"Wir sind keine Schnäppchenjäger"
Die auf Mittelständler spezialisierte Beteiligungsholding Indus verhandelt zurzeit über weitere Übernahmen. Insgesamt 1800 Unternehmen stehen auf der internen Einkaufsliste, sagt Vorstandschef Jürgen Abromeit, den die neue Konkurrenz auf dem M&A-Markt nicht schreckt. Die Preise für die Unternehmen sind allerdings deutlich gestiegen.- Herr Abromeit, wie ist das Jahr 2014 für Indus gelaufen?Wir hatten das mit Abstand beste Jahr unserer Geschichte. Beim Umsatz haben wir wie erwartet leicht zugelegt. Und bei unserem operativen Ergebnis ist uns ein großer Schritt nach vorn gelungen. Das Ebit lag bei 127 Mill. Euro – eine Verbesserung um fast 7 %. Belastungen von rund 4 Mill. Euro aus unserer Tochterfirma Nisterhammer, die wir im letzten Jahr abgewickelt haben, sind in diesen Zahlen zwar nicht enthalten. Diese sind nur im Nettoergebnis zu finden. Das ändert an meinem Fazit aber nichts: Die von uns eingeschlagene Wachstums- und Optimierungsstrategie wird zunehmend auch im Ergebnis sichtbar.- Wird das auch 2015 so sein?Auch 2015 wird ein gutes Jahr für Indus werden. Wir gehen auch nach diesem guten Jahr 2014 nicht mit irgendwelchen Moll-Tönen in die Zukunft. Im Gegenteil: Unser Wachstumsweg wird fortgesetzt. Der Start in das Jahr war schon voll im Plan. Wir haben zurzeit einen sehr hohen Auftragsbestand in den Büchern.- Dazu hat sicher auch der Akquisitionskurs beigetragen, oder? Wie fällt hier Ihr Zwischenfazit aus?Wir haben 2013 und 2014 insgesamt elf Zukäufe abschließen können. Dabei haben wir vier neue Tochterunternehmen ins Portfolio genommen. Die weiteren sieben Transaktionen waren sämtlich strategische Zukäufe. Für diese Akquisitionen haben wir in beiden Jahren gut 80 Mill. Euro in die Hand genommen. Man darf aber nicht vergessen, dass wir auch das organische Wachstum der Gruppe mit je rund 50 Mill. Euro unterstützt haben. Meine Botschaft lautet daher: Indus investiert jedes Jahr rund 100 Mill. Euro in Wachstum – in internes wie in externes. Unser Ziel ist ein ausgeglichenes, risikodiversifiziertes Portfolio, das auf Wachstum getrimmt ist.- Das Akquisitionstempo mit rund fünf Zukäufen pro Jahr wollen Sie auch in Zukunft beibehalten?Ja. Es können aber auch einmal nur zwei oder auch sieben Transaktionen im Jahr sein. Unser Plan sieht bislang die erwähnten Investitionen von 100 Mill. Euro im Jahr vor, auch für 2015. Angesichts des positiven Umfeldes für uns könnte es aber auch sein, dass sich die Gremien von Indus in den nächsten Jahren auch noch ein höheres Niveau vorstellen können.- Sie sprechen von einem positiven Umfeld? In der derzeitigen Niedrigzinsphase müsste es doch immer mehr Konkurrenz geben, wenn Sie sich für einen Mittelständler interessieren.Wir sind keine Schnäppchenjäger, auch wenn wir natürlich nicht zu jedem Preis kaufen. Wir haben uns auf mittelständische Nachfolgeregelungen spezialisiert. Und davon gibt es über 30 000, die in Deutschland anstehen. Von diesen Unternehmen haben wir rund 1 800 auf unserer internen Einkaufsliste. Mit diesen Unternehmen sind wir sehr gut verdrahtet und zum Teil auch schon in exklusiven Gesprächen. Die Dinge müssen sich dann langsam entwickeln. Wir kaufen ja nicht wie Private-Equity-Firmen anlassbezogen, in Bieterverfahren und damit häufig viel zu teuer. Wir kennen unsere Unternehmer und hegen und pflegen auch die Beziehungen. Das ist ein völlig anderes Akquisitionsgeschäft. Wir suchen uns aus den 20 bis 25 Unternehmen, die wir pro Jahr intensiv prüfen, rund fünf für eine Übernahme aus. Wir wählen aus. Das ist uns wichtig.- An diesem Prozedere hat sich nichts geändert?Nein, weil wir uns ja dem kompletten Equity-Markt entzogen haben. Mich ruft der Unternehmer an. Er trifft sich mit mir in kleiner Runde, und dann reden wir auf Augenhöhe. Eine Bewertung spielt da erst einmal eine sekundäre Rolle. So kommen wir auch zu Abschlüssen. Wir müssen uns die Transaktionen nicht erkaufen. Das ist, wenn man so will, ein Indus-spezifisches Umfeld.- Das Umfeld ist heute aber schon ein anderes als bei ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren.Natürlich. Im M & A-Bereich sind grundsätzlich viel weniger Mittelständler auf dem Markt. Viele Unternehmen spüren zugleich einen Anlagedruck. Das treibt natürlich die Preise hoch. Die Preise für deutsche Unternehmen sind in den vergangenen zwei Jahren spürbar gestiegen. Die Multiplikatoren liegen heute 10 bis 15 % höher. Es ist nicht die Zeit für Schnäppchen. Außerdem: Wenn ein Mittelständler heute sein Unternehmen verkauft – was macht er dann mit dem Geld, das er hierfür bekommt? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zahlreiche Verkäufe zurzeit zurückgehalten werden, was zu einer weiteren Verknappung des Angebots führt. In diesem speziellen Umfeld hat Indus aber mit seiner Strategie der langfristigen Direktansprache eine ganz andere Plattform, auf der wir uns um Targets bemühen können. Das unterscheidet uns.- Wer sind denn die neuen Wettbewerber, die sich ebenfalls um Mittelständler bemühen?Zum Beispiel Family Offices, die ja heutzutage mit M & A-Experten und Portfoliospezialisten äußerst professionell aufgestellt sind. Mangels festverzinslicher Wertpapieranlagen gehen außerdem immer mehr Pensionsfonds, Stiftungen und andere Organisationen, die vorhandenes Geld vernünftig anlegen müssen, auf den Mittelstand zu, nicht selten ebenfalls mit langfristigen und nachhaltigen Konzepten. Die Private-Equity-Szene ist dagegen im Mittelstandsmarkt nicht so stark aufgestellt, weil sie zu sehr auf einen schnellen Erfolg oder Sanierungen setzt. In Deutschland ist Indus aber trotz der neuen Konkurrenz noch immer weit vorn, und auch in Europa gehören wir zu den Top-Adressen.- Wie sieht es mit der Liquidität für weitere Zukäufe aus?Wir haben aktuell eine Liquidität von rund 130 Mill. Euro und damit mehr als die 100 bis 110 Mill. Euro, die wir zuletzt üblicherweise zum Jahreswechsel aufgewiesen haben. Das liegt auch daran, dass 2014 gut gelaufen ist. Mit dieser Liquidität und dem erwarteten operativen Cash-flow unserer 42 Töchter werden wir auch 2015 wieder problemlos in der Lage sein, unsere Wachstumsinvestitionen zu finanzieren.- Sie hatten einmal gesagt, Indus könne alle drei bis vier Jahre eine Kapitalerhöhung gebrauchen. 2015 steht ein solcher Schritt offenbar nicht an, oder?Ein klares Nein. Wir haben genügend eigene Kraft, genügend eigene Erträge, um das angepeilte Wachstum auch so zu gestalten. Wir hatten zuletzt eine Kapitalerhöhung im Winter 2013. Ich kann mir nach derzeitigem Stand keinen vergleichbaren Schritt im Jahr 2015 vorstellen, auch wenn wir von der Hauptversammlung dafür schon eine Ermächtigung bekommen haben.- Sie haben verschiedene Wachstumsfelder vorgegeben, in denen Indus sich auch extern verstärken will. Dazu gehört der Bereich Medizin- und Gesundheitstechnik, in dem es ja 2014 schon eine größere Akquisition gab. Wie geht es speziell in dieser Sparte weiter?Das ist heute zwar noch unser kleinstes Segment, das aber viel Perspektive hat. Die Ertragskraft ist hier schon jetzt sehr gut. Wir haben 2014 ganz speziell in den Bereich Reha-Technik investiert und die Mehrheit an dem Familienunternehmen Rolko Kohlgrüber aus Ostwestfalen übernommen. Die Akquisition war aber nur der Anfang für weitere Schritte. Zum Jahreswechsel hat unsere Tochter OFA Bamberg dann noch einen neuen Standort im sächsischen Glauchau von der ESDA übernommen. OFA hat sich spezialisiert auf medizinische Kompressionsstrümpfe, Bandagen und Orthesen, also Spezialprodukte für Apotheken und Sanitätshäuser. Die Übernahme von Glauchau war eine sehr sinnvolle Erweiterungsmöglichkeit des Geschäfts.- Also sind in der Medizin- und Gesundheitstechnik noch weitere Zukäufe zu erwarten?Ja, damit kann man schon in Kürze rechnen. Wir werden bei unseren Akquisitionen in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf den Ausbau der Medizintechnik-Sparte legen. Nehmen wir zum Beispiel die OFA, über die ich gerade sprach. Das Unternehmen will im wichtigen Produktbereich Orthopädie, der heute rund 20 % zum Gesamtumsatz beiträgt, weiter wachsen. Man könnte sich auch eine Akquisition in diesem speziellen Bereich vorstellen. Die OFA will sich in den nächsten Jahren nämlich auf jeden Fall als Premiumanbieter im Bereich Orthopädie durchsetzen. Und Indus wird Mittel frei machen, um diesen Wachstumskurs der OFA entsprechend zu unterstützen.- Eines Ihrer Ziele war auch eine stärkere Internationalisierung. Was hat Indus auf diesem Weg schon erreicht?Die stärkere Internationalisierung hat den Hintergrund, dass Deutschland und große Teile Europas kaum mehr wachsen. Und deshalb müssen sich auch Mittelständler neue Absatzmärkte suchen. Das Weltwachstum kommt in den nächsten Jahren in erster Linie aus den USA und etwas gedämpft auch aus Asien. Da spielt künftig die Musik, und deshalb unternimmt Indus enorme Anstrengungen, um seine Töchter fit zu machen, in diesen Märkten noch stärker zu werden. Unser Umsatzanteil in Deutschland ist heute bereits auf rund 50 % gesunken, während das außereuropäische Geschäft kontinuierlich zunimmt. Vor zehn Jahren waren das noch 65 %.- 2014 war auch ein Jahr der globalen Krisen. Stichworte Ukraine, Syrien, Ebola.Ja, aber das ändert nichts an dem ganz klaren Bekenntnis zur weiteren Internationalisierung. Das Thema Russland tangiert uns im Übrigen wenig, denn wir haben wenig Geschäftsvolumen in Russland. Nur eine unserer Beteiligungen hat dort eine direkte Tochter. Keine unserer Beteiligungen stellt Produkte her, die auf der Embargoliste stehen.- Und wie sieht es in der Schweiz aus? Wie hat Indus die Franken-Aufwertung getroffen?Wir haben vier Tochterunternehmen in der Schweiz, die harte Zeiten mitmachen. Die dramatischen Veränderungen auf der Währungsseite haben eigentlich schon vor zwei Jahren begonnen. Die Schweiz verliert immer mehr ihre Wettbewerbsfähigkeit. Als Produktionsstandort ist das Land einfach zu teuer geworden. Wir haben deshalb schon vor einiger Zeit damit begonnen, Produktionsstätten unserer Töchter zu optimieren und in Teilen zu verlegen, zum Beispiel nach Serbien oder auch in den Euroraum. Das Ergebnisrisiko in der Schweiz ist für uns deshalb überschaubar. Wir gehen aber davon aus, dass der Euro auch nachhaltig schwach bleiben wird.—-Das Interview führte Andreas Heitker.