Vossloh-Kontrolleure führungslos

Patt im Aufsichtsrat nach knapper Wahl von Großaktionär Thiele - Streit mit Gründerfamilie um Vorsitz - Keine konstituierende Sitzung

Vossloh-Kontrolleure führungslos

Auf der Hauptversammlung von Vossloh ist es zum offenen Streit zwischen den beiden Großaktionären des Konzerns gekommen. Die Gründerfamilie versuchte, die Wahl von Heinz Hermann Thiele in den Aufsichtsrat zu verhindern, da dieser nicht auf den Vorsitz verzichten wollte. Dies misslang, und so gibt es im neuen Kontrollgremium nun ein Patt. Die konstituierende Sitzung wurde kurzerhand verschoben.ahe Düsseldorf – Der sich bereits im Vorfeld der Hauptversammlung abzeichnende Machtkampf um den Verkehrstechnikkonzern Vossloh ist weiter eskaliert. Nachdem es dem Knorr- Bremse-Eigentümer Heinz Hermann Thiele gelungen war, sich gegen den offenen Widerstand der Gründerfamilie mit einem denkbar knappen Votum (51,48%) in den Aufsichtsrat wählen zu lassen, gelang es dem neuen Kontrollgremium im Anschluss nicht, sich auf einen neuen Vorsitzenden zu einigen.Eine zuvor offiziell angekündigte konstituierende Sitzung des Aufsichtsrates wurde vom Unternehmen kurzerhand in eine “Vorbesprechung” umbenannt. Auf dieser soll es nach Informationen der Börsen- Zeitung auch zu einer Probeabstimmung gekommen sein, die die beiden Lager in dem sechsköpfigen Gremium noch einmal deutlich machte: So sollen sich die beiden Arbeitnehmervertreter auf die Seite von Thiele geschlagen haben, während der Vertreter der Familie mit den beiden unabhängigen Mitgliedern die gleich große Gegenpartei bildete. Einen neuen Termin für die konstituierende Sitzung gibt es noch nicht. Wahrscheinlich wollen die Kontrolleure aber schon in der nächsten Woche einen weiteren Anlauf für eine Einigung wagen.Die Familie hält noch 34% der Anteile an dem Unternehmen aus dem Sauerland, das erst im März aufgrund des gesunkenen Streubesitzes vom MDax in den SDax abgestiegen war. Thiele hat sich nach letzten offiziellen Angaben schon 25,14% und damit eine Sperrminorität gesichert (siehe Grafik). Auf der HV in Düsseldorf gab er nun bekannt, dass er noch weiter aufgestockt habe und nur noch “minimal” hinter der Familie liege. Eine genaue aktuelle Beteiligungshöhe nannte er nicht.Auf der Hauptversammlung, auf der sich eine Präsenz von 79,4% zeigte, war die Neuwahl aller vier Mitglieder der Kapitalseite notwendig geworden. Neben Thiele waren von der Verwaltung der Frankfurter Rechtsanwalt Wolfgang Scholl als neuer Vertreter der Familie sowie der Fuchs-Petrolub-Finanzvorstand Alexander Selent und der Ex-Chef von SMS Siemag Kay Mayland – seit Januar bereits gerichtlich bestellt – vorgeschlagen worden.Vor den Aktionären kündigte Anne Katrin Traub, eine Urenkelin des Firmengründers, an, die Familie werde die Kandidatur des 72 Jahre alten Thiele in den Aufsichtsrat unterstützen – allerdings nur als einfaches Mitglied. Die Familie wolle, dass das Kontrollgremium wie auch in der Vergangenheit von einem der unabhängigen Mitglieder geführt werde. Kein ÜbernahmebeschlussTraub kritisierte die Informationspolitik von Thiele. Die Familie sei “irritiert”, dass sich ein Investor in maßgeblichen Gremien engagieren wolle, ohne sich genau zu seinen Zielen zu äußern. Sie verwies zugleich darauf, dass Aktionärsberater wie Glass Lewis in den USA sich gegen eine Wahl von Thiele in den Aufsichtsrat ausgesprochen hätten, da es bei ihm zu Interessenkonflikten kommen könne. Sollte Thiele zudem weiter aufstocken, drohten Vossloh auf Grund von Change-of-Control-Klauseln in den Verträgen hohe zusätzliche Refinanzierungskosten.Thiele ließ trotz dieser Ansage auch auf mehrfache Nachfrage hin seine Kandidatur für einen Aufsichtsratsvorsitz offen. Er verwies in seiner 15-minütigen Rede darauf, dass unter anderem die Aktionärsberater von ISS seine Wahl in den Aufsichtsrat unterstützten. Er selbst habe die Übernahme des Vorsitzes auch nie zur Bedingung für seinen Eintritt in das Gremium gemacht. Zu den immer wiederkehrenden Spekulationen, er strebe zumindest die Mehrheit bei Vossloh an, sagte Thiele: “Es gibt keine Beschlusslage bei mir, dass ein Übernahmeangebot gemacht wird.” Er verwies darauf, dass er wegen seiner starken weltweiten Expertise im Schienenmarkt auch im Aufsichtsrat noch Mehrwert generieren könne, auch wenn sich Vossloh in den letzten Jahren in einem schwierigen Markt schon gut gehalten habe.