VW hinkt bei Prüfzyklus hinterher

Betriebsratschef: Verzögerte Produktion durch neue Tests teilweise aufholbar

VW hinkt bei Prüfzyklus hinterher

igo Stuttgart – Der Volkswagen-Konzern hat dem Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh zufolge großen Nachholbedarf bei der Umstellung auf den ab September gültigen Abgas- und Verbrauchsprüfzyklus WLTP. “Wir sind bei der Umstellung auf WLTP zeitlich deutlich hintendran. Zudem ist es beim Kraftfahrt-Bundesamt gerade schwierig, mit den Prüfberichten durchzukommen”, sagte Osterloh am Mittwochabend vor Journalisten. Der neue Prüfzyklus WLTC (Worldwide harmonized Light-Duty Test Cycle) soll gemeinsam mit dem neuen Messverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light-Duty Test Procedure) für die realitätsnähere Ermittlung von Schadstoff- und CO2-Emissionen sowie Kraftstoff- oder Stromverbräuchen führen. Daher müssen die Hersteller nun sämtliche Variationen von Motoren und Getrieben einzeln genehmigen lassen. Während früher der Bericht an die Behörden für jedes Modell 150 Seiten lang war, fielen durch die neue Abgasnorm mittlerweile 600 Seiten an, so Osterloh.Wie der Konzern bereits einräumte, wird die Umstellung bei VW zu Produktionsverzögerungen führen. Osterloh sprach in diesem Zusammenhang von konzernweit 230 000 Fahrzeugen, die zunächst nicht gebaut werden. Volkswagen müsse 260 Varianten aus Getriebe und Motor genehmigen lassen. Innerhalb des Konzerns biete die Premiummarke Audi die meisten Varianten. Bei der Kernmarke Volkswagen gehe er davon aus, dass die Produktion im vierten Quartal zu 60 % bis 70 % aufgeholt werden könne, so Osterloh.Das Aufsichtsratsmitglied schloss zugleich nicht aus, dass die weiterhin hohe Zahl der angebotenen Modellvarianten erneut auf den Prüfstand gestellt wird. Der derzeitige Auslieferungsstopp bei VW führt dazu, dass der unfertiger Berliner Flughafen BER inzwischen als überdimensionaler Parkplatz für jene VW-Modelle dient, deren Zulassung nach WLTP noch aussteht. Unter anderem für das Stammwerk Wolfsburg kündigte VW zudem verkürzte Arbeitswochen an (vgl. BZ vom 27. Juni). 110 BMW und nur sechs AudiWie deutlich der Konzern dem Wettbewerb hinterherhinkt, wollte Osterloh nicht konkretisieren. Der ADAC führt jedoch eine Positivliste mit jenen Fahrzeugvarianten sämtlicher Hersteller, die bereits vom Kraftfahrt-Bundesamt nach der neuen Abgasnorm Euro 6d-Temp und demnach nach WLTP genehmigt sind. Darunter befanden sich per 25. Juni 110 BMW-Modelle sowie 24 Varianten der Marke Mini. Von Mercedes stehen 123 Fahrzeugvarianten auf der Liste. Von Audi sind es sechs, von der Kernmarke Volkswagen drei. Die Luxusmarken Porsche, Bentley und Lamborghini sowie Skoda und Seat stehen nicht auf der Liste.Finanzielle Belastungen aus der Umstellung habe der Konzern in deren Erwartung bereits in die Jahresprognose einkalkuliert. Daimler hatte jüngst ihre Ergebnisprognose für das laufende Jahr gesenkt und die Kosten für die Umstellung als einen von zwei Hauptgründen dafür angegeben (vgl. BZ vom 22. Juni).Im Zusammenhang mit den Umweltzielen der EU müssen neu zugelassene Pkw ab September zusätzlich auch im Realbetrieb getestet werden (RDE). Um die künftig im Schnitt geltenden Emissionsgrenzen von 95 Mikrogramm CO2 je Kilometer erreichen zu können, sei Elektromobilität für die Hersteller “nicht die Universallösung”, so Osterloh. Die Kernmarke Volkswagen müsste bis 2020 rund 1,1 Millionen rein batterieelektrische E-Autos verkaufen, um allein darüber die neuen Grenzwerte zu erreichen. Er zweifle an der Umsetzbarkeit, da die Ladeinfrastruktur in Deutschland dazu nicht ausreiche.