"Wir müssen uns ein Stück weit neu erfinden"
Nach dem Rekordjahr 2019 steht der Immobilienentwickler UBM vor schwierigeren Zeiten. Vor allem im Hotelsegment drohen Einbußen. Denn dieser Sektor ist aufgrund der coronabedingten Beschränkungen in die Krise gestürzt. Im laufenden Jahr wollen die Österreicher operativ in schwarzen Zahlen bleiben.Von Helmut Kipp, FrankfurtDie Corona-Pandemie hat das Ende des langen Immobilienbooms eingeleitet. Damit steht auch der österreichische Projektentwickler UBM vor schwierigeren Zeiten. Die weitere Entwicklung der Nachfrage sei mit großen Unsicherheiten behaftet, sagt Vorstandschef Thomas Winkler. Transaktionen könnten sich verschieben: “Eine Prognose für 2020 wäre nicht seriös.” Aus heutiger Sicht geht der CEO im Gespräch der Börsen-Zeitung aber davon aus, dass UBM das laufende Jahr mit operativem Gewinn abschließen wird. Im vergangenen Jahr standen unter dem Strich 50,1 Mill. Euro Nettogewinn (2018: 39,5 Mill. Euro).UBM bezeichnet sich als führender Hotelentwickler in Europa, ist aber auch im Wohnungs- und Bürobau tätig. 43 % der Projektpipeline von 2,5 Mrd. Euro für die vier Jahre von 2020 bis 2023 entfallen auf Hotels, 41 % auf Wohnen und 16 % auf Bürogebäude. Regional liegt der Fokus auf Deutschland (44 %) und Österreich (38 %). Im Bürobereich hat UBM beispielsweise die Zentralen des Online-Modehändlers Zalando in Berlin und des Online-Marktplatzbetreibers Scout24 errichtet.Die Corona-Pandemie stelle für UBM eine Zäsur dar, sagt Winkler. In den nächsten Jahren werde sich das Geschäft erheblich verändern: “Wir müssen uns ein Stück weit neu erfinden. Der Bedarf ändert sich, die einzelnen Assetklassen rücken zusammen.” Die Hotelentwicklung werde schrumpfen, der Wohnungsanteil steigen.Bei einer U-förmigen Erholung der Wirtschaft, bei der auf die Krise ein starker Aufschwung folgt, werde sich der Kampf um das schrumpfende Immobilienangebot wieder verschärfen. Eine L-förmige Entwicklung, also eine lange Rezession, würde dagegen bedeuten, “dass unsere Rekordpipeline auf rund die Hälfte geschrumpft werden müsste”.Strategisch sieht der 1963 geborene Manager UBM als reinen Projektentwickler. Ein solches Unternehmen verdiene in Boomjahren sehr gut, weil die Immobilien zu hohen Preisen verkauft werden könnten, und in der Krise profitiere es davon, Projekte günstig einkaufen zu können. Das Bestandsgeschäft macht noch ein Viertel des Immobilienportfolios aus. Es sei von 750 Mill. auf 336 Mill. Euro Buchwert per Ende 2019 abgebaut worden und soll auf längere Sicht weiter zurückgefahren werden, sagt der CEO. Die verbliebenen Objekte gehören den Österreichern oft zusammen mit Partnern, so dass ein Verkauf nicht so einfach umzusetzen ist.UBM sei ein Schiff, das mit Volldampf in eine nicht angekündigte Nebelbank geraten sei. Daher wurde die Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert. So konzentriert sich der Konzern im Hotelgeschäft auf die sieben Projekte (von 16), die sich im Bau befinden. Die anderen Vorhaben stünden auf Hold, darunter der Central Tower in Berlin. Von den sieben Hotels, an denen gebaut wird, sind drei verkauft, zwei an Union Investment und eins an die Württembergische Versicherung. Bei den anderen vieren richte man sich darauf ein, diese entgegen der eigenen Strategie, als reinrassiger Developer aufzutreten, zunächst in den eigenen Bestand zu nehmen. Ausschüttungsquote sinkt”Alle Hotel- und Büroimmobilien, die 2020 fertiggestellt werden, wurden vor der Coronakrise forward verkauft”, sagt der frühere Finanzvorstand von T-Mobile und IR-Manager von Telekom-Chef Ron Sommer. Bei den Erwerbern handele es sich um bonitätsstarke Adressen wie Versicherungen oder Fonds. Daher hat Winkler keine Sorgen, dass die Abnehmer ausfallen könnten. Bei den Wohnungen seien im Schnitt 70 % der in Bau befindlichen Einheiten veräußert.Belastungen ergeben sich vor allem aus der Verpachtung der 13 eigenen Hotels. Hier schlagen die Folgen der Reisebeschränkungen und Hotelschließungen ins Kontor. Die Österreicher rechnen in diesem Geschäft mit 10 Mill. Euro Verlust vor Steuern im laufenden Jahr. Pächter der Hotels sind große Betreiber, zum Beispiel Holiday Inn.Die Dividende für das bisher beste Geschäftsjahr belässt UBM bei 2,20 Euro je Aktie, so dass die Ausschüttungsquote auf 31 % des Jahresüberschusses sinkt gegenüber 41 % in den Vorjahren. Den Verzicht auf eine höhere Dividendenauszahlung wertet Winkler als Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf die zu erwartende Rezession. Absolute Priorität habe die Sicherung der Liquidität: “Das ist der Treibstoff, der es erlaubt, das Schiff manövrierfähig zu halten.” Die Bilanz weist eine Eigenkapitalquote von 35 % auf, die liquiden Mittel betragen mehr als 200 Mill. Euro. Größter Aktionär ist das Syndikat aus den Gruppen IGO-Ortner und Strauss mit 38,8 % der Aktien, die auch den Baukonzern Porr kontrollieren. Weitere 6,1 % hält IGO-Ortner außerhalb des Syndikats. Der Börsenwert liegt bei 273 Mill. Euro.In der Finanzierung nutzt UBM Anleihen – die zuletzt platzierte Schuldverschreibung ist mit 2,75 % zu verzinsen. Die Einnahmen fließen als Kapital in Immobilienprojekte – laut Winkler ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die zweistellige Zinssätze für Mezzaninekapital zahlen müssen.