VW fordert Kodex-Kommission heraus
swa Frankfurt – Die im Zusammenhang mit dem Abgasskandal bei Volkswagen ausgeübte Governance des Autokonzerns ruft die Kodex-Kommission auf den Plan. Dabei stuft Manfred Gentz, der Vorsitzende des Gremiums, die Vorgänge primär als strafrechtlich relevant ein. Denn formal erfülle das Wolfsburger Unternehmen die Regularien des Corporate Governance Kodex. Doch der ehemalige Daimler-Manager verweist im Interview der Börsen-Zeitung auf Studien, wonach es bei VW an der Umsetzung der Prinzipien mangele.So sei die Kodex-Kommission, die Regeln für gute Unternehmensführung entwickelt, davon ausgegangen, dass mehrjährige variable Vergütungen im Bezugszeitraum grundsätzlich nach vorne gerichtet sein sollen. VW hat dagegen ein rückwärts gerichtetes Modell, so dass der Rekordverlust 2015 im Zusammenhang mit Dieselgate sich aus Sicht von Anlegern nicht ausreichend in einem Vergütungsrückgang des Vorstands niederschlägt. VW-Manager hatten deshalb freiwillig auf Teile ihrer Saläre verzichtet oder die Auszahlung an die künftige Kursentwicklung gekoppelt. “Möglicherweise stellen wir das im Kodex klar”, sagt Gentz, der sein Amt im kommenden Frühjahr aufgeben will und den Stab an den Wirtschaftsprüfer Rolf Nonnenmacher weiterreichen wird. Gentz will vor seinem Ausscheiden noch anstehende Kodex-Anpassungen abschließen. Auch neue gesetzliche Vorgaben erfordern Änderungen in dem Regelwerk.Auf Kritik in der Öffentlichkeit stößt auch die unzureichende Zahl unabhängiger Aufsichtsratsmitglieder bei VW. Der Kodex stellt die Zusammensetzung in das eigene Ermessen der Firmen. Hier sieht Gentz primär die Investoren in der Pflicht. Die Kodex-Kommission sei nicht der Kritiker von Unternehmen. Es obliege dem Markt, ein Urteil zu fällen. “Investoren sollten sich die Mühe machen, in Fällen wie VW auch in Zeiten, wo anscheinend alles gut läuft, richtig hinzuschauen”, mahnt Gentz.Gleichwohl wird in der Kodex-Kommission diskutiert, ob die Unternehmen künftig veröffentlichen müssen, welche Aufsichtsräte sie als unabhängig betrachten. Dies sei in Nachbarländern Best Practice. Eine Klarstellung könnte es laut Gentz in der Frage geben, ob der Aufsichtsratsvorsitzende mit Investoren über seine Verantwortlichkeiten sprechen darf. Dies sei in großen Unternehmen geübte Praxis, auch wenn es nicht ausdrücklich im Gesetz steht.—– Interview Seite 11 – Personen Seite 16