Wenn der Roboter Bananen sortiert
Beim Einsatz künstlicher Intelligenz in der Produktion liegt die deutsche Industrie abgeschlagen hinter den USA und China nur im Mittelfeld. Aufholbedarf haben besonders der Maschinenbau und die Pharmabranche. Dabei könnte künstliche Intelligenz laut Boston Consulting 60 Mrd. Euro mehr Wertschöpfung bringen. cru Düsseldorf – Künstliche Intelligenz bringt den Beruf des Gabelstaplerfahrers zum Aussterben, und Roboter können neuerdings Bananen nach ihrem Reifegrad sortieren, damit sie zur richtigen Anwendung kommen: im Supermarkt, als Smoothie-Zutat oder als Tierfutter. Das ist aber nur der Anfang. Bald werden Computer ihr auf Daten basierendes Erfahrungswissen einsetzen. Sie spüren in den Datensammlungen aus der Vergangenheit versteckte Korrelationen, die für Menschen nicht erkennbar sind, und helfen, heutige Probleme in neuen Situationen zu lösen. Das könnte etwa im Energiesektor zur immer komplexer werdenden Koordinierung der Energieträger und zur Stabilität der Stromnetze beitragen.Der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Produktion verspricht laut Boston Consulting deutschen Industrieunternehmen 60 Mrd. Euro an zusätzlicher Wertschöpfung, davon rund 50 Mrd. Euro durch Kostensenkung. Rund 25 Mrd. Euro entfallen auf die Reduzierung des Personalaufwands sowie ebenfalls rund 25 Mrd. Euro auf Effizienzsteigerungen – etwa durch vorausschauende Wartung und einen optimierten Betrieb. Weitere 10 Mrd. Euro entfallen auf zusätzlichen Umsatz durch die gestärkte Position in der Konkurrenz gegen ausländische Wettbewerber. Das geht aus der Studie “The Ghost in the Machine” der Boston Consulting Group hervor. Die Unternehmensberatung hat dafür Produktionsmanager von rund 1 100 Industrieunternehmen weltweit zu ihren Einsatzfeldern für künstliche Intelligenz befragt.Während die Unternehmen in den USA und in China im weltweiten Vergleich beim Einsatz künstlicher Intelligenz vorne liegen, belegt Deutschland nur eine mittlere Position – auf dem sechsten Platz hinter Polen – und droht weiter zurückzufallen. “Wollen deutsche Industrieunternehmen ihre internationale Führungsposition behaupten, müssen sie deutlich stärker und schneller auf neue Technologien und intelligente Automatisierung setzen”, so Boston-Consulting-Partner Markus Lorenz. “Zu wenig Kompetenz”Als Beispiel für ein Unternehmen, das wegen des Verzichts auf den Einsatz künstlicher Intelligenz vom Markt verdrängt wurde, nennt er den Kamerahersteller Olympus, der das Feld für neue Wettbewerber wie den Darmstädter Automatisierungsspezialisten Isra räumen musste, die frühzeitig auf maschinelle Bilderkennung setzten – anstatt wie bisher an der Qualität der Kamera selbst weiter zu feilen.Fast 70 % der befragten Führungskräfte geben an, dass ihr Unternehmen über zu wenige Kompetenzen in der künstlichen Intelligenz verfügt, um neue Technologien schneller einzuführen. Das gelte vor allem für die Bereiche Datenmanagement, Analyse und Programmierung. Besonders großen Aufholbedarf haben im Branchenvergleich laut Boston Consulting die Prozessindustrie, der Maschinenbau und der Pharmasektor, wo künstliche Intelligenz in der Medikamentenentwicklung zur Simulation der Wirkung verschiedener Moleküle kostensparend und beschleunigend wirken könnte.Besonders weit vorne beim Einsatz künstlicher Intelligenz sind dagegen die Transportbranche, die Autoindustrie sowie der Energie- und Konsumgütersektor.