"Wir sind durch die Manöver von Elliott nicht behindert"
Vodafone Deutschland will im Geschäftsjahr 2015/16 beim Gesamtumsatz wieder zulegen. Konzernchef Jens Schulte-Bockum rechnet dann auch mit einer steigenden Profitabilität. Zuletzt lag die operative Marge bei 32% im Halbjahr. Den neuen Störmanövern von Elliott, die für den kommenden Freitag eine weitere außerordentliche Hauptversammlung von Kabel Deutschland erzwungen hat, sieht er gelassen entgegen.- Herr Schulte-Bockum, am kommenden Freitag findet die außerordentliche Hauptversammlung von Kabel Deutschland statt, die auf Betreiben von Elliott einberufen wurde, weil der Hedgefonds mehr Geld will. Was erwarten Sie von diesem Aktionärstreffen?Wir haben es hier mit einem sehr sportlichen Gegner zu tun, der versucht, aus der Übernahmesituation Kapital zu schlagen. Er nutzt dabei Schwächen im deutschen Übernahmerecht aus. Nun werden sie uns erneut vorwerfen, dass wir den Kabel-Deutschland-Aktionären keinen auskömmlichen Preis für ihre Anteile gezahlt haben. Ich denke, wir sind sehr gut gerüstet, weil alles mit rechten Dingen zugegangen ist – und das können wir auch zeigen. 75 % der Kabel-Deutschland-Aktionäre haben das Vodafone-Angebot angenommen. Dass sich nun ein Hedgefonds da reinklemmt, das muss man nun erdulden.- Rechnen Sie damit, dass Elliott weitere Gutachten erzwingt, die nochmals die Vorgänge in den Übernahmeverhandlungen beleuchten und die Bewertung von Kabel Deutschland in Zweifel ziehen?Elliott kann vieles fordern. Ob sie damit durchkommen, steht auf einem anderen Blatt. Es geht ja um den Bericht über die Sonderprüfung, die bereits erstellt wurde. Wir haben uns das sehr genau angesehen. Die Vorwürfe darin sind haltlos. Insofern sehen wir dem kommenden Freitag mit großer Gelassenheit entgegen.- Inzwischen ist wie üblich ein Spruchstellenverfahren eingeleitet worden. Wie ist da der Stand der Dinge, gibt es schon einen ersten Anhörungstermin?Das läuft im Hintergrund, solche Verfahren dauern ja üblicherweise recht lange. Den ersten Termin gibt es Mitte des Jahres.- Sie sagen selbst, Elliott befindet sich in einer komfortablen Lage, für Vodafone dagegen bestehen Risiken, wie sie ein solches Spruchstellenverfahren für gewöhnlich mit sich bringt. Eröffnet diese Situation nicht ganz allgemein Spielräume für allerlei Rechenexempel?Ich denke, es ist in diesem Zusammenhang wichtig, daran zu erinnern, dass wir durch die Manöver von Elliott in keiner Weise behindert sind. Insofern haben wir keinen Handlungsdruck. Wir können auf Basis unseres Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bei Kabel Deutschland alles umsetzen, um für den Kunden in Deutschland ein hervorragendes konvergentes und integriertes Angebot auf die Beine zu stellen.- Allerdings bindet die Auseinandersetzung Ressourcen, und auch ein Squeeze-out ist praktisch außer Reichweite. Streben Sie den nicht an?Ich hoffe, Sie können verstehen, dass ich mich dazu derzeit nicht äußern möchte.- Wie ist denn operativ der Stand der Integration?Wir sind sehr gut vorangekommen im vergangenen Jahr. Das fängt an bei der Präsenz des Kabel-Deutschland-Managements in der Unternehmensspitze. KDG-CEO Manuel Cubero verantwortet in der Vodafone-Geschäftsführung das gesamte Festnetzgeschäft. Andreas Siemen leitet das Finanzressort im gesamten Konzern. Ich denke, das ist ein gutes Signal auch für die Mitarbeiter. Kabel Deutschland ist ein werthaltiger und wichtiger Bestandteil des Vodafone-Auftritts in Deutschland. Hinzu kommen nun auch die ersten geschäftlichen Erfolge. In der Vergangenheit hat sich Kabel Deutschland immer mit Unitymedia gemessen, die bis vor zwei Quartalen ein höheres Nettokundenwachstum hatte als KDG; jetzt hat sich das gedreht, und das spricht dafür, dass wir jetzt auch Synergien und eine Wachstumsbeschleunigung sehen. Im Weihnachtsquartal hatten wir 40 % mehr Wachstum als Unitymedia, und da sind noch nicht die Kunden eingerechnet, die wir von Vodafone DSL auf die Kabelnetze migrieren. Hier kommt zum Tragen, dass auch die Vodafone-Vertriebskanäle ihren Beitrag leisten.- Sie hatten im Mai vergangenen Jahres angekündigt, dass Vodafone im laufenden Turnus 1 Million neuer Festnetzkunden gewinnen will. Wird das erreicht?Das werden wir schaffen. In diesem Geschäftsjahr, also bis Ende März, werden wir im Kabel- und DSL-Netz zusammen 1 Million neuer Kunden gewinnen. Beim Nettokundenwachstum lagen wir im letzten Quartal über beide Netze zusammen in der Größenordnung von 100 000. Das Nettokundenwachstum im Markt landet derzeit fast ausschließlich bei Vodafone und Unitymedia, die Telekom hat 2014 überhaupt keine Kunden gewonnen. Wir gewinnen Marktanteile im Festnetz, und zwar ordentlich.- Wie läuft es mit der Migration Ihrer Festnetz-DSL-Kunden auf das Kabel, können Sie schon eine Hausnummer nennen, wie viel TAL-Miete Sie einsparen?Das ist inzwischen auch angelaufen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir die entsprechenden Prozesse sauber aufgestellt hatten. Da sind Kunden teilweise etwas verunsichert worden. Aber wir haben dazugelernt und sind inzwischen bei den Schlagzahlen der Migration leicht über Plan. Wir halten daran fest, dass wir am Ende gut eine halbe Million DSL-Kunden migrieren wollen. Zwischenziele möchte ich nicht nennen.- Sie hatten damals auch gesagt, dass Sie Ihre Wachstumsziele mit erhöhtem Marketingaufwand begleiten müssen und daher die Profitabilität etwas leidet. Ihre operative Marge stand im ersten Halbjahr bei 32 %. Wie hat sie sich entwickelt?Wir haben in der Vergangenheit in der Tat mehr ins Marketing investiert. Das war wichtig, um mit dem Wettbewerber aus Bonn wieder auf Augenhöhe zu kommen. Heute haben wir deutlich attraktivere Tarife für unsere Kunden im Markt als noch vor ein oder zwei Jahren. Natürlich geht so etwas kurzzeitig zulasten der Marge. Aber es ist zuweilen notwendig, um sich im Markt vorne zu behaupten. Neben einem Spitzennetz braucht es auch attraktive Angebote.- Rechnen Sie 2015 mit einer Ertragswende?Wir wollen im nächsten Turnus 2015/16 wieder auf Wachstumskurs kommen. Im Weihnachtsquartal waren wir schon sehr nah dran. Und wenn die Umsätze wachsen, gehe ich davon aus, dass auch die Profitabilität wieder anzieht.- Die neue Telefónica ist ebenfalls am Start. Von der Konsolidierung im Markt hatte man sich ebenfalls eine Beruhigung im Wettbewerb erhofft. Wie sehen Sie das?In einem Markt mit drei Wettbewerbern bewegen wir uns immer noch in einem hochkompetitiven Umfeld.- Wie viel investieren Sie im Verhältnis zum Umsatz?Wir liegen derzeit bei deutlich über 20 %. Das ist vor allem geprägt durch unser Netzmodernisierungsprogramm. Wir investieren deutlich mehr als die kleineren Wettbewerber. Die Entwicklung bei Telefónica Deutschland bleibt abzuwarten. Ich denke, die Kunden, die Smartphones nutzen und immer anspruchsvoller werden, setzen den Standard. Wir sind da gut vorbereitet.- Wie steht es mit der Integration der Netze?Wir haben begonnen, viele unserer Mobilfunkstationen ans Kabelnetz anzuschließen. Das hat sich technisch als sehr vorteilhaft erwiesen und erspart teilweise die Nutzung von Telekom-Glasfaser an dieser Stelle. Nun schauen wir uns die Backbone-Strukturen, also die Kernnetze, sowohl national als auch in den Regionen an. Da kommen wir gut voran.- Gibt es noch personelle Redundanzen?Wir haben immer gesagt, dieser Zusammenschluss ist ein Wachstumsszenario. Einige wenige Standortverlagerungen wird es geben, die eine zweistellige Zahl von Mitarbeitern betreffen. Die ziehen von München nach Düsseldorf und umgekehrt. Dafür werden die üblichen Sozialpläne entworfen. Wir sind in den Endverhandlungen mit den jeweiligen Betriebsräten. Solange wir zusammen schneller wachsen, als Kabel Deutschland das bisher alleine konnte, werden wir uns über Redundanzen nicht unterhalten müssen. Und da bin ich sehr zuversichtlich.- Eine Frage zur anstehenden Mobilfunkauktion, deren Design von Telefónica Deutschland kritisiert wird, weil die eingeworbenen Mittel so umgelenkt werden könnten, dass die Telekom profitiert. Teilen Sie diese Befürchtung?Wir zahlen der Telekom heute noch jedes Jahr rund 500 Mill. Euro Miete für ein Netz, dessen Leitungen die Generation unserer Väter in die deutsche Erde gelegt hat. Dass die Mobilfunker der Telekom jetzt den Ausbau dieses Netzes auch noch finanzieren sollen, halte ich für extrem fragwürdig. Die Auktion an sich aber ist vernünftig angesetzt. Es ist gut, dass auch die Telefónica-Frequenzen unter den Hammer kommen, die die Münchner im Zuge der Fusion zurückgeben mussten, und neue Frequenzbänder für die Branche geöffnet werden. Mehr Frequenzen heißt mehr Möglichkeiten für die Branche. Mit dem neuen Spektrum können wir unsere Netze noch leistungsstärker machen – und die digitale Zukunft Deutschlands vorantreiben.—-Das Interview führte Heidi Rohde.