IM INTERVIEW: PETER PAULI

Wenige Börsenaspiranten im Portfolio

Geschäftsführer des Risikokapitalgebers BayBG: Neugeschäftsziel verfehlt - Venture Capital stützt - Erträge steigen - IPO von Vaqtec als Aushängeschild

Wenige Börsenaspiranten im Portfolio

Der gegen ein schleppendes Neugeschäft kämpfende Risikokapitalgeber Bayerische Beteiligungsgesellschaft BayBG hat wenige potenzielle Börsenaspiranten in seinem Portfolio. Als Ausnahme bezeichnete Geschäftsführer Peter Pauli den Dämmstoffspezialisten Vaqtec, der am Freitag aufs Handelsparkett strebt.- Herr Pauli, wie läuft das Neugeschäft?Unser Neugeschäft läuft verhalten. Im zum 30. September zu Ende gehenden Geschäftsjahr 2015/16 werden wir unser Ziel, gut 42 Mill. Euro auszuzahlen, voraussichtlich nicht erreichen. Wir werden bei etwa 35 Mill. Euro liegen. Gegenüber dem Rekordjahr 2015 wäre das ein Rückgang um 10 Mill. Euro.- Woran liegt das?Die Nachfrage nach Eigenkapital ist im etablierten Mittelstand relativ gering, der Bedarf an Wachstumsfinanzierungen in diesem Segment derzeit überschaubar. Der Mittelstand kann seinen Kapitalbedarf aus dem Cash-flow und mit Bankkrediten gut abdecken. Dank der ultralockeren Geldpolitik der EZB herrscht eine Geldschwemme.- Wo kommen Sie derzeit besser voran?Die Nachfrage im Bereich Venture Capital sowie bei der Finanzierung von Nachfolgelösungen ist stabil, auch im Segment der kleineren Existenzgründungen kommen wir voran.- Müsste das den Rückgang im Kerngeschäft ausgleichen, wie es im Vorjahr noch der Fall war?Grundsätzlich ja. Zum Stichtag 30. September werden wir aber unter unserem Plan liegen. Bei einigen Beteiligungsprojekten sind wir zwar abschlussbereit, allerdings müssen noch Rahmenbedingungen, die nicht in unserer Hand liegen, strukturiert werden. Wir werden aber mit einer guten Pipeline ins neue Geschäftsjahr gehen.- Was heißt das fürs Volumen?Wir peilen 2017 ein höheres Neugeschäft an. Grundsätzlich liegt unsere Benchmark oberhalb von 40 Mill. Euro pro Jahr.- Spiegelt das die Situation im deutschen Beteiligungsmarkt wider?Den Beteiligungsmarkt muss man differenzieren in die Frühphase, also die Finanzierung von Start-ups, und in die Spätphase, in der der Fokus auf dem etablierten Mittelstand liegt. Im Spätphasenbereich hat die gesamte Branche Schwierigkeiten mit Neuinvestments. Die meisten Private-Equity-Gesellschaften haben viel trockenes Pulver, das sie investieren könnten. Das Problem ist, die geeigneten Targets zu finden.- Setzt sich damit der zuletzt eingeschlagene Erholungskurs des Marktes nicht fort?Nach der Statistik des deutschen Branchenverbands BVK betrugen die Gesamtinvestitionen im Jahr 2015 rund 5,4 Mrd. Euro nach über 7 Mrd. Euro im Vorjahr. Die Statistik ist jedoch von einzelnen Großinvestments geprägt, grundsätzlich ist eine Seitwärtsentwicklung zu beobachten. Momentan bestehen – dank der hohen Liquidität im Markt – gute Voraussetzungen für Fundraising und für Unternehmensverkäufe beziehungsweise Exits. Die Unternehmen in den Beteiligungsportfolios entwickeln sich durchweg gut, der Abschreibungsbedarf ist gering. Schwierig laufen hingegen die Neuinvestments. In der Finanzmarktkrise war das genau umgekehrt.- Wird die Lage angesichts der Geldschwemme anhalten?Solange sich die Rahmenbedingungen nicht ändern und die Konjunktur stabil bleibt, wird diese Situation andauern.- Erschweren Newcomer wie Family Offices das Geschäft?Family Offices drängen seit einiger Zeit in den Markt auf der Suche nach rentierlichen Investments. Die Entwicklung hat sich aber eher verstetigt. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass viele Unternehmen und Konzerne eigene Venture-Capital-Gesellschaften aufsetzen, mit dem Ziel, bei neuen Technologien dranzubleiben.- Wie entwickelt sich Ihr Beteiligungsbestand?Das rückläufige Neugeschäft, relativ hohe Rückzahlungen bei mezzaninen Finanzierungen und einige erfreuliche Beteiligungsverkäufe schmälern den Bestand. Da wir bis zum Geschäftsjahresende voraussichtlich noch einige Transaktionen und Umstrukturierungen vornehmen, ist es schwierig, eine exakte Zahl zu nennen, wir werden knapp unterhalb von 320 Mill. Euro abschließen.- Wie viele Exits verzeichneten Sie?Wir hatten im Geschäftsjahr 2016 insgesamt 5 Beteiligungsverkäufe zu verzeichnen. Die Exiterträge belaufen sich bisher auf 12 Mill. Euro – rund 6 Mill. Euro mehr als geplant. Auf der Ertragsseite werden wir daher über Plan liegen.- Sind die Ausfälle durch Firmenpleiten gering?Wir kalkulieren grundsätzlich eine Ausfallquote von 4 % per anno gemessen am Beteiligungsbestand. Das entspräche knapp 13 Mill. Euro. Wir dürften aber mit rund 3 % darunter liegen.- Müssen Sie Ihr mittelfristiges Ziel für den Beteiligungsbestand revidieren?Nein. Wir streben weiterhin an, mittelfristig den Bestand auf 350 Mill. Euro auszubauen. Auf diesem Weg werden wir aber wahrscheinlich in den nächsten 24 Monaten nicht vorankommen. Das Neugeschäft über die nächsten zwei bis drei Jahre bleibt schwierig. Die Rahmenbedingungen ändern sich im Moment nicht grundlegend. Ein hohes Kapitalangebot im Zinstief stößt auf eine relativ geringe Nachfrage der Unternehmen.- Wie steht’s um die Gesellschafterstruktur?Der Gesellschafterkreis hat den Weg der BayBG ermöglicht. Alle Gesellschafter sind auch Gründungsgesellschafter der BayBG. Sie haben die Voraussetzungen geschaffen, aus eigener Kraft zu wachsen und die BayBG – und somit auch das Angebot an Risikokapital für den bayerischen Mittelstand – zu entwickeln. Für uns ist dieser stabile Gesellschafterkreis optimal, da er auch auf der Vertriebsseite Anknüpfungspunkte bietet. So arbeiten wir mit den Geschäftsbanken, Sparkassen, dem Genossenschaftssektor sowie der LfA Förderbank Bayern bei einzelnen Beteiligungen eng zusammen.- Aus Ihrem Portfolio strebt der Dämmstoffspezialist Vaqtec an die Börse. Ist das eher eine Ausnahme in der Ausrichtung der BayBG?Ja. In unserem Portfolio haben wir nicht viele potenzielle Börsenaspiranten. Wir investieren in kleinere mittelständische Firmen und Start-ups. IPOs von Technologieunternehmen wie Vaqtec mit relativ geringen Platzierungsvolumina sind in Deutschland leider nach wie vor schwierig.- Wie verändert sich Ihre Portfoliostruktur, wenn das klassische Geschäft stagniert und Venture-Capital-Aktivitäten zulegen?Es ist ganz normal, dass sich Portfoliostrukturen ändern, wenn sich die Nachfrage verschiebt. Derzeit belaufen sich Wachstumsfinanzierungen von etablierten mittelständischen Unternehmen auf knapp 60 % unseres Bestands. Mit ca. 40 Mill. Euro beträgt der Anteil von Venture Capital rund 13 %. Das liegt innerhalb unserer Steuerungsüberlegungen. Wir schaffen dort Angebot, wo Unternehmen Eigenkapital nachfragen und wir die notwendige Expertise und Professionalität besitzen.- Wie schätzen Sie den Wettbewerb durch Banken im Beteiligungsgeschäft ein?Die Banken sind aufgrund der verschärften regulatorischen Vorgaben gezwungen, sich aus dem Risikokapitalgeschäft zurückzuziehen. Bankeigene Beteiligungsgesellschaften sind schon seit längerem die Ausnahme im Markt. Das Beteiligungsgeschäft dürfte auf absehbare Zeit kein interessantes Geschäftsfeld für Kreditinstitute sein, da die Eigenkapitalunterlegung dieser Aktivitäten sehr hoch ist.—-Das Interview führte Stefan Kroneck.