Wohnimmobilien

Vonovia bis 2024 durchfinanziert

Der rapide Zinsanstieg setzt Vonovia weiter zu. Abermalige Abschreibungen auf den Wohnungsbestand bescheren einen hohen Quartalsverlust. Dennoch lässt das Management vorsichtigen Optimismus erkennen.

Vonovia bis 2024 durchfinanziert

Vonovia bis 2024 durchfinanziert

Immobilien-Abwertung führt zu hohem Fehlbetrag im zweiten Quartal – Wohnungskonzern macht Anzeichen für Marktstabilisierung aus

hek Frankfurt

Ein nach eigener Einschätzung „sehr gutes“ Vermietungsgeschäft und weitere Abschreibungen auf den Immobilienbestand prägen das jüngste Zahlenwerk des Wohnungskonzerns Vonovia. Die Refinanzierung sei bis auf 100 Mill. Euro durch Barmittel sowie besicherte und unbesicherte Darlehen bis Ende 2024 abgedeckt, teilt Deutschlands größter Vermieter mit. Vor dem Hintergrund hält Firmenchef Rolf Buch die Frage nach einer Kapitalerhöhung für obsolet.

Nach dem Wertrückgang von 3,4 Mrd. Euro im Startquartal 2023 im Zuge einer außerplanmäßigen Bewertungsrunde hat Vonovia im zweiten Jahresviertel weitere 2,7 Mrd. Euro oder 3,3% auf den Immobilienbestand abgeschrieben. Somit schrumpfte der Verkehrswert des Portfolios auf 88,2 Mrd. Euro Ende Juni. Die Wertverluste gehen vor allem auf die Zinswende zurück, die zu höheren Diskontierungs- und Kapitalisierungsraten führt.

Für einen verlässlichen Ausblick auf das zweite Halbjahr sei es zu früh, heißt es in der Präsentation. Doch macht Buch „vorsichtige Anzeichen für eine Marktstabilisierung“ aus und verweist auf verschiedene Marktanalysen. Diese zeigten etwa, dass der Rückgang der Angebotspreise für Wohnungen abflache.

Preisvorstellungen nähern sich an

Die Preisvorstellungen von potenziellen Käufern und Verkäufern, die bisher weit auseinanderlagen, nähern sich demnach offenbar an. Diese Einschätzung stützt die Erwartung, dass sich der daniederliegende Transaktionsmarkt beleben könnte. „Wer eine längere Perspektive hat, der macht nichts falsch, wenn er jetzt Immobilien kauft“, meint Buch.

Als „wichtigen Schritt“, die Finanzierungkosten zu senken, wertet der CEO den Rückkauf von Anleihen im Nominalwert von 1,0 Mrd. Euro im Juli. Dafür hat Vonovia 892 Mill. Euro ausgegeben, was einen Abschlag von 11% ergibt. Durch den Rückkauf sinke die jährliche Zinslast um 14 Mill. Euro. 70% des erworbenen Nominalwerts entfallen auf Fälligkeiten von 2024 bis 2026, der Rest auf Bonds, die von 2028 bis 2032 zur Rückzahlung anstehen. Nur ein kleiner Teil der Gläubiger habe das Rückkaufangebot genutzt, sagt Buch: „Das zeigt, dass wir auf der Debt-Seite kein Problem haben.“ Der Markt sei bereit, neue Bonds aufzunehmen, doch seien die Kupons ziemlich teuer. Daher bevorzugt Vonovia besicherte Bankfinanzierungen.

Verschuldung über Zielkorridor

Für 2023 stehen noch 1,7 Mrd. Euro Verbindlichkeiten aus, für 2024 sind es 2,9 Mrd. Euro. Nach dem Verkauf von knapp 30% an der Tochtergesellschaft Südewo hat Vonovia ein zweites Joint Venture angestoßen. Es geht laut Buch um eine ähnliche Größenordnung wie bei der Transaktion mit dem US-Finanzinvestor Apollo, die 1 Mrd. Euro Eigenkapital brachte. Man gehe nun in die Gespräche mit möglichen Partnern. Weiter über dem Zielkorridor von 40 bis 45% liegt der Verschuldungsgrad, gemessen am Immobilienvermögen (Loan-to-Value). Diese insbesondere für Bondinvestoren wichtige Kennzahl ist im Vergleich zum Startquartal 2023 leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 46,8% gestiegen.

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Statt auf die Halbjahreszahlen konzentriert Vonovia ihre Berichterstattung jetzt auf den in vielen Branchen üblichen Quartalsvergleich. Demnach ist das Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) aus der Vermietung im Vergleich zum zweiten Quartal 2022 kräftig um 10,3% auf 618,5 Mill. Euro gestiegen. Dazu hätten Neubau und Modernisierung, höhere Marktmieten und Synergien aus der Integration von Deutsche Wohnen beigetragen. Der operative Gewinn (Group FFO) blieb im Quartal mit 502,2 Mill. Euro fast stabil. Unter dem Strich stehen infolge der Bestandsabschreibungen gut 2 Mrd. Euro Verlust. Der Leerstand verharrte bei 2,2% – laut Buch faktisch Vollvermietung.

Wesentliche Kennzahlen lägen über den Analystenschätzungen, versichert Vonovia in der Mitteilung. Dennoch sackte die im Dax vertretene Aktie am Freitag im Handelsverlauf um 3% ab. Der US-Bank J.P. Morgan fehlen größere Impulse für steigende Kurse. Den Jahresausblick bestätigt das Management.

Kanzler gefordert

Das organische Mietwachstum gibt Vonovia mit 3,5% im ersten Halbjahr an. Dabei hat sich der Anstieg der Bestandsmieten von 1,0% im Vorjahreszeitraum auf 1,5% beschleunigt, weil die Wohnungsnot sich zunehmend in den Mietspiegeln niederschlägt. Dagegen trugen Modernisierungsumlagen noch 1,2 Prozentpunkte zum Mietwachstum bei statt zuvor 1,7. Dies spiegelt die Zurückhaltung bei den Modernisierungsinvestitionen, die im zweiten Quartal um 44% auf 118,8 Mill. Euro abgebremst wurden.

Im zweiten Quartal hat Vonovia noch mehr als 400 Wohnungen fertiggestellt, 27% mehr als im Vorjahresquartal. Aber neue Bauprojekte haben die Bochumer wegen der stark gestiegenen Zinsen und Baukosten auf Eis gelegt.

Von der Politik fordert Buch ein abgestimmtes Programm, das die Probleme Baukosten, steigende Zinsen und Mietregulierung angeht. Hier sei auch der Bundeskanzler gefordert.

Der Zinsanstieg und die Flaute an den Immobilienmärkten setzen Vonovia weiter zu. Abermalige Abschreibungen auf den Wohnungsbestand bescheren einen hohen Quartalsverlust. Dennoch lässt das Management vorsichtigen Optimismus erkennen: Es gebe Anzeichen für eine Marktstabilisierung in bestimmten Preissegmenten.