Wenn der Mensch mit dem Roboter . . .
Von Daniel Schauber, zzt. HannoverAuf 100 Beschäftigte aus Fleisch und Blut in der verarbeitenden Industrie kommen auch in einem stark automatisierten Land wie Deutschland erst rund drei Industrieroboter. Mensch und Maschine arbeiten zudem meist getrennt voneinander. Denn die blinden, tauben und gänzlich unsensiblen stählernen Kollegen, die Riesenkräfte haben, können einen Menschen leicht verletzen. Hand in HandKünftig sollen Mensch und Roboter aber Hand in Hand zusammenarbeiten. Das wird auf der Hannover Messe deutlich. Der Schweizer Industrieausrüster ABB zeigt ein Gerät, das zusammen mit einem Menschen an der Werkbank sitzen kann. Der Roboter sieht aus wie der Oberkörper eines zierlichen Menschen, ohne Kopf, aber mit zwei kräftigen Armen. Dank Kameras kann er “sehen”. Er schnappt sich mit schnellen und präzisen Griffen beispielsweise Plastikteile und schraubt sie zusammen. Kommt ihm der Mensch zu nahe, so hält er inne.Auch der deutsche Roboterbauer Kuka hat einen Leichtbauroboter im Angebot, der mit dem Menschen interagieren kann. Das einarmige Gerät, das auf einer Plattform mit Rädern montiert ist, reicht zum Beispiel dem Monteur mit geschmeidigen Bewegungen die gewünschte Kiste mit Kleinteilen an oder setzt auch selbst Schrauben ein.Geräte wie diese sollen Arbeitern künftig stupide Routinejobs abnehmen – wie sie in den Riesenmanufakturen des Elektronikherstellers Foxconn, der wegen seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik steht, zu verrichten sind. Die in Hannover vorgestellten Roboter sind dem Menschen an Fingerfertigkeit und Präzision zwar noch deutlich unterlegen, dafür arbeiten sie 24 Stunden am Tag, ohne zu murren, und werden nicht krank, wenn sie giftigen Chemikalien ausgesetzt werden. Maschine mit MaschineNicht nur Mensch und Maschine, sondern auch Maschinen werden künftig miteinander kommunizieren und ihre Arbeit selbst steuern: Das ist die Vision von “Industrie 4.0”, der angeblich bevorstehenden vierten industriellen Revolution, die in Hannover abermals beschworen wird. Wie das in der Praxis funktioniert, demonstriert auf der Messe eine kleine Produktionsstraße, mit der individuelle Visitenkartenhalter gefertigt werden. Mit dem Produkt läuft bei jedem Arbeitsschritt ein RFID-Funkchip mit, der der Fertigungsanlage sagt, was als Nächstes zu tun ist. Die Produktionsstraße ist dabei aus sechs Modulen – jedes so groß wie ein ordentlicher Kühlschrank – aufgebaut. Die Module der Firmen Lapp, Phoenix Contact, Harting, Festo, Pilz und Bosch-Rexroth kommunizieren dabei über Internetstandards.Der Integration von Maschinen, Steuerungssystemen und Software gehört die Zukunft. Zu sehen ist in Hannover auch eine Produktionsstraße, die aus Komponenten von Siemens, Festo, Mitsubishi und Pilz besteht und von einer Cloud-basierten SAP-Software gesteuert wird. Siemens zeigt eine kleine Fertigungsstraße, auf der mit elektronischer Steuerung automatisch kundenspezifische Parfümmischungen abgefüllt werden; kostengünstige Massenfertigung, aber individualisiert in Losgröße 1 – das ist das Paradoxon, das durch Industrie 4.0 gelöst werden soll. Das Werkstück sagt BescheidWie klassischer Maschinenbau, computergesteuerte Fertigung, das Internet und 3-D-Druck miteinander verschmelzen können, zeigt der Mittelständler Arburg aus dem Schwarzwald an einem Beispiel: Er fertigt in Hannover an einer Demonstrationsanlage erst in klassischem Spritzguss einen Lichtschalter, auf dessen Rückseite im nächsten Schritt per Laser ein Code eingraviert wird. Dieser Code führt zu einer Website, auf der Produktionsdaten hinterlegt sind für ein individuell gewähltes Symbol, das den Lichtschalter zieren soll. Dieses wird vollautomatisch mit Hilfe der Daten aus der Cloud auf den Lichtschalter aufgebracht – per 3-D-Druck.——–Bei Industrie 4.0 verschmilzt alles: Mensch, Maschine, Software, Internet und 3-D-Druck.——-