Volkswagen passt Dividendenvorschlag an

Ausschüttungsquote sinkt - Milliardenverlust im zweiten Quartal - Konzern: Minus bei Fahrzeugauslieferungen im Juli erneut geringer

Volkswagen passt Dividendenvorschlag an

Nach Daimler hat auch Volkswagen einen Milliardenverlust für das zweite Quartal ausgewiesen. Wie in Stuttgart setzt man auch in Wolfsburg darauf, dass sich nach dem Absatzeinbruch infolge der Coronakrise die Erholung im größten Automarkt China als Vorbote für eine Belebung in anderen Regionen fortsetzt. Die Unsicherheit ist aber weiterhin groß: Den Dividendenvorschlag vom Februar hat VW gekürzt.ste Hamburg – Nach einem wesentlich auf die Folgen der Coronavirus-Pandemie zurückzuführenden Verlust von 1,54 (i.V. + 4,12) Mrd. Euro im zweiten Quartal hat Volkswagen den Ende Februar bekannt gemachten Vorschlag, die Dividende für das von Rekordzahlen geprägte Geschäftsjahr 2019 um rund 35 % anzuheben, zurückgenommen. Wie für das Jahr zuvor sollen die Stammaktionäre nun eine Dividende von 4,80 Euro je Papier, die Vorzugsaktionäre von 4,86 Euro erhalten. Die Ausschüttungsquote, die auf Basis des Vorschlags im Februar auf 24,5 (i.V. 20,4) % hätten steigen sollen, reduziert sich mit der Anpassung auf 18,1 % und entfernt sich von dem mittelfristigen Ziel von 30 %.Diese Vorgabe bekräftigte VW-Finanzvorstand Frank Witter gestern in einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern: Man halte daran “ohne Zweifel” fest. Der Dividendenvorschlag von Ende Februar sei ohne Kenntnis der Auswirkungen der Pandemie beschlossen worden. “Wir haben vor dem Hintergrund der sehr schwer absehbaren weiteren Entwicklung versucht, einen ausgewogenen Interessenabgleich insbesondere hinsichtlich der berechtigten Erwartungen unserer Aktionäre, der Liquiditätsentwicklung des Unternehmens und der Stabilität unseres Ratings vorzunehmen”, erklärte der CFO den neuen Vorschlag. Neuer HV-Termin Die Aktionäre sollen in der vom 7. Mai verschobenen und nun für den 30. September anberaumten Hauptversammlung (HV), die in virtueller Form stattfinden wird, über die Ausschüttung entscheiden. Der bisherige Vorschlag hätte eine Dividendenzahlung von rund 3,3 Mrd. Euro vorgesehen, jetzt könnten es rund 900 Mill. Euro weniger werden. Auch die Porsche Automobil Holding, in der die VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch 53,1 % der Stimmrechte bündeln, gab mit dem 2. Oktober einen neuen Hauptversammlungstermin bekannt. Bei dem Treffen werde nun der Vorschlag für eine Dividende von 2,21 Euro anstatt 3,11 Euro je Vorzugsaktie sowie von 2,204 Euro anstatt 3,104 Euro je Stammaktie zur Abstimmung vorgeschlagen, teilte die Porsche SE mit.VW-Finanzchef Witter unterstrich, in allen Bereichen seien alle Ausgaben und potenzielle Auszahlungen “in Manndeckung” genommen worden. Dabei sei man deutlich vorangekommen. Auf mögliche neue Beteiligungsverkäufe ging der CFO nicht näher ein, er bekräftigte das Ziel einer Reduzierung von Komplexität im Konzern. Vom geplanten Verkauf der Tochter MAN Energy Solutions hat VW laut Witter aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen auf der Marktseite vorerst Abstand genommen. Bei dem Groß- und Maschinenbauer konzentriere man sich auf die Restrukturierung. Das Unternehmen hatte unlängst durchblicken lassen, 4 000 von insgesamt 14 000 Stellen zu streichen (vgl. BZ vom 23. Juli). Lagerhaltung angepasstMit dem bisherigen Krisenmanagement des VW-Konzerns zeigte sich der Finanzvorstand “insgesamt zufrieden”. Neben einem sicheren Arbeitsumfeld erziele man auch in Bereichen wie dem Management des Working Capital deutliche Fortschritte. Nach dem Absatzeinbruch im März erreichte das Unternehmen den Angaben zufolge im Juni wieder Lagerniveaus, die zur Absatzentwicklung passten.Neben Maßnahmen zur Liquiditätssicherung trug auch die Platzierung einer Hybridanleihe über 3 Mrd. Euro dazu bei, dass die Nettoliquidität im Konzernbereich Automobile zum 30. Juni mit 18,7 Mrd. Euro über dem Niveau von Ende März lag. Dieses war auf 17,8 Mrd. von 21,3 Mrd. Euro Ende 2019 gesunken. Witter sagte, Hybridanleihen seien mit einem Gesamtbestand von 15 Mrd. Euro wichtig für den Konzern. Eine weitere Platzierung in diesem Jahr ist indes nicht geplant.In Wolfsburg hofft man, dass sich der Automarkt vom Absatzeinbruch infolge der Pandemie in den kommenden Monaten weiter erholt. Konzernvertriebsleiter Christian Dahlheim erklärte, bei den Fahrzeugauslieferungen des VW-Konzerns sehe es im Juli nach einem prozentual einstelligen Rückgang aus. Im Juni waren die Auslieferungen um 17,5 %, in den Monaten Mai und April um 33,7 bzw. 45,5 % geschrumpft. Im Gesamtjahr rechnet Dahlheim aktuell mit einem weltweit um 15 bis 20 % rückläufigen Markt. Die Auslieferungen des Konzerns sollen sich besser entwickeln. Nord/LB-Analyst Frank Schwope erwartet, dass der 2019 mit 11 Millionen ausgelieferten Einheiten weltgrößte Fahrzeugbauer in diesem Jahr mit einem Absatz von 9 bis 9,5 Millionen vorübergehend auf das Niveau von 2012 zurückfallen wird. 2021 seien wieder mehr als 10 Millionen Fahrzeuge möglich. Die Erholung in China, dem weltgrößten Automarkt, mache Hoffnung.Neben einem Rückgang der Auslieferungen im zweiten Quartal um 31,6 % auf 1,89 Millionen Fahrzeuge verbuchte Volkswagen im Berichtszeitraum einen um 37 % auf gut 41 Mrd. Euro verringerten Umsatz. Der Erlösrückgang fiel etwas stärker aus, als von Analysten im Schnitt erwartet worden war. Der operative Verlust vor Sondereinflüssen war mit 1,7 Mrd. (i.V. + 5,1) Mrd. Euro hingegen leicht geringer als von Branchenbeobachtern geschätzt. Für die ersten sechs Monate stehen – 803 Mill. (+ 10 Mrd.) Euro zu Buche. “Dieselgate” belastetWeitere negative Sondereinflüsse infolge des Dieselskandals belasteten das operative Ergebnis im ersten Halbjahr mit 687 (981) Mill. Euro. CFO Witter bezifferte die Mittelabflüsse in diesem Zusammenhang während des ersten Halbjahrs mit 1,6 Mrd. Euro. Für das zweite Halbjahr 2020 werden weitere 2 Mrd. Euro erwartet. “Dieselgate” hat den Konzern insgesamt bereits mit mehr als 30 Mrd. Euro belastet.Der VW-Finanzvorstand, der bekräftigte, Ende Juni kommenden Jahres in den Ruhestand zu wechseln, erklärte, das zweite Quartal sei insgesamt “etwas besser ausgefallen als ursprünglich befürchtet”. Eine neue Prognose für 2020 gab der Konzern aber nicht ab. Wie nach dem ersten Quartal erwartet man in Wolfsburg für das Gesamtjahr ein stark rückläufiges, aber insgesamt positives operatives Ergebnis vor und nach Sondereinflüssen. “Seien Sie versichert, dass wir das Jahr 2020 in keiner Weise abgeschrieben haben”, sagte Witter. Die VW-Aktie, im bisherigen Jahresverlauf um gut ein Viertel gesunken, gab gestern in einem schwachen Gesamtmarkt um 6,1 % auf 129,20 Euro nach.