Vor Autogipfel entbrennt Streit um Abwrackprämie
cru Frankfurt – Am 5. Mai sind Beratungen von Bund und Autoindustrie zu Staatshilfen geplant. Vor dem Spitzentreffen entbrennt der Streit um die Forderung der in Deutschland einflussreichen Branche nach einem staatlich finanzierten Kaufanreiz für Neuwagen. Während die Auto-Importeure ein gleich dreistufiges staatliches Anreizprogramm vorschlagen, stößt eine Kaufprämie bei Ökonomen auf Ablehnung.Im Jahr 2009 hatte die Bundesregierung einen Fördertopf mit 5 Mrd. Euro bereitgestellt und den Kauf von Neuwagen mit einem Zuschuss von jeweils 2 500 Euro belohnt. Das Instrument nannte sich damals Umweltprämie – wiewohl die Umweltwirkung negativ war -, funktionierte aber, wie sich im Nachhinein herausstellte, hervorragend als Katalysator für private Nachfrage und somit, um die Konjunktur schnell anzukurbeln. Hauptprofiteure waren Massenhersteller wie VW, Opel und Skoda.Jetzt wird die Forderung von der Autoindustrie, die mit VW, Daimler und BMW über gut 50 Mrd. Euro Liquidität verfügt, mit Chuzpe neu vorgetragen: “Die Produktion der Automobilindustrie kann nur hochfahren, wenn auch der Absatz der Fahrzeuge gesichert ist”, sagte VW-Kernmarkenchef Ralf Brandstätter nonchalant über die Voraussetzungen für das Ende des Shutdown. Im März waren die Neuwagenverkäufe in der EU um 55 % eingebrochen. Für den April werden noch schlechtere Zahlen erwartet.Auch nach der aktuellen Coronakrise sei ein automobiles Konjunkturprogramm notwendig, das schnell beim Handel und den Kunden ankomme, assistierte der Präsident des Branchenverbands VDIK, Reinhard Zirpel, in Bad Homburg bei Frankfurt. Es bestehe die Sorge, dass sich Kunden in unsicheren Zeiten gerade bei alternativen Antrieben zurückhalten könnten.Zunächst solle der Staat seinen Anteil an der bereits bestehenden Kaufprämie für Elektroautos verdoppeln, schlägt der VDIK vor. Die Höchstförderung würde so auf 9 000 Euro pro Fahrzeug steigen, von denen die Hersteller wie bislang 3000 Euro zu tragen hätten. Als zweite Förderkategorie sollten Kaufanreize für Fahrzeuge gesetzt werden, die weniger als 95 Gramm CO2 /km ausstoßen. Dies treffe beispielsweise auf viele Kleinwagen und Hybride zu.Als dritte Stufe schwebt den Importeuren eine klassische Abwrackprämie für ältere Fahrzeuge vor, die gegen Verbrenner mit den neueren Abgasnormen Euro 6d und Euro 6d-Temp eingetauscht werden.Ganz anders sehen das Ökonomen. “Ich halte die Subventionierung der Automobilbranche durch Kaufanreize für Autos, sei es über eine Abwrackprämie oder eine besser klingende Innovationsprämie, für entbehrlich”, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, der Nachrichtenagentur Reuters. “Sie ist sehr teuer, der aktuellen Situation nicht angemessen und ordnungspolitisch problematisch.”Auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) lehnt so etwas ab. “Für eine spezifische Subvention von Pkw-Käufen gibt es keine Veranlassung”, sagte dessen stellvertretender Präsident Oliver Holtemöller. Die deutsche Autoindustrie befinde sich seit Jahren in einem Strukturwandel mit schwacher inländischer Produktion. Zudem belaste die Coronakrise nicht einseitig die Autobranche. “Insgesamt ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt Nachfragestimulierung nicht angebracht”, sagte Holtemöller. Auch aus Verteilungsaspekten sei eine solche Prämie kritisch zu sehen. “Wenn sie nicht komplett in die Preise geht, dann begünstigt sie tendenziell eher wohlhabende Bevölkerungsgruppen, die sich einen Neuwagen leisten können”, erklärte der Ökonom. Wolle man die allgemeine Nachfrage der privaten Haushalte konjunkturell ankurbeln, wären andere Instrumente besser geeignet. Anders als 2009 gebe es diesmal kein Problem bei der Finanzierung von Autokäufen, betonte IfW-Ökonom Felbermayr. “Die Menschen haben viel Liquidität und kommen leicht an Kredite mit sehr guten Konditionen”, erläuterte er. “Es gibt keinen Grund, warum die Autohäuser nach der Lockerung des Lockdown jetzt nicht langsam wieder voller werden.”