DAS INTERNET DER DINGE

What's up?

Milliardenschwere Start-ups - Digital belebt M & A-Markt langsam - Bewertung mit Clicks und Prinzip Hoffnung

What's up?

Von Walther Becker, FrankfurtWas geht da ab? Sind 19 Mrd. Dollar für einen Chatdienst angemessen? Ist ein Mischmasch aus defizitären Online-Portalen 7,2 Mrd. Euro “wert”? Was rechtfertigt 40 Mrd. Dollar für einen Taxi-Wettbewerber?Der Preis, den Facebook für Whatsapp, wenn auch größtenteils mit inflationierten eigenen Aktien, gezahlt hat, die momentane Börsenwertung der deutschen Start-up-Schmiede Rocket Internet und die in Venture-Runden rasch auf ungeahnte Höhen geschraubte Bewertung von Uber: “logic of crazy valuation”? Wo kein Mittelzufluss ist, da versagt die Bewertung nach Discounted Cash-flow, und wo kein Gewinn, da auch kein Verhältnis zum Kurs.Getrieben von der Liquiditätshausse und den offenen Schleusen der Notenbanken ist in diesem Jahr ein wahrer Run auf junge und jüngste Unternehmen zu beobachten gewesen, wenn Wagniskapitalisten zweistellige Millionensummen schon der A-Runde zuschanzten – aus Start-ups werden da schnell Unternehmen mit der Bewertung eines Dax-Emittenten. Im Sog von Alibaba, die mit 24 Mrd. Dollar den größten Börsengang aller Zeiten aufs New Yorker Parkett legte, wollen Investoren auf den Zug springen – und vergessen dabei, dass Alibaba anders als Airbnb, Dropbox, Uber und Rocket Internet Geld mit ihrem Geschäftsmodell verdient. Bei dem Unternehmen aus China geht es nicht um die Bewertungsmultiples von “Clicks” und das Prinzip Hoffnung, sondern um echte Einnahmeströme. Der “11-digit club”, Start-ups mit einer Bewertung über 10 Mrd. Dollar, ist davon weit entfernt.Noch ist kaum absehbar, dass Vernunft einkehrt, auch wenn es in New York positive Signale gibt. So haben jüngst mit Venture Capital finanzierte Start-ups bei ihren Börsengängen Abstriche von ihren zuvor in privaten Finanzierungsrunden erreichten Bewertungen machen müssen. Teil des Problems ist, dass die als Barometer für manche junge Firma dienenden Giganten wie Google, Amazon oder Twitter Rückgänge in der Kursperformance verbuchen. Technologie-IPOs in den USA kamen 2014 bis Anfang Dezember auf Kurszuwächse von 1,2 % – verglichen mit 11 % im S & P 500-Index eine magere Ausbeute. Gier auf ÜberrenditeDer Druck wächst: Venture-Investments, also echte in junge Firmen geflossene Mittel, nicht Zuschreibungen aufgrund kleinerer Runden mit einem neuen Finanzier, sind bis Ende September in den USA auf 37 Mrd. Dollar geklettert, Das ist ein Volumen, das zuletzt auf dem Höhepunkt des Dotcom-Booms Ende der neunziger Jahre erreicht wurde. Und die VC-Fonds setzten auf den lukrativen Exit über die Börse. Die Gier auf Überrendite, vor allem mit Wetten auf das mobile Internet, ist so groß und die Mittel sitzen so locker, dass die am Ende der “New Economy” einst wichtige Cash Burn Rate kein Thema ist. Noch nicht. Traditionelle Aktienfonds, Hedgefonds, Family Offices oder Staatsfonds stecken Mittel in Later-Stage-Unternehmen, um schon vor dem IPO dabei zu sein. Das treibt die Bewertungen und drückt damit schon auf den Return, der im Median historisch für die letzte Finanzierungsrunde vor einem Börsengang bei 38 % lag und inzwischen nach Schätzungen von Investmentbankern auf 20 % geschrumpft sein soll.Konzerne haben längst entdeckt, dass sich aus den Ideen von Start-ups Kapital schlagen lässt. Zwar ist die Digitalisierung bisher noch kein wesentlicher Treiber des M & A-Marktes, doch schlagen Konzerne immer öfter bei jungen Unternehmen zu. Holger Bross, der das Investment Banking von BoA Merill Lynch in Deutschland und Österreich verantwortet, rechnet insgesamt auch 2015 mit Wachstum vor allem bei größeren Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 5 Mrd. Dollar. Die Transformation von Geschäftsmodellen sei bisher einer von mehreren relevanten Beweggründen, vor allem grenzüberschreitend. “In den USA spielt die Musik”, sagt Bross mit Blick auf M & A im Technologiesektor. Ein Spiel, 2,5 Mrd. DollarDort hatte sich im Spätsommer zum Beispiel Microsoft die Ein-Spiel-Firma Mojang (Minecraft) für 2,5 Mrd. Dollar zugelegt. Und das nach den Erfahrungen, die Investoren mit King Digital (Candy Crush) machten. 970 Mill. Dollar zahlte Amazon für das Spielestreaming-Portal Twitch. In der Werbewirtschaft geht es maßgeblich um Digitalisierung. So übernimmt die französische Publicis, die Nummer 3 der internationalen Reklamebranche, die zuvor die Fusion mit Omnicom verpatzt hatte, für 3,7 Mrd. Dollar in bar den digitalen US-Dienstleister Sapient. Gezahlt wird das 19-Fache des operativen Ergebnisses. Auch Familienunternehmen sind dabei. Die Bertelsmann-Tochter RTL bewertet die Online-Plattform Stylehaul in der Übernahme mit 121 Mill. Euro – bei geschätzt 25 Mill. Euro Umsatz. Und Bertelsmann berappte für den E-Learning-Anbieter Relias mit 43 Mill. Dollar an Erlösen stolze 540 Mill. Dollar.”Survival of the smartest”? Gründer und Venture-Capital-Gesellschaften, die Kasse machen, gehören mit Sicherheit dazu. Sequoia hat beim Verkauf von Whatsapp den Einsatz von 60 Mill. auf 3 Mrd. Dollar gesteigert. Da geht noch was.