"Von Prüfer-Harmonisierung weit entfernt"

KPMG-Sprecher Nonnenmacher plädiert für globale Regulierung und Aufsicht der Abschlussprüfer

"Von Prüfer-Harmonisierung weit entfernt"

swa Berlin – Die Wirtschaftsprüferbranche ist auch auf EU-Ebene von einer Harmonisierung noch weit entfernt. Vor diesem Hintergrund plädiert Rolf Nonnenmacher, Sprecher des Vorstands der KPMG Deutschland, für eine globale Regulierung und Aufsicht des Berufsstands. Im Wettbewerb der Systeme werde es entscheidend darauf ankommen, wie stark die Europäer mit einer Stimme sprechen, sagte der Experte auf dem 61. Deutschen Betriebswirtschafter-Tag in Berlin. Nationale Unterschiede sieht Nonnenmacher vor allem noch bei den Zulassungsregeln für Wirtschaftsprüfer, bei Unabhängigkeitsanforderungen in der Branche und bei der externen Qualitätskontrolle des Berufsstands. Diese Abweichungen sollten beseitigt werden, auch in Beziehung zum System der USA, forderte der deutsche KPMG-Chef auf dem Betriebswirtschafter-Tag. Wie stark sich dabei europäische Interessen durchsetzen lassen, sei entscheidend abhängig davon, inwieweit sich die Länder der EU in den Themen einig seien.Noch sehr unterschiedliche Vorstellungen herrschen zum Leidwesen Nonnenmachers über die Voraussetzungen zur Berufszulassung. Hier gehe es oft noch um das Aufrechterhalten von Markteintrittsbarrieren und damit Wettbewerbsbeschränkungen. Erheblichen Bedarf sieht der KPMG-Lenker auch in der europaweiten, “besser weltweiten” Angleichung der Unabhängigkeitsregeln für Abschlussprüfer. Monitoring-ModellNonnenmacher sieht es zudem kritisch, dass auch die externe Qualitätskontrolle der Prüfer noch an den Grenzen haltmache, was in Zeiten internationaler Konzernabschlüsse nicht mehr praktikabel sei. Zwar sei auch hierzulande mit der jüngst in Kraft getretenen 7. Wirtschaftsprüfernovelle das international übliche Monitoring-Modell mit hauptamtlichen Inspektoren eingeführt worden. Dies bleibe aber ein nationales System, so dass es keine Kontrolle globaler Bilanzen ermögliche. Die in den USA etablierte Prüferaufsicht PCAOB biete somit faktisch die einzige globale Qualitätskontrolle. Ziel müsse es aber sein, eine echte globale Aufsicht zu schaffen oder zumindest ein System mit gegenseitiger nationaler Anerkennung.Fortschritte erkennt Nonnenmacher indes bei den Möglichkeiten zum Management von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Hier habe es mit der EU-Richtlinie und der Umsetzung in der Wirtschaftsprüfernovelle eine “bemerkenswerte Liberalisierung” gegeben.Aus den bislang als internationale Netzwerke organisierten Gesellschaften könnten sich nun europäische Konzerne formieren. Die KPMG hat dies bereits realisiert und wird vom 1. Oktober an das deutsche, britische und schweizerische Geschäft in einer geschäftsleitenden Holding zusammenschließen. Angestrebt werde der Beitritt möglichst vieler europäischer Teilnehmer des KPMG-Verbunds.Nonnenmacher begrüßte auch die Neuerung, wonach Prüfungsgesellschaften einen Transparenzbericht vorlegen müssen. Darin wird über die Eigentumsverhältnisse, die Rechtsform, die Leitungsstrukturen und die Prüfungsmandate bei Unternehmen von öffentlichem Interesse informiert, und es sind zudem die Honorareinnahmen aufzugliedern. Protektionistische TendenzenDer 61. Deutsche Betriebswirtschafter-Tag der Schmalenbach-Gesellschaft steht unter dem Thema “Unternehmensübernahme, Unternehmensaufsicht, Unternehmensberichterstattung – Perspektiven in Europa”. Der Präsident der Schmalenbach-Gesellschaft, Clemens Börsig, unterstrich, dass der europäische Regulierungsrahmen inzwischen ein bei internationalen Investoren breit akzeptiertes Niveau erreicht habe. Der Binnenmarkt leide gleichwohl noch unter protektionistischen Verhaltensweisen. Börsig, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, beklagte eine Überbürokratisierung, unter der nicht nur der Mittelstand leide. Unbefriedigend sei auch, dass beim Thema Übernahmen viele Länder Ausnahmeklauseln zur Regel gemacht hätten. Auch verwies Börsig, der sein Präsidentenamt bei der Schmalenbach-Gesellschaft aus Zeitgründen niederlegen wird, auf “eklatante Eingriffe in marktwirtschaftliche Prinzipien”, um Übernahmen von Ausländern zu verhindern.Wolfgang Reitzle, Vorstandsvorsitzender von Linde, unterstrich mit Blick auf die Bildung globaler Konzerne, dass kulturelle Eigenarten nicht eingeebnet werden sollten.”Erfolgreiche Globalisierung basiert auf der Kultivierung regionaler Unterschiede”, betonte der Manager. Wer glaube, nur Geld regiere die Welt, bleibe der eigenen Kultur zu sehr verhaftet. Für den Erfolg grenzüberschreitender Fusionen sei es entscheidend, den Spagat zu schaffen, Unterschiede zuzulassen und trotzdem das übergeordnete Ziel zu erreichen. Vorbereitung entscheidendAngesprochen auf die Erfahrungen von Linde aus der Übernahme des britischen Wettbewerbers BOC meinte Reitzle, die Vorbereitung eines solchen Deals sei entscheidend. Das Feld müsse vorher bereitet werden, damit bei den Mitarbeitern des anderen Unternehmens nicht der Eindruck entstünde, sie kämen in feindliche Strukturen hinein. Es dürfe keinesfalls die Stimmung aufkommen, die Beschäftigten würden gegen ihren Willen übernommen. Reitzle warnte davor, dem erworbenen Konzern die eigene Kultur überzustülpen. Besser sei es, im Zuge des Zusammenschlusses in jedem Prozess die beste Lösung zu suchen. In der dezentralen Struktur von Führungskräften sollten die Entscheidungsträger gestärkt werden, um aktiv mitzugestalten.