Vorrang für Wachstum
Wenige Tage nach der Aufnahme in den Dax lässt der Essenslieferdienst Delivery Hero abermals aufhorchen. Diesmal geht es um eine Übernahme. 360 Mill. Dollar lässt sich der Konzern die Online-Lebensmittelplattform Instashop kosten, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Bahrain, Ägypten und im Libanon agiert.Vom absoluten Betrag her ist das keine gewaltige Summe – im E-Commerce müssen kaufhungrige Unternehmen für eine bedeutende Akquisition schnell mal Milliarden auf den Tisch legen. Doch handelt es sich bei Instashop um eine kleine Firma. Über die Plattform werden aufs Jahr hochgerechnet Warenverkäufe für 300 Mill. Dollar abgewickelt. Davon bleibt beim Plattformbetreiber lediglich eine Provision hängen. Bei Essenbestellungen sind das üblicherweise um die 10 %.Mit dem Deal bestätigt Delivery Hero, dass schnelles Wachstum und das Besetzen von Märkten Vorrang haben vor Gewinnen. Zwar schreibt Instashop vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen schwarze Zahlen. Doch muss das nicht so bleiben. Das angekündigte Vordringen in zusätzliche Märkte lässt ahnen, dass auch die neue Tochter vor einer kostentreibenden Expansion steht. Strategisch beschleunigt die Übernahme den bereits angestoßenen Aufbau des neuen Geschäfts mit dem Online-Verkauf von Fertigwaren wie Lebensmittel, Medikamente und Blumen. Bei dem Quick Commerce genannten Geschäft geht es darum, bestellte Ware möglich schnell zum Kunden zu bringen. Dafür arbeitet das in Berlin ansässige Unternehmen, das vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern tätig ist, nicht nur mit lokalen Geschäften zusammen, sondern baut auch eigene, zentral gelegene Lagerhäuser auf. Für die Auslieferung kann Delivey Hero auf die eigenen Fahrdienste zurückgreifen, so dass die Kuriere stärker ausgelastet werden. Das Problem ist nur: Die Warenkörbe für solche Aufträge sind meist gering und die Auslieferung mit eigenen Fahrern häufig hochdefizitär.Solch ein kostenträchtiger Geschäftsansatz funktioniert ohnehin nur in Großstädten mit dichter Bevölkerung und hoher Affinität zum Online-Einkauf. Denn nur dort gibt es ausreichend Abnehmer, die auf kurzem Wege schnell zu erreichen sind. Solche Metropolen gibt es im Nahen Osten und Nordafrika etliche, was den Instashop-Deal nachvollziehbar macht. Den Nachweis, dass ihre auf Wachstum ausgerichtete Vollgasstrategie in näherer Zukunft auch Erträge generiert, müssen die Delivery-Hero-Manager allerdings noch liefern.