Wenn das Sanierungskleid auf Kante genäht ist
wb Frankfurt – Man habe die Finanzierungsaufgaben gemacht, meinte Ulrich Mehlmann, heute wie damals Vorsitzender der Geschäftsführung des Autozulieferers Neumayer Tekfor, 2009. Nun stellt sich heraus, dass bei neuerlichen Ermüdungserscheinungen der PS-Branche das Konzept doch nicht tragfähig ist und zu sehr auf Kante genäht war. Zum zweiten Mal versucht das Unternehmen, die Insolvenz zu verhindern – diesmal mit dem Schutzschirmverfahren. Ob tatsächlich die italienischen Aktivitäten – 2010 wurde von SKF ein Werk auf der Apenninen-Halbinsel akquiriert – maßgeblich für die Schieflage verantwortlich sind, ist umstritten.Hinter dem Umformspezialisten stehen Equistone Partners (früher Barclays Private Equity) mit 45 %, die 2009 die Mehrheit der Stimmrechte an die Gläubiger abgeben musste, sowie mit 45 % die Kreditgeber, die ins Eigenkapital gingen. Der Rest liegt bei nachrangigen Gläubigern und dem Management. Barclays PE ist seit 2005 am Steuer. Das OpferFür drei Monate schlüpft der Zulieferer aus Offenburg nun unter den Schutzschirm, um sich sanieren zu können. Sachwalter ist der Insolvenzrechtler Jan Plathner von Brinkmann & Partner. Die Banken unter Führung der Commerzbank, die als Agent auftritt, aber nicht mehr Darlehensgeber sein soll, setzen auf Latham & Watkins. Hengeler Mueller und PwC sind auf Unternehmensseite tätig, ebenso die Kanzlei Heuking. Es streichen jetzt vielfach dieselben Kanzleien Vergütungen ein, die schon 2009 bei der damaligen Rettungsaktion beteiligt waren. Außerdem unterstützen Beck & Partner sowie Michael Pies von Keppel Managementpartners die Geschäftsführung. Equistone habe die Kanzleien Wellensiek und P+P Pöllath + Partner mandatiert.Das Unternehmen aus Baden betrachtet sich als Opfer des Abschwungs am Automarkt. “Namhafte Hersteller und auch erste Zulieferer drosseln wegen der Absatzschwankungen bei Pkw wie bei Nutzfahrzeugen in wichtigen Märkten ihre Produktion, führen Kurzarbeit ein”, erklärte Mehlmann. Neumayer Tekfor reagiere nun, da man für wesentliche Märkte in Südeuropa oder Südamerika keine kurzfristige Erholung erwarte.Die Angaben der Beteiligten zur Beschäftigtenzahl schwanken zwischen 2 600 und 3 900. 1 700 sollen es hierzulande sein. Der Umsatz liegt trotz des Zukaufs in Italien mit 100 Mill. Euro nur mehr bei 500 Mill. Euro. Vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen sollen 2011 rund 40 Mill. Euro verdient worden sein.2009 hatten die Gläubiger auf einen Teil der Kredite verzichtet, mit Barclays 45 Mill. Euro frische Mittel gegeben und Darlehen in die Beteiligung eingetauscht. Auch jetzt könnte wieder ein Debt to Equity Swap anstehen und Equistone die Schlüssel abgeben müssen.Denn Neumayer braucht wieder frisches Geld, doch ist Equistone nicht bereit nachzuschießen. “Wir sind der Überzeugung, dass das Schutzschirmverfahren der Neumayer Tekfor Gruppe momentan die bestmöglichen Voraussetzungen bietet, um die Sanierung des Unternehmens langfristig sicherzustellen”, heißt es dort.Neumayer hatte 2009 mit einem Syndikat von knapp 40 Banken die Restrukturierung durchgezogen. Das Mezzanine verfiel, der Anteil von Barclays sank von 85 auf 45 %. Die vorrangigen Gläubiger bekamen besagte 45 %. Das Paket umfasste 200 Mill. Euro, wozu ein Shareholder Loan von 65 Mill. Euro, die Abgabe des Mezzanine und Abschreibungen zählten. Mit den 42 Mill. Euro sowie Forderungsverzichten aller Kapitalgeber wurden die Schulden unter 200 Mill. Euro mehr als halbiert. Mit den Banken wurden damals bis 2011 weitere Zins- und Tilgungsverzichte und für die Zeit danach flexible Zahlungen vereinbart.