PUSH-OUT SCORE

Wechselhafter Herbstanfang für CEOs

Druck auf Chefs erreicht Normalniveau - Unsanfter Abschied bei Howard Hughes - Bittersüßer Abtritt bei Citigroup - Würdevoller Abgang bei ON Semiconductor

Wechselhafter Herbstanfang für CEOs

Howard Hughes, Citigroup und ON Semiconductor gehören zu den US-Unternehmen, die im September einen Führungswechsel angekündigt haben. Untersuchungen mit dem Analysemodell Push-out Score zeigen, dass im ersten Herbstmonat der Saldo erzwungener und freiwilliger CEO-Wechsel ausgeglichen war. ds Frankfurt – Im September hat der Druck auf CEOs Normalniveau erreicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Forschungsdienstleisters Exechange*, der 307 CEO-Abgänge von börsennotierten Unternehmen im marktbreiten US-Aktienindex Russell 3000 aus den vergangenen zwölf Monaten mit dem Analysemodell Push-out Score (siehe Kasten) bewertet hat.Der CEO Push-out Index, der monatlich berechnet wird und den durchschnittlichen Push-out Score für CEO-Abgänge in den USA widerspiegelt, fiel leicht von 5,5 im August auf 5 im September (siehe Grafik).Es war ein wechselhafter Herbstanfang für CEOs. Im September wurde der CEO Push-out Index, der als Barometer für die Messung des Drucks auf CEOs angesehen werden kann, durch viele offensichtlich erzwungene Fluktuation und Führungswechsel mit hohen Push-out Scores beeinflusst, darunter die angekündigten CEO-Abgänge bei Howard Hughes, John Bean Technologies, GCP Applied Technologies, Granite Construction, Onespaworld, Apogee Enterprises und Regis. Offenbar freiwillige Führungswechsel und Ereignisse mit niedrigen bis mittleren Push-out Scores hatten einen ebenso starken Einfluss auf den Index, darunter die CEO-Wechsel bei Citigroup, Consolidated Edison, Sirius XM, Universal Health und ON Semiconductor. “Drakonischer Effekt”Mit einem Push-out Score von 8 liegt der CEO-Abgang bei Howard Hughes im oberen Viertel der Skala und sieht unsanft aus. Wie am 21. September angekündigt, ist Paul Layne am 17. September als CEO der Immobilienentwicklungs- und -verwaltungsgesellschaft “in den Ruhestand getreten”. Er habe zugleich seinem Rücktritt als Boardmitglied “zugestimmt”, heißt es weiter. Fast alle Kriterien des Analysemodells legen nahe, dass Layne unter starken Druck geriet, abzudanken. Die Ankündigungsfrist ist alarmierend. Laynes Abgang wurde vier Tage vor dem Mitteilungsdatum umgesetzt. Das ist der erste Punkt für den Push-out Score. Laynes Amtszeit als CEO von einem Jahr ist extrem kurz. Punkt Nummer 2. Die Mitteilung folgt auf einen Aktienkursverfall von 53 % in Laynes Amtszeit. Punkt 3.Der Grund für den Führungswechsel ist nicht völlig transparent. Punkt 4. Der Führungswechsel erfolgt in schwerer See, und das ist Punkt 5. Howard Hughes, die den aktivistischen Investor Bill Ackman als Chairman hat, leidet schwer unter der Covid-19-Pandemie, die laut einem Halbjahresfinanzbericht von Ackmans Investmentvehikel Pershing Square einen “drakonischen Effekt” auf das Unternehmen hatte. Zu Howard Hughes gehören einige der größten Immobilienentwicklungsprojekte der USA, darunter der Seaport District in New York. Die Nachfolgeregelung wirft Fragen auf. Punkt 6. Interims-CEO wird Finanzchef David O’Reilly, und die Suche nach einem permanenten CEO mit internen und externen Kandidaten hat erst begonnen. Form und Sprache der Ankündigung ergeben die Punkte 7 und 8. In der Ankündigung von Howard Hughes aus Houston, Texas, erhält Layne Lob und Dank, aber kein Wort des Bedauerns und keine guten Wünsche.”Layne steuerte das Unternehmen durch den Ausbruch der Coronavirus-Pandemie und hinterlässt Howard Hughes aufgrund seiner jüngsten sehr erfolgreichen Aktien- und Anleiheemissionen in einer starken und opportunistischen Position”, erklärte das Unternehmen zu seinem Abgang. Es klingt so, als habe Howard Hughes unter dem scheidenden Boss Chancen verpasst. Fazit: Ankündigungsfrist, Amtszeit, Aktienkursentwicklung, offizielle Begründung, Umstände, Nachfolgeregelung, Form der Ankündigung und Sprache in der Mitteilung hissen acht rote Flaggen. Nur Laynes Alter von 62 Jahren verhinderte, dass die Punktzahl höher kletterte.Mit einem Push-out Score von 5 liegt der CEO-Abgang bei Citigroup genau in der Mitte der Skala und wirkt bittersüß. Wie am 10. September angekündigt, plant Michael L. (Mike) Corbat, im Februar 2021 in den Ruhestand zu gehen. Vordergründig betrachtet deutet vieles auf einen glatten Wechsel hin. Erstens ist Corbat mit 60 Jahren im üblichen Ruhestandsalter. Zweitens ist die Ankündigungsfrist sachgerecht; es sind noch rund fünf Monate Zeit. Drittens ist Corbats Amtszeit als CEO von acht Jahren und fünf Monaten (per Ende Februar 2021) tadellos. Viertens ist auch die Form der Ankündigung in Ordnung. In der Mitteilung von Citigroup aus New York erhält der scheidende CEO Lob und Dank.Zugleich leuchten fünf Warnlampen auf. Die Ankündigung folgt auf einen Aktienkursrückgang um 25 % seit September 2017. Das ist der erste Punkt für den Push-out Score. Der Grund für den Führungswechsel ist nicht völlig transparent. Punkt Nummer 2. Corbat sagte: “Natürlich gibt es immer mehr zu tun, und ich glaube, die Zeit ist reif für meinen Nachfolger, Citi durch diese nächste Phase des Fortschritts zu führen.”Immer mehr zu tun? Die Zeit ist reif? Die Fakten deuten darauf hin, dass Corbat sich nach subtiler Ermunterung durch den Board dazu entschieden haben könnte, seinen Abgang als CEO zu beschleunigen, da die Bank von frischem Wind profitieren könnte. Denn die Umstände des Führungswechsels sind herausfordernd. Punkt 3. Citigroup hat mit den Folgen der Covid-19-Pandemie eine große Herausforderung zu bewältigen. Seit Jahren weisen die Regulierungsbehörden darauf hin, dass die IT-Systeme der Bank unzulänglich seien. Investoren, darunter der Aktivist Valueact, haben womöglich die Geduld mit Corbat verloren.Auch die Nachfolge wirft Fragen auf. Punkt 4. Auf den CEO-Posten rückt Jane Fraser, derzeit President und CEO des globalen Verbrauchergeschäfts der Citigroup. Fraser wird die erste Chefin einer großen Wall-Street-Bank. Fraser wird nun die Aufgabe zufallen, die Ertragskraft von Citi voranzubringen, die dem Branchenführer JPMorgan Chase & Co. hinterherhinkt. Der Zeitpunkt von Corbats Rücktritt kommt überraschend; es wurde erwartet, dass er für weitere zwei Jahre CEO bleiben würde, wie das Wall Street Journal berichtete.Zudem scheint die Sprache in der Ankündigung nicht frei von Anzeichen von Druck zu sein. Punkt 5. Corbat selbst sagt: “Wir wissen, dass es Produkte gibt, bei denen wir noch Marktanteile gewinnen können; wir wissen, dass die Erwartungen unserer Kunden weiter steigen und wir noch härter arbeiten müssen, um Schritt zu halten.” Fazit: Aktienkursentwicklung, offizielle Begründung, Umstände, Nachfolge und Sprache in der Mitteilung hissen fünf rote Flaggen. Der Push-out Score von 5 zeigt an, dass der Abgang in vielerlei Hinsicht vom Ideal abweicht. Aktienkurs verfünfzehnfachtMit einem Push-out Score von 1 ist der Abgang des CEO von ON Semiconductor nahe dem unteren Ende der Skala und wirkt würdevoll. Wie am 4. September angekündigt, beabsichtigt Keith D. Jackson, im Mai 2021 in den Ruhestand zu wechseln. Er soll den Halbleiterlieferanten bis dahin bei der Suche eines Nachfolgers unterstützen. Jacksons Schritt erfüllt mit einer Ausnahme alle Kriterien für einen idealen Führungswechsel.Erstens ist der Topmanager mit 64 Jahren im üblichen Ruhestandsalter. Zweitens ist die Ankündigungsfrist üppig, denn es sind noch neun Monate Zeit. Drittens ist Jacksons Amtszeit als CEO von 18 Jahren und sieben Monaten (per Mai 2021) lang genug. Viertens folgt die Ankündigung auf eine Verfünfzehnfachung des Aktienkurses seit Jacksons Amtsantritt. “Wunderbare Enkelkinder”Fünftens erscheint der genannte Grund für seinen Schritt nachvollziehbar. Jackson erklärte, “dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, mit dem Führungswechsel des Unternehmens zu beginnen, da ich dadurch mehr Zeit für meine Familie und meine wunderbaren Enkelkinder haben werde”. Während die Floskel “mehr Zeit für meine Familie” in Ankündigungen von CEO-Abgängen oft als Code für unfreiwillige Austritte verwendet wird, gibt es im Fall von Jackson keinerlei stichhaltige Hinweise darauf, dass die Formulierung auf einen erzwungenen Abgang hindeuten könnte.Sechstens erscheinen die Umstände des Führungswechsels im Großen und Ganzen positiv. Die Fundamentaldaten des Unternehmens, das unter anderem Sensoren fürs autonome Fahren herstellt, scheinen solide zu sein. Siebtens und achtens sind Form und Sprache der Ankündigung in Ordnung. In der Meldung von ON Semiconductor aus Phoenix, Arizona, erhält Jackson Lob, Anerkennung und Dank. Das Unternehmen würdigt ausführlich die Erfolge während Jacksons Amtszeit, darunter die Steigerung des Umsatzes von 1,1 Mrd. Dollar im Jahr 2002 auf den Status eines Fortune-500-Unternehmens mit einem Umsatz von 5,5 Mrd. Dollar im vergangenen Jahr. Fazit: Alter, Ankündigungsfrist, Amtszeit, Aktienkursentwicklung, offizielle Begründung, Umstände, Form der Ankündigung und Sprache in der Mitteilung sind konsistent, angemessen und frei von roten Fahnen. Der Push-out Score beträgt 1, weil die Nachfolge noch ungeklärt ist aufwirft. Gemäß den Regeln des Analysemodells ist ein Zeichen allein nicht signifikant und kann ignoriert werden. *) Inhaber von Exechange ist Daniel Schauber, der auch Redakteur bei der Börsen-Zeitung ist. Börsen-Zeitung und Exechange sind voneinander unabhängig. Die Inhalte dieser Seite basieren auf einer Studie von Exechange (exechange.com/news).