Werkzeugmaschinenbau erwartet Produktionsknick
lis Frankfurt – Die deutschen Werkzeugmaschinenhersteller blicken sorgenvoll in die Zukunft. 2020 und die folgenden Jahre werden “große Herausforderungen” für die Branche bereithalten, “wie schon lange nicht mehr”, stimmte der Vorsitzende des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW), Heinz-Jürgen Prokop, bei der Jahrespressekonferenz in Frankfurt auf magere Zeiten ein. Die Kapazitätsauslastung habe im Januar mit 81,9 % fast ein Zehntel unter Vorjahr gelegen, die langjährige Durchschnittsauslastung betrage 87 %. Für das gesamte Jahr rechnet der VDW mit einem Produktionsrückgang von 18 % – “das hat die Branche lange nicht gesehen”.Grund für die pessimistische Prognose ist eine stark rückläufige Nachfrage – diese Entwicklung habe bereits im zweiten Halbjahr 2018 eingesetzt und 2019 “richtig Fahrt aufgenommen”, so Prokop, Geschäftsführer der Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH, des größten Branchenvertreters. Das zweistellige Minus von mehr als einem Fünftel – es gelte in ähnlicher Größenordnung sowohl für die Inlands- als auch die Auslandsnachfrage – stelle die Weichen für das Produktionsergebnis 2020. Wann mit einer Erholung zu rechnen ist, ist laut Prokop zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzbar. Inland überraschtDer Werkzeugmaschinenbau leidet unter der Gemengelage aus Konjunkturschwäche, Strukturwandel in der Autoindustrie und Handelsstreitigkeiten, der Coronavirus könnte die Lage zusätzlich verschärfen. Die Investitionsneigung sei weltweit gedämpft, berichtet der VDW-Chef. Besser stehen nur kleinere Märkte wie Vietnam, Ungarn oder Polen da, was die Zurückhaltung in den großen Abnehmerländern nicht kompensieren kann. 2019 sind Lieferungen an die wichtigsten Märkte China und USA um 13 bzw. 15% zurückgegangen. Eine “kleine Überraschung” habe zuletzt der Heimatmarkt bereitgehalten, in Deutschland legte der Auftragseingang im Dezember um 2 % zu. Auch die besser als erwartet ausgefallene Entwicklung im vergangenen Geschäftsjahr stützt sich vor allem auf den Inlandsabsatz. Dieser sei mit einem Plus von 16 % das Zugpferd gewesen, während beim Export ein Minus von 9 % vermeldet werden musste, so der VDW. Die Produktion habe mit einem Rückgang um 1 % nahe dem Rekordniveau des Vorjahres verharrt. Die Branche hat laut Prokop 2019 von vollen Auftragsbüchern und einer hohen Kapazitätsauslastung profitiert, beides schmolz aber im Jahresverlauf dahin.Die Entwicklung im deutschen Werkzeugmaschinenbau gilt als guter Indikator für die Investitionsneigung in der gesamten Industrie. Die Branche hängt besonders stark von der Autoindustrie ab und stellt Maschinen zum Zerspanen, Bohren, Fräsen oder Biegen von Metall her. Mit seinen rund 74 000 Beschäftigten und etwa 17 Mrd. Euro Umsatz ist der Werkzeugmaschinenbau das Herzstück des gesamten Maschinenbaus. Als größter Branchenvertreter der Welt gilt die nicht gelistete Trumpf aus Ditzingen bei Stuttgart.Die Zukunft komplett in düsteren Farben malen wollte der VDW indes am Donnerstag nicht. Große Herausforderungen setzten auch Kräfte frei und böten Chancen, Positionen und Ziele zu überdenken und neue Strategien zu entwickeln, betonte Prokop. Der VDW-Chef nannte beispielhaft die digitale Vernetzung, den “Enabler für neue Geschäftsmodelle”. Der europäische Werkzeugmaschinenverband Cecimo habe ermittelt, dass nur 5 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Europa ihre Maschinen, Anlagen und Systeme flächendeckend vernetzt haben. “Das zeigt, welche Potenziale sich hier noch verstecken.”Der drahtlose Zugang zu Informationen in Echtzeit sei der Schlüssel für die Optimierung von Fertigungsprozessen, Kapazitäten, Energie- und Rohstoffverbräuchen. Laut Cecimo lasse sich zudem dank Digitalisierung die Gesamtstillstandszeit der Maschinen um 30 bis 50 % verringern und dabei gleichzeitig die Lebensdauer um 20 bis 40 % erhöhen. “In kritischen Zeiten nehmen Kunden diese Aspekte wieder stärker wahr und sind auch bereit, Verbesserungen zu bezahlen”, zeigt sich der VDW-Vorsitzende zuversichtlich.