Wagniskapital bleibt in Deutschland ein scheues Reh

Studie: Unterkapitalisierung bremst Wachstum deutscher Start-ups - Mischfinanzierte Förderung fehlt

Wagniskapital bleibt in Deutschland ein scheues Reh

scd Frankfurt – Unternehmensgründer haben in den vergangenen Jahren zwar auch hierzulande auf ein wachsendes Angebot an Wagniskapital zugreifen können. Binnen fünf Jahren hat sich dieses verdoppelt. Allerdings liegen Deutschland und auch Gesamteuropa noch immer meilenweit hinter den USA zurück. Zu dieser Erkenntnis kommt die Studie “Treibstoff Venture Capital” von Roland Berger, der Internet Economy Foundation (IEF) und dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Insbesondere in der wichtigen dritten Phase der Start-up-Entwicklung (Later Stage), in der sich die jungen Unternehmen auf ihre Etablierung am Markt fokussieren, täten sich hiesige Firmen schwer. Der Zuwachs an Venture Capital entfiel in den vergangenen Jahren vor allem auf die Saat- und die Start-up-Phase. Während in den USA mehr als die Hälfte der Investitionen ins Later Stage fällt, ist es in Deutschland nicht einmal ein Drittel (siehe Grafik).Angesichts des internationalen Wettbewerbs der Technologiestandorte schwäche der Mangel an Later-Stage-Finanzierungen die Innovationskraft der europäischen Wirtschaft und behindere zukunftsfähiges Wachstum. “Es sind mehrere Teufelskreise, die wir durchbrechen müssen, um eine Abwärtsspirale aus mangelndem Kapital und Abwanderungstendenzen der Start-ups ins außereuropäische Ausland aufzuhalten”, glaubt BVK-Vorstandssprecherin Regina Hodits. Es müssten Lösungen gefunden werden, “die darauf abzielen, mehr Kapital institutioneller Anleger für Venture Capital zu mobilisieren”. Denn die Investitionsbereitschaft außerbörslicher Geldgeber spiele eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung und dem Wachstum globaler Champions. “Es ist kein Zufall, dass die fünf wertvollsten Unternehmen ihren Sitz in den USA haben”, so Hodits.Zwar hätten sich auch in Europa die Venture-Capital-Investitionen in den vergangenen fünf Jahren auf knapp 16 Mrd. Euro mehr als verdreifacht, doch besteht nach wie vor ein deutlicher Rückstand zu den USA. Dort wurde 2017 Risikokapital in Höhe von umgerechnet fast 64 Mrd. Euro investiert. In Deutschland haben sich die Start-up-Investitionen binnen fünf Jahren verdoppelt auf zuletzt 1,14 Mrd. Euro. Asien hole hier mit rasanter Geschwindigkeit auf, sagt IEF-Vorsitzender Friedbert Pflüger. “Länder wie China investieren immense staatliche Mittel in Tech-Ökosysteme und haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Finanzierungslücke zu den USA zu schließen.”In der Studie werden mehrere Maßnahmen empfohlen, wie der Rückstand aufgeholt werden könne. So seien mischfinanzierte Fördermodelle zu entwickeln. Dabei könne etwa jeder Euro privater Anleger von staatlichen Mitteln flankiert werden. Auch ein Zukunftsfonds Deutschland sei sinnvoll, um neue Anreize für institutionelle Investoren wie Versicherungen zu schaffen, risikoreduziert über Wagniskapitalfonds in innovative Geschäftsmodelle zu investieren. Zudem sollten erfolgreiche Leuchtturmprojekte offener kommuniziert werden. Investitionen aus Mitteln des Rentensystems ermöglichten den Beitragszahlern eine Teilhabe an den Erträgen der Digitalwirtschaft und vergrößerten das verfügbare Wagniskapital. Darüber hinaus soll eine Exzellenzinitiative “Forschen, Gründen, Wachsen” Wissenschaftler, Studierende und Forschungsinstitute bei der Gründung von Start-ups unterstützen.