Warum eine gute IR-Arbeit sich immer mehr lohnt
Wann sich eine gute IR-Arbeit lohnt
Investor Relations (IR) hat sich als Konzept für die Kommunikation eines Unternehmens mit Eigen- und Fremdkapitalgebern etabliert. Dabei ist IR mehr als reines Marketing oder die gesetzliche Pflichtkommunikation mit den Stakeholdern am Kapitalmarkt. Aus Sicht des Unternehmens geht es vor allem darum, Vertrauen in das Management und die Aufsichtsorgane zu stärken, um auf diese Weise durch reduzierte Risikoaufschläge die Kapitalkosten zu senken. Da IR auch erhebliche Kosten verursacht – Befragungen zufolge liegt das IR-Budget abhängig von der Unternehmensgröße zwischen 100.000 Euro und 3 Mill. Euro – stellt sich die Frage, ob eine gute Investor-Relations-Arbeit sich tatsächlich lohnt.
Disziplinarische Wirkung
Um diese Frage zu beantworten, sind zwei Voraussetzungen notwendig: Erstens muss die Qualität der IR-Arbeit messbar sein, und zweitens sollte sich anhand eines geeigneten Messinstruments der Nutzen belegen lassen. Hierzu gibt es bereits einige empirische Belege: Erste Hinweise liefern Studien, die zeigen, dass für IR-Preise nominierte Unternehmen höhere Bewertungsmultiplikatoren und eine größere Analystenabdeckung aufweisen. Weitere Untersuchungen belegen, dass eine hohe IR-Qualität negativ mit den Prognosefehlern von Analysten und den Fremdkapitalkosten korreliert. Auch lassen sich abnehmende Bid-Ask-Spreads nachweisen. Eine hohe IR-Qualität übt zudem eine disziplinarische Wirkung aus, indem sie dazu beiträgt, dass Unternehmen ihre Ressourcen im Interesse der Anteilseigner einsetzen (insbesondere durch die Reduzierung gehorteter Cash-Bestände). Darüber hinaus beugt eine gute IR-Arbeit durch effektive, wechselseitige Kommunikation und Vertrauensbildung zwischen Anlegern und Management negativem Anlegeraktivismus vor.
Allerdings sind die Messmethoden zur Bewertung der IR-Qualität in einzelnen Studien nicht immer nachvollziehbar, oder die Messungen selbst können methodisch nicht überzeugen. Daher wurde ein Instrument zur Messung guter IR-Arbeit entwickelt und anhand von 120 börsennotierten deutschen Unternehmen der Nutzen guter IR-Arbeit näher untersucht.
Wenn IR als interdisziplinäre Managementfunktion verstanden wird, muss ein Instrument zur Messung der IR-Qualität unterschiedliche Dimensionen von IR abdecken. Zu diesem Zweck wurde ein IR-Score mit 58 Kriterien entwickelt, der Anforderungen in den folgenden Bereichen berücksichtigt: Informationsgehalt, Zugänglichkeit der Informationen, Kommunikation mit den Adressaten sowie die Professionalität der IR-Funktion. Die Analyse der Unternehmen zeigt eine starke Streuung der IR-Scores, mit einem Median von nur 56,3 Punkten (von maximal 100 erreichbaren Punkten) bei einem Minimum von 13,8 und einem Maximum von 92,6 Punkten. Verbesserungsbedarf besteht unter anderem hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit von IR-Webseiten und der dort verfügbaren Dateien, der Nutzung von Social Media, des Zugangs zu Kapitalmarktkonferenzen sowie der Antwortrate auf IR-Anfragen.
Kein Beleg für Einfluss auf KGV
Multivariaten Analysen zufolge geht ein hoher IR-Score mit einer höheren Analystenabdeckung sowie geringeren Bid-Ask-Spreads einher. Ein signifikanter Einfluss auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis lässt sich nicht belegen. Insofern erhöht eine gute IR-Arbeit die Sichtbarkeit eines Unternehmens am Kapitalmarkt und trägt dazu bei, bestehende Asymmetrien der Information zu reduzieren. Nutzenstiftend sind vor allem Aspekte, die durch persönliche Kontaktmöglichkeiten und Konferenzen den direkten, wechselseitigen Austausch zwischen Unternehmen und Adressaten fördern. Zudem spielt der Professionalisierungsgrad der IR-Arbeit eine wichtige Rolle (siehe Ruhnke/Morgenroth/Salender, ZCG 2023).
Bei einer Aufteilung der Stichprobe nach Höhe der erreichten IR-Scores bleiben die genannten Zusammenhänge nur für Unternehmen mit einem unterdurchschnittlichen IR-Score (unter dem Median) signifikant. Demnach lohnt eine gute IR-Arbeit insbesondere für Unternehmen mit bisher unterdurchschnittlicher IR-Qualität. Entscheidungsträger in Unternehmen, die bisher wenig Wert auf eine IR-Funktion gelegt haben, sollten daher einen Anreiz besitzen, entsprechende Investitionen in IR zu tätigen. Eine erste Anlaufstelle für Austausch, Networking und Informationen ist der DIRK – Deutscher Investor Relations Verband.
Künftig noch lohnender
Zudem gewinnt IR im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend an Bedeutung. Das diesbezügliche Regelwerk, etwa die EU-Taxonomie-Verordnung oder die noch umzusetzende CSRD-Richtlinie, ist äußerst komplex und für Dritte erklärungsbedürftig. Weiterhin bestehen ebenfalls erklärungsbedürftige Zusammenhänge zwischen der Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung, die bereits mehrfach Prüfungsschwerpunkt der ESMA waren. Auch hier ist eine gute IR-Arbeit in hohem Maße relevant, d. h. eine gute IR-Arbeit lohnt künftig vermutlich mehr denn je.