Volkswagen-Streit mit Zulieferern eskaliert
Wegen des Streits mit Lieferanten unterbricht Volkswagen in der anstehenden Woche die Golf-Produktion im Wolfsburger Stammwerk. Sollte eine Verhandlungslösung ausbleiben, spricht sich Niedersachsen als VW-Aktionär für Zwangsmaßnahmen aus.ste Hamburg – Der eskalierte Streit zwischen Volkswagen und zwei Zulieferern der Prevent-Gruppe hat Anleger vor dem Wochenende in Atem gehalten. Am Freitag gab die VW-Aktie in der Spitze um 2,5 % nach. Ein einwöchiger Produktionsstillstand im Wolfsburger Stammwerk, wo unter anderem der Golf vom Band läuft, könne rund 100 Mill. Euro Rohertrag kosten, erklärten UBS-Analysten nach einer ersten Schätzung. Die Lieferanten gaben dem Autobauer die Schuld an Produktionsausfällen und warfen dem Konzern vor, seine Marktmacht auf ihre Kosten auszunutzen.”Für die Krise bei VW und die dadurch entstandene Kurzarbeit sind wir nicht verantwortlich”, sagte Alexander Gerstung, Mitglied der Geschäftsführung der ES Automobilguss. Der von der Dieselabgas-Affäre erschütterte Autobauer, der zudem seine renditeschwache Kernmarke VW Pkw auf Profitabilität trimmen will, verlagere seine Probleme auf die Zulieferindustrie. Der sächsische Automobilzulieferer ES Automobilguss, Lieferant von Getriebeteilen, sowie der ebenfalls in Sachsen ansässige Autositzspezialist, Car Trim, weigern sich trotz einstweiliger Verfügung, die Volkswagen beim Landgericht Braunschweig erwirkte, für die Produktion im VW-Konzern dringend benötigte Bauteile zu liefern. “VW zwingt uns””VW zwingt uns zu diesem Vorgehen, um unsere eigenen Mitarbeiter in Niedersachsen und Sachsen zu schützen und letztlich den Fortbestand des Unternehmens zu sichern”, erklärte ES-Guss-Manager Gerstung. Die jetzige Situation sei das Resultat einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen. Die beiden Lieferanten fordern deshalb einen mittleren zweistelligen Mill.-Euro-Betrag von VW. Da der Konzern eine Kompensation ablehne, habe man sich zum Lieferstopp gezwungen gesehen. VW gab bislang keine Erklärung zu den Hintergründen des Streits ab.An einer weiteren Eskalation sei man nicht interessiert, sagte Gerstung. “Aber die Art und Weise, wie VW mit Zulieferern umgeht, ist in keiner Weise akzeptabel und kann jeden kleinen Betrieb in den Ruin treiben.” Die niedersächsische Landesregierung rief er auf, nicht einseitig Partei zu ergreifen.Niedersachsen, mit einem Anteil von 20 % zweitgrößter VW-Aktionär, kritisierte die Haltung der Lieferanten. Der bereits beträchtliche Schaden würde sich mit jedem Tag vergrößern, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Sollte die Verhandlungslösung scheitern, müsse Druck ausgeübt werden. “Dann wird man auch Zwangsmaßnahmen aufnehmen müssen.” VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte ein Ende des Lieferstopps: “Hier läuft ein ganz mieses Spiel des Lieferanten. Das macht uns wütend”, sagte er der “Bild”-Zeitung. Wegen der fehlenden Bauteile war bis zum Wochenende von einer möglichen Kurzarbeit in insgesamt fünf VW-Werken die Rede, von denen mehr als 20 000 Beschäftigte betroffen sein könnten. Ordnungsgeld beantragtBei VW hieß es am Freitag, man versuche weiterhin eine gütliche Einigung zu erreichen. Doch erwägt der Konzern alle Optionen, um an die fehlenden Teile zu kommen. Man sei gezwungen, die zwangsweise Durchsetzung der Belieferung vorzubereiten. Beim Landgericht Braunschweig stellte der Konzern den Antrag, die Firma Car Trim durch ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro zur Wiederaufnahme der Lieferung von Sitzbezügen zu zwingen. Sollte dies nicht zum Ziel führen, solle Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer der Firma angedroht werden, so das Gericht. Auch im Fall der ES Automobilguss beantragte Volkswagen Ordnungsgeld und Ordnungshaft. Ende August will das Landgericht in mündlicher Verhandlung über die einstweilige Verfügung beraten, gegen die der Lieferant Widerspruch eingelegt hat.