IPO

Vorwerk lockt mit Wasserstoff zum Börsengang

Mit der Hoffnung auf die Wasserstoff-Energiewende will der Rohrleitungsbauer Friedrich Vorwerk neue Investoren beim Börsengang anlocken. Sie sollen neue Aktien für 90 Mill. Euro zeichnen.

Vorwerk lockt mit Wasserstoff zum Börsengang

cru Frankfurt – Der niedersächsische Rohrleitungsbauer Friedrich Vorwerk strebt im Eiltempo an die Börse. Noch im März soll die Erstnotiz im Frankfurter Prime Standard über die Bühne gehen. Vorwerk plant, den Erlös aus neuen Aktien in das Ge­schäft mit dem Wasserstofftransport zu investieren – und damit in ein Feld, das unter dem bei Investoren beliebten ESG-Etikett für Umwelt und Soziales verbucht werden kann.

Das Unternehmen aus Tostedt bei Hamburg will per Kapitalerhöhung für sich selbst 90 Mill. Euro einsammeln, wie am Montag angekündigt wurde. Der Großteil des angepeilten Emissionserlöses von insgesamt un­gefähr 400 Mill. Euro kommt damit den bisherigen Eigentümern zugute, der familiengeführten Berliner Mittelstandsbeteiligungsfirma MBB, die seit 2019 zwei Drittel der Anteile hält, und Vorstandschef Torben Kleinfeldt. Denn 45% der Anteile sollen nach dem Börsengang im Streubesitz sein, und die beiden Alteigentümer geben dem Vernehmen nach proportional gleich viel ab.

Vorwerk ist weiter eng an MBB gebunden: MBB-Gründer und CEO Christof Nesemeier bleibt Aufsichtsratschef. Rund 10% der Anteile dürften nach Einschätzung aus dem Kreis der Emissionsbanken auf neue Aktien entfallen. Insgesamt wird das Unternehmen somit laut Finanzkreisen mit mehr als 800 Mill. und bis zu 1 Mrd. Euro bewertet. Das Bookbuilding, das schneller als gewöhnlich abläuft, soll laut Bankkreisen in der kommenden Woche starten.

Damit kommt Friedrich Vorwerk als zweites oder drittes deutsches Unternehmen in diesem Jahr an die Börse – nach dem deutlich höher bewerteten Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 und parallel zu der noch weitaus größeren Vodafone-Funkturmtochter Vantage Towers, deren Zeichnungsfrist bald beginnt. In Europa haben Unternehmen bei Börsengängen in diesem Jahr bis dato schon mehr als 10 Mrd. Euro eingesammelt – zehnmal so viel wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Ein mögliches Ende der Party zeichnet sich jedoch ab, weil die Anleiherenditen zu steigen beginnen und IPOs als Investment damit vergleichsweise unattraktiver werden.

Friedrich Vorwerk ist Spezialist für Gas- und Wasserstoff-Transportrohre sowie unterirdische Stromtrassen – eine Infrastruktur, in die derzeit staatlicherseits zig Milliarden Euro an Investitionen gesteckt werden. Das Unternehmen machte 2020 mit gut 1300 Mitarbeitern einen Umsatz von 291 Mill. Euro – ein Plus von etwa 15%, etwa drei Viertel davon mit dem Bau von Gasleitungen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) lag bei 58 Mill. Euro und das bereinigte Ebit bei 47 Mill. Euro. Das entspricht einer Marge von 16%. Die Firma ist nahezu unverschuldet.

Zu den wichtigsten Wettbewerbern zählen Unternehmen wie Neles, Alfa Laval und Weir. Organisiert wird das IPO von Berenberg und Jefferies als Joint Bookrunner. Hauck & Aufhäuser hilft beim Vermarkten.

Große Chancen sieht Vorwerk-CEO Kleinfeldt in der künftigen europäischen Wasserstoff- und Strom-Infrastruktur im Zuge der Energiewende. Vorwerk habe das Potenzial, binnen drei bis fünf Jahren auf einen Umsatz von mehr als 500 Mill. Euro zu kommen, in sieben bis zehn Jahren könnte der Umsatz auf mehr als 1 Mrd. Euro steigen. Alleine die Wasserstoff-Technik könne langfristig die Hälfte des Umsatzes ausmachen. Vom Auftragsbestand von 307 Mill. Euro zum Jahresende 2020 entfielen 7% auf Wasserstoff. Die MBB-Aktie stieg am Montag um 3,5% auf 134  Euro und erreichte eine Marktkapitalisierung von 800 Mill. Euro – doppelt so viel wie im Oktober 2020. Vorwerk ist nicht die erste Firma, die MBB an die Börse bringt. Laut Reuters liegt der Kurs des Holzverarbeiters Delignit 14 Jahre nach der Erstnotiz nur knapp über dem Ausgabepreis, der Kurs des Elektromotoren-Herstellers Aumann ist innerhalb von vier Jahren gegenüber dem Ausgabepreis um zwei Drittel gefallen.