"Wir bezahlen mehr, stabilisieren aber die Kreditratings"
Die Deutsche Bahn AG (DB) gehört auf dem Markt für Unternehmensanleihen zu den Routiniers. Mit der ersten Hybridanleihe probiert der hoch verschuldete Konzern jetzt etwas Neues aus, um die Kreditbonität nicht weiter unter Druck zu bringen. Der Verkauf der DB-Tochter Arriva soll trotzdem weiter gehen. Herr Doll, die Deutsche Bahn (DB) tritt regelmäßig auf dem Bondmarkt auf, das Volumen der ausstehenden Anleihen beträgt rund 20 Mrd. Euro. Jetzt setzen Sie zum ersten Mal eine Hybridanleihe auf die Schiene. Warum?Eine Hybridanleihe als zusätzliches Finanzierungsinstrument ermöglicht es der DB, ihre Investitionsoffensive in die Eisenbahn in Deutschland und damit ihre strategischen Ziele aus eigener Kraft kosteneffizient und zeitnah zu finanzieren. Bei einer Hybridanleihe handelt es sich ja um ein Instrument, das zwischen Fremd- und Eigenkapital angesiedelt ist. Im Rahmen der International Financial Reporting Standards (IFRS) werden 100 % des geplanten Emissionsvolumens von 2 Mrd. Euro als Eigenkapital angerechnet. Die Ratingagenturen schlagen 50 % dem Eigenkapital zu, was sich positiv auf unsere Kreditqualität auswirkt. Die Hybridanleihe unterstützt also unsere Ratings. Die Bundesregierung hat im Rahmen ihres Klimapakets angekündigt, die Bahn bis 2030 mit 11 Mrd. Euro Eigenkapital zu stärken. Reicht das nicht aus, um Druck von den Kreditratings zu nehmen?Das Instrument der Hybridanleihe finde ich gerade vor dem Hintergrund gut, dass wir aus eigener Kraft einen Beitrag zu unserer Finanzierung leisten. Natürlich ist es mir als Finanzvorstand wichtig, nicht nur “frisches Eigenkapital” vom Eigentümer zu erhalten. Auch wenn die Bahn ein besonderes Unternehmen mit einem übergeordneten Auftrag ist, müssen wir unseren Beitrag leisten. Perspektivisch soll auch der operative Beitrag der Organisation immer größer werden. Es geht hier übrigens streng genommen um keine Finanzierungslücke – wir können uns immer finanzieren. Nur wird das auf der Fremdkapitalseite irgendwann Rating-relevant. Wir wollen daher unser Eigenkapital stärken. Der Arriva-Verkauf geht in die gleiche Richtung. Apropos Arriva. Stehen die Pläne für die Trennung von der Tochtergesellschaft nach der Platzierung der Hybridanleihe auf dem Abstellgleis?Nein, der Dual-Track-Prozess zum Verkauf von DB Arriva läuft unabhängig weiter. Auch diese Mittel werden in die Finanzierung der größten Investitionsoffensive aller Zeiten für die Eisenbahn in Deutschland fließen. Wie sieht der weitere Fahrplan für die Hybridanleihe aus?Nach der Genehmigung durch den Aufsichtsrat im September haben wir die Einschätzungen der Wirtschaftsprüfer und der Ratingagenturen eingeholt. Am heutigen Mittwoch startet eine Roadshow bei Kerninvestoren in London, Paris, Frankfurt und Amsterdam. Die Platzierung wird voraussichtlich Anfang nächster Woche über die Bühne gehen. Welche Investoren werden angesprochen?Wir sprechen prinzipiell nur europäische Investoren an und erwarten einen klassischen Mix. Wegen des Eigenkapitalcharakters mit entsprechend anderen Ratings und anderen Zinsen werden vermutlich auch Investorengruppen dabei sein, die sich bei unseren übrigen Anleihen nicht angesprochen fühlen. Es geht um Long-Investoren, die einen Rendite-Aufschlag suchen. Mit welchen Konditionen gehen Sie an den Markt?Die genauen Konditionen stehen noch nicht fest. Was wir angekündigt haben ist, dass nach fünf oder zehn Jahren eine Call-Option gezogen werden kann, auch wenn die Laufzeit eigentlich unendlich ist. Die Hybridanleihe wird im aktuellen Zinsumfeld in jedem Fall für Anleger sehr attraktiv sein. Die bisher vier Anleihen aus dem laufenden Jahr konnte die Bahn ja zu sehr günstigen Konditionen platzieren.Wir bezahlen für die Hybridanleihe mehr, stabilisieren dank ihres Eigenkapitalcharakters aber die Kreditratings. Damit optimieren wir die Zinszahlungen, denn ein Downgrade der Kreditqualität wäre langfristig teurer. Wir schaffen also einen Vermögensvorteil. Es geht aus Finanzierungssicht auch um eine Erweiterung des Spektrums. Denn wir haben die klassischen Anleihen, dann haben wir das Eigenkapital des Bundes, Assets wie Arriva, die wir verkaufen wollen, und zusätzlich nun das Hybridkapital, das wir bisher nicht hatten. Das ist Neuland für uns, gleichwohl handelt es sich um ein etabliertes und an den Finanzmärkten lange bewährtes Instrument. Bei Unternehmen wie Volkswagen oder bei Energieversorgern ist es schon lange Teil der Kapitalstruktur. Merck hat vor Kurzem ebenfalls eine Hybridanleihe begeben, um ihre Akquisition in den USA zu finanzieren und das Rating zu stabilisieren. Könnte die Bahn die guten Bedingungen am Kapitalmarkt schon bald für weitere Emissionen von Hybridanleihen nutzen?Das Schöne ist ja, dass wir uns mit dem Instrument eine neue Investorenbasis erschließen, einen neuen Kapitalmarktzugang. Auch haben wir die Kapazität, perspektivisch weitere Hybridanleihen zu platzieren. Aktuell ist aber keine weitere Hybridanleihe geplant. Ist bei entsprechender Nachfrage denn auch ein höheres Volumen für die jetzt geplante Emission vorstellbar?Üblicherweise werden Hybridanleihen erst ab 1 Mrd. Euro Volumen begeben, der “Sweet Spot” für Investoren liegt zwischen 1 Mrd. und 2 Mrd. Euro. Ich halte 2 Mrd. Euro für die derzeit richtige Summe. Ob wir später das Volumen erhöhen, werden wir bei Bedarf gemeinsam mit unserem Aufsichtsrat und Eigentümer sehen. Welche Banken stehen bei der Emission in der ersten Reihe?Wir arbeiten mit J.P. Morgan und Goldman Sachs als Structuring Agents und Book Runners, weitere Book Runners sind Barclays und Commerzbank. Das Interview führten Claus Döring und Stefan Paravicini.