Von Aktivisten, Aufsicht und spanischen Noten

Komplexität von Fusionen und Übernahmen wächst

Von Aktivisten, Aufsicht und spanischen Noten

Von Walther Becker, FrankfurtDie voluminöseste Übernahme des Jahres kommt einem spanisch vor, der größte Buy-out hierzulande entpuppt sich als äußerst komplexe Public-to-Private-Transaktion, in einem “feindlichen” Energie-Deal verkauft die Konzernmutter ihre Tochter ins Ausland, und eine Telekommunikationsakquisition wird so gestrickt, dass Hedgefonds keine Chance haben, querzuschießen. Dass Hochtief von der spanischen Mutter ACS als Vehikel für den Kauf des Infrastrukturkonzerns Abertis genutzt wird, Stada in einem so spannenden Prozess an die Finanzinvestoren Bain und Cinven geht, Eon ihren Spin-off Uniper der finnischen Fortum verspricht und die Übernahme des inzwischen 12 Mrd. Euro schweren Telekommunikationsanbieters Drillisch durch United Internet kommt – das hätte sich kaum ein Außenstehender vor Jahresfrist träumen lassen. “Straight” erscheinen unter den Top-Deals lediglich die beabsichtigte Barübernahme des Wohnungsunternehmens Buwog durch Vonovia sowie der Deal des Straßenbauherstellers Wirtgen, den die Familie an Deere in die USA verkauft. Auch die Auktion für den Energiekostenabrechner Ista sowie für Ceramtec sind offenbar ohne Querschüsse verlaufen. Doch wer hätte vor zwölf Monaten vermutet, dass Siemens ihre Bahntechnik in Alstom einbringt, statt sich mit Bombardier auf eine Schiene zu setzen?Zwei schlagzeilenträchtige Mega-Deals aus 2016 hingen dieses Jahr in den Seilen. Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hat die “Fusion” mit der kleineren Praxair aus den USA durchgepeitscht, und Bayer wartet für die Mammutkapitalerhöhung zur Finanzierung des 66 Mrd. Dollar schweren Monsanto-Kaufs noch immer auf die behördlichen Genehmigungen. Derweil ist der Telekom die Verschmelzung von T-Mobile US mit einem Wettbewerber – zuletzt erneut mit Sprint, hinter der Japans Softbank steht – auch im dritten Anlauf nicht geglückt. Ebenso fehlgeschlagen ist der Merger von Deutscher Börse und LSE.Global war dem Plan von Kraft Heinz, Unilever mit einer Bewertung von 155 Mrd. Dollar zu schlucken, die kürzeste Dauer beschieden – nach einem Wochenende war alles vorbei. Komplizierter war die Abwehr von Akzo Nobel, die sich gegen das 27 Mrd. Dollar schwere Gebot von PPG aus den USA wehrte, die vom Hedgefonds Elliott unterstützt wurde. Akzo und Unilever sorgen wie Praxair oder Bayer für Divestments, für die sich Private Equity interessiert. Oder beim Saatgut BASF.Längere Genehmigungsprozeduren durch Regulatoren und Verschärfungen insbesondere in den USA – Stichwort CFIUS -, das aggressivere Vorgehen von Aktivisten und Hedgefonds in M & A-Situationen, eine temporäre Zurückhaltung chinesischer Bieter, der wachsende Einfluss der Digitalisierung und zunehmende Effekte des Protektionismus kennzeichnen den M & A-Markt 2017. Bedenklich stimmt, dass deutsche Unternehmen beliebtes Akquisitionsziel internationaler Investoren sind. Dies gilt insbesondere für zukunftsträchtige Technologien, die an Auslandskonzerne mit vollen Taschen gehen.