Publizität

Weniger Adrenalin­schübe für Anleger

Zu Beginn der Pandemie hatten Prognoseanpassungen eine Welle an Ad-hoc-Mitteilungen ausgelöst. Mittlerweile geben die Dax Unternehmen eine geringere Anzahl kursrelevanter Überraschungen in den Markt – und wenn, dann positive.

Weniger Adrenalin­schübe für Anleger

swa Frankfurt

Mit Fortdauer der Pandemie ist wieder mehr Verlässlichkeit in die Kapitalmarktkommunikation der Unternehmen eingekehrt. Nach einer Analyse der Kanzlei Glade Michel Wirtz ist die Anzahl kursrelevanter Mitteilungen von Dax-Emittenten 2021 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Hatten 2020 noch 30 Dax-Unternehmen 100 Ad-hoc-Meldungen verschickt, kamen 2021 aus dem erweiterten Dax-Kreis von 40 Unternehmen nur 107 solcher Mitteilungen. Damit hat jeder Konzern im Schnitt 2,6 Ad-hoc-Informationen gesendet, im Vorjahr waren es 3,2. Angeführt wird die Liste vom Dax-Neuling Airbus mit acht Mitteilungen, Deutsche Börse und MTU Aero Engines behelligten ihre Aktionäre dagegen mit keiner überraschenden Veröffentlichung.

Der Großteil der im vergangenen Jahr publizierten Ad-hoc-Mitteilungen von Dax-Werten bezog sich auf Geschäftsergebnisse und Prognosen. In mehr als der Hälfte der kursrelevanten Ankündigungen haben Konzerne ihre Ergebnisvorhersagen angepasst und/oder vorläufige Umsatz- und Ergebniszahlen veröffentlicht. Anders als 2020 überwiegen diesmal aber Good News.

Während im Jahr 2020 Gewinnprognosen aufgrund der Corona-Pandemie häufig zurückgenommen werden mussten, habe sich dies mittlerweile umgekehrt, die Erwartungen würden eher übertroffen. Nur in Einzelfällen waren Ad-hoc-Mitteilungen zu überraschend schwachen Geschäftszahlen noch auf Auswirkungen der Pandemie zurückzuführen. Der Gesundheitskonzern Fresenius und dessen Dialysetochter Fresenius Medical Care hätten diese etwa mit der coronabedingten Übersterblichkeit chronisch nierenkranker Patienten begründet.

Üppige Liquidität

Abgesehen von Fresenius sei die Ad-hoc-Pflicht in fast allen Fällen davon ausgelöst worden, dass Gewinnprognosen und Geschäftszahlen bisherige Vorhersagen oder Analystenschätzungen übertrafen. Es passt daher aus Sicht der Kanzlei ins Bild, „dass viele Emittenten aufgrund guter Liquiditätslage Aktienrückkaufprogramme ankündigten“ – ebenfalls ad hoc.

In der näheren Betrachtung der Mitteilungen zu Finanzkennzahlen stechen nach Einschätzung von Glade­ Michel Wirtz Airbus, Hellofresh und Zalando heraus. So habe Airbus 2021 umfangreiche Finanzberichte per Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht, die sich über mehrere Seiten erstreckt hätten. Auch die Ad-hoc-Mitteilung von Hellofresh vom 7. Dezember 2021 weiche vom Marktstandard ab, indem unter Verweis auf den weit vorangeschrittenen Jahresendbudgetierungsprozess bereits eine indikative Prognose für das Geschäftsjahr 2022 präsentiert werde. Für bemerkenswert halten es die Anwälte zudem, dass Zalando in ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 5. Mai 2021 neben einer Anhebung der Prognose für den Turnus 2021 zugleich ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt habe.

Übergreifend sei festzustellen, dass Unternehmen vereinzelt alternative Leistungskennzahlen verwendeten, etwa bereinigte Ergebnisangaben, ohne dabei die Leitlinien der europäischen Marktaufsicht ESMA vollständig zu erfüllen. So verzichteten Konzerne beispielsweise auf eine Definition der außerhalb vom anzuwendenden Rechnungslegungsstandard, zum Beispiel IFRS, genutzten Kennzahlen, zum Beispiel Ebitda.

Trotz des Rekordjahres für Transaktionen­ global ist die Anzahl der auf M&A bezogenen Ad-hoc-Mitteilungen 2021 leicht rückläufig. Es blieb in dem erweiterten Dax-Kreis wie im Vorjahr bei elf Mitteilungen. Mehr als die Hälfte davon bezogen sich allein auf die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia. Der Trend der vergangenen Jahre – die stetige Abnahme kursrelevanter M&A-Trans­aktionen bei den Dax-Unternehmen – habe sich damit fortgesetzt. Dies zeigt sich aus Sicht der Kanzlei besonders deutlich, wenn man berücksichtige, dass Dax-Konzerne im Jahr 2017 noch 27 Ad-hoc-Mitteilungen zu M&A-Transaktionen verschickt hätten.

Kursrelevante Veröffentlichungen zu Personalien seien hingegen – wie seit Jahren – in inhaltlicher Hinsicht und in Bezug auf ihre Häufigkeit konstant. Entsprechend der gängigen Praxis hätten die Firmen 2021 ganz überwiegend Nominierungen oder Veränderungen im Vorstands- beziehungsweise Aufsichtsratsvorsitz per Ad-hoc-Mitteilung verbreitet. Die Meldungen seien regelmäßig mit der Entscheidung des Aufsichtsratsplenums veröffentlicht worden. Die Mitteilungen zu sonstigen Aspekten hätten sich inhaltlich auf typische kursrelevante Themen bezogen. Insbesondere wurden Kapitalmaßnahmen und Änderungen der Gewinnverteilung angekündigt. So stimmte die Deutsche Post, die 2021 auf sechs Ad-hoc-Mitteilungen kommt, Anfang März auf ein Aktienrückkaufprogramm über 1 Mrd. Euro ein, der Immobilienkonzern Vonovia kündigte im November eine Kapitalerhöhung über 8 Mrd. Euro an zur Finanzierung der Akquisition von Deutsche Wohnen.

Höhere Dividenden

Die Änderungen in der Dividendenpolitik seien für die jeweiligen Aktionäre durchweg positiv ausgefallen. Auch an dieser Stelle zeigt sich nach Einschätzung der Kanzlei, „dass die Unternehmen im Dax die wirtschaftlichen Auswirkungen der Co­vid-19-Pandemie weitgehend be­wältigt haben“. Adidas teilte im Februar mit, dass nach Rückzahlung des in der Coronakrise in Anspruch genommenen KfW-Kredits die deshalb ausgesetzte Dividendenzahlung wieder aufgenommen werde. Der Versicherungskonzern Allianz verkündete im Dezember die Botschaft, dass künftig eine Dividende gewährt werden soll, die mindestens 5% über dem Vorjahreswert liegt.

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