atlas Investissement, die Investmentgesellschaft von Iliad-Gründer Xavier Niel, die 2,5% an Vodafone hält. Ist das hilfreich für eine Transaktion in Italien oder eher nicht?

Wir wollen als Management im Sinne aller Aktionäre die objektiv sinnvollste und werthaltigste Transaktion erreichen. Und dann bin ich überzeugt, dass die auch die Billigung unserer Anteilseigner findet.

In Spanien fließen Vodafone 4 Mrd Euro zu, bei einem JV fließt zumindest ersichtlich erstmal kein Geld, oder doch? Hat Bares für Sie Priorität?

In meiner Rolle wäre es wohl geradezu sträflich, wenn es keine Priorität hätte, Geld in die Kasse zu bekommen – als CFO wäre das fast ein Grund für ein Berufsverbot. Für uns hat aber oberste Priorität, das Portfolio so umzustrukturieren, dass wir am Ende in allen Ländern, in denen wir aktiv sind, Herr unserer eigenen Leistung sind. Wir müssen in unseren Märkten so skalieren, dass wir in der Lage sind, Ergebnisse zu erwirtschaften, die über unseren Kapitalkosten liegen.

Also, wie reallokieren Sie die 4 Mrd. Euro aus dem Spanien-Deal?

Wir haben uns vorgenommen, im Mai zur Vorlage der Jahresbilanz die Ergebnisse des aktuell laufenden Reviews unserer Kapitalallokationspolitik zu präsentieren. Ich kann schon sagen, dass ich keine Veranlassung sehe, bei unserer Verschuldung substanziell an der Schraube zu drehen. Wir sind sehr langfristig finanziert, mit weiterhin niedrigen fixen Zinsen. Da besteht kein fundamentaler Handlungsbedarf. Wir halten auch unsere Investitionen in der gegenwärtigen Größenordnung für ausreichend, so dass es letztlich um die Frage geht, wie wir zukünftig das Verhältnis zwischen der regulären Dividende und eventuellen Aktienrückkäufen gestalten.

Die Vodafone-Aktie hat allein binnen Jahresfrist ein Drittel an Wert verloren, Sonderdividenden und Aktienrückkäufe zünden häufig nur Strohfeuer. Streben Sie grundsätzlich wieder eine Dividendenkontinuität, auch im Sinne steigender Ausschüttungen an?

Ein Unternehmen sollte in der Lage sein, seine jährliche reguläre Dividende aus dem laufenden Cashflow zu bestreiten, und zwar auch von dem, der tatsächlich in der Kasse ist. Die Betrachtung der Kennziffer bereinigt um Aufwendungen für Mobilfunkspektrum spielt dabei für mich weniger eine Rolle. Klar ist, dass sich der Verkauf der spanischen Aktivitäten im Cashflow niederschlägt. Dadurch reduziert sich der Cashflow auf Gruppenebene, je nach der Art der Mittelverwendung des Kaufpreises, um bis zu 15%. Auf der anderen Seite stehen einmalig die 4,1 Mrd. Euro, deren Verwendung eben noch offen ist. Möglicherweise zeichnet sich dann demnächst auch eine Lösung in Italien ab, alles das werden wir im Mai berücksichtigen.

Kommen wir zu Deutschland. Die deutsche Tochter steht nicht zur Disposition, oder?

Nein, auf keinen Fall. Wir haben immer über die drei genannten Märkte gesprochen, wo wir Handlungsbedarf im Portfolio sehen. Deutschland wurde da nie genannt. Dennoch haben wir operativen Verbesserungsbedarf hierzulande. Wir sehen erste positive Signale. Wir haben die Talsohle beim Wachstum hinter uns gelassen und zwei Quartale mit Wachstum bei den Service-Erlösen gesehen. Das ist gut, reicht aber noch nicht aus. Wir werden jetzt auch nochmal Gegenwind bekommen, im TV-Geschäft, weil das sogenannte Nebenkostenprivileg am 1. Juli wegfällt.

Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie speziell daraus?

Ich rechne damit, dass wir dort durchaus signifikant nochmal an Umsätzen verlieren. Wir haben einerseits etwa viele ältere Kunden, die am liebsten ihren Kabelanschluss unangetastet lassen wollen, die werden also bei der Stange bleiben. Auf der anderen Seite gibt es viele junge Menschen, die gar keinen Fernsehanschluss mehr nutzen und ihn deshalb auch nicht mehr bezahlen werden. Wir werden ab dem kommenden Quartal deshalb ein Underlying-Umsatzwachstum ausweisen. Im vierten Geschäftsquartal gehe ich von stabilen Service-Erlösen in Deutschland aus, in der ersten Hälfte des neuen Turnus werden sie den Rückwärtsgang einlegen. Danach greift dann das National-Roaming-Abkommen mit 1&1, das uns dann Unterstützung geben wird.

Und mittelfristig?

Ab dem übernächsten Geschäftsjahr rechnen wir in Deutschland mit einem sehr guten Wachstum, weil der Effekt aus der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs dann wegfällt und dafür neben der weiteren Verbesserung unserer laufenden Performance der volle Effekt der 1&1-Partnerschaft greift. Mit Sicherheit wird Deutschland als Markt also nicht in Frage gestellt.

Was man in Frage stellen kann, sind aber die Früchte der sogenannten Konvergenzstrategie, also die Produktbündel aus Telefonie, Internet und TV, für die Vodafone ja Milliarden für Kabelzukäufe hat springen lassen, auch in Spanien. Nun wird in Deutschland das Kabel durch Glasfaser überbaut. Muss man nicht über Kabel-Assets nachdenken?

Wir glauben weiterhin an das Konvergenzmodell und praktizieren das auch erfolgreich in vielen Ländern, zum Beispiel in Portugal. Generell stützt das Konvergenzmodell unsere Performance, dort wo wir es anbieten können. Wir können mit dem Kabel hohe Bandbreiten bieten und investieren stark, um die Performance und Stabilität unserer Kabelinfrastruktur zu erhöhen. Da ist vor der Pandemie vielleicht zu wenig investiert worden, aber das liegt längst hinter uns. Mehrere unabhängige Tests haben uns gerade erst wieder bestätigt, dass Vodafone das beste Breitband-Internetangebot im deutschen Markt hat.

Deutschland gewinnt ja im Zuge der Portfoliobereinigung nochmals an Gewicht. Wie viel Investitionen fließen künftig nach Deutschland?

Deutschland bekommt von allen unseren Märkten mit Abstand die meisten Capex-Investitionen, gemessen am Umsatz investieren wir hier rund 20%, im letzten Geschäftsjahr waren es 2,6 Mrd. Euro. Das Niveau werden wir halten.

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