WCM oder die Inkarnation des Verlustvortrags

"Wiedergeburts-Hauptversammlung" des gefallenen Stars - Leerer Börsenmantel will mit Immobilien starten

WCM oder die Inkarnation des Verlustvortrags

Von Walther Becker, FrankfurtFast sieben Jahre ist es her, dass die Aktionäre der WCM zuletzt zusammenkamen – die verstrichene Zeit ist den Herren auf dem Podium wie vielen Herrschaften im Auditorium durchaus anzusehen. So soll denn auch die Altersgrenze von 75 Jahren für Aufsichtratsmitglieder aufgehoben werden. Geeint sind sie alle auf der “Wiederbelebungs-HV” des einstigen Börsenstars in Frankfurt von dem Willen, die Gesellschaft, deren Aktie seit langem eine Depotleiche ist, zu erhalten, um den Verlustvortrag, den der Fiskus großzügigerweise hieb- und stichfest zugesagt hat, steuerlich zu nutzen (vgl. BZ vom 21.12.2012). Jetzt ist die Fortführung beschlossene Sache – gegen 18.40 Uhr stimmten 99,9 % des präsenten Kapitals zu.WCM hat als einziges Asset diese steuerlich nutzbaren Posten von 270 Mill. (körperschaftssteuerlich) und 250 Mill. (Gewerbesteuer). “Die WCM ist die ideale Plattform für Investoren, sie ist schuldenfrei, hat keinerlei Altlasten etwa in Form von Pensionszusagen und sie hat den hohen Verlustvortrag”, preist Alleinvorstand Manfred Schumann. Über das Wie der Nutzung gibt es aber Differenzen. Die werden zeitweise kontrovers ausgetragen. Der “Schmerz” des Streubesitzes über Verluste der Vergangenheit wird mit Erbsensuppe, Würstchen mit Kartoffelsalat und Hoffnung auf Renditechancen gemildert. Bei 26 Tagungsordnungspunkten ist das Procedere bei Redaktionsschluss noch nicht beendet, doch zweifelt keiner der Akteure dass Schumann und den Aktionären um Karl Ehlerding zugestimmt wird. Nicht in die Karten schauenRund 300 Aktionäre sind erschienen, die Präsenz liegt bei 32,5 % des Grundkapitals. Wer Buhmann für die einstige Pleite ist, darüber sind sich fast alle einig: die HSH Nordbank. Sie habe die WCM “systematisch ausgeweidet” und dann die “leer geplünderte Hülle” in die Insolvenz geschickt, sagt ein Sprecher. “Bande von Lumpen” erschallt es prompt aus dem Publikum. Der Insolvenzverwalter habe Ansprüche gegen die Bank geprüft und verworfen, mittlerweile wirke die Verjährung, sagt Ex-Gewerkschaftler Schumann.Dass vielleicht auch der einstige Milliardär Karl Ehlerding die WCM mit in den Sand gesetzt haben könnte, kommt niemandem in den Sinn. Der Spekulant aus Hamburg, seit 1985 im Kontrollgremium der ehemaligen Württembergischen Cattunmanufactur, sitzt mit eherner Miene auf dem Podest im Frankfurter Saalbau am Gallus. Und er ist flüssig, die Mehrheit am Wohnungsunternehmen KWG hat er gerade an Conwert verkauft. Er soll laut Schumann lediglich 8,54 % an WCM halten, ebenso viel wie John Frederik Ehlerding, Christoph Kroschke, Sibylle Dürkop, Tungsten Immobilien und Hans W. Maas Beteiligungsgesellschaft, teils gegenseitig zuzurechnen. Da nur 90 Millionen Aktien von 288 Millionen anwesend sind, deutet dies nach Einschätzung von Aktionären darauf, dass Ehlerding & Co. sich nicht in die Karten schauen lassen wollen und nicht alle Anteile angemeldet haben.Für den Neustart mit Immobilien – wie in alten Zeiten – werden die Aktionäre zur Kasse gebeten. Das geht so: Erst ein neues genehmigtes Kapital von 50 %, macht 144 Mill. Euro. Nach dessen Registereintrag folgt die Herabsetzung des Grundkapitals 1 : 20 von 288 Mill. auf 14,4 Mill. Euro, womit der Kurs rechnerisch von 16 Cent auf über 3 Euro steigt. Dann ist laut Schumann mit einem Preis über Nennwert eine Barkapitalerhöhung um je 1,50 Euro (mit Bezugsrecht) angepeilt, wobei das Volumen mit 14,4 Mill. Euro dem herabgesetzten Grundkapital entspreche. Im Zusammenhang mit geplanten Akquisitionen werde es vor allem Sachkapitalerhöhungen mit Ausgabepreisen “nicht unter 2 Euro” geben. Verhandelt werde über ein Immobilienportfolio für 400 Mill. Euro und parallel über den Erwerb von drei Hotels für 280 Mill. Euro. Um was es dabei geht, wird nicht verraten. Bei Bruttorenditen um 6 % werde die WCM mit den Verlustvorträgen wesentlich höher auszuschütten als Wettbewerber.——WCM-Aufsichtsrat- Rainer Laufs, Vorsitzender, AR-Mitglied seit 2004, Unternehmensberater – Karl Ehlerding, seit 1985, u.a. im Salzgitter-Aufsichtsrat – Bernd Günther, 2011, Investor – Thomas Hechtfischer, seit 2011, DSW- Jörg Pluta, seit 2001, Anwalt, früher DSW- Christoph Kroschke, seit 2011, Geschäftsführer——