IM GESPRÄCH: PASCHALIS CHOULIDIS UND ANDRÉ DRIESEN

"Wir sind nicht auf Konfrontation aus"

Drillisch räumt neuem Großaktionär "Rechte" ein - Über Shops mehr Wettbewerb mit Freenet - Läden sollen 2015 ergebnispositiv sein

"Wir sind nicht auf Konfrontation aus"

Drillisch will dem neuen Großaktionär konstruktiv begegnen. Zugleich setzt Konzernchef Paschalis Choulidis weiter auf Wettbewerb, wobei der Mobilfunkanbieter aus Maintal mit dem Aufbau eines neuen Standbeins auf Basis von 300 erworbenen Shops noch einen Zahn zulegt. Die Kasse ist bei Drillisch noch gut gefüllt, weitere Akquisitionen nicht ausgeschlossen.Von Heidi Rohde, FrankfurtDrillisch ist vom Einstieg des Wettbewerbers United Internet überrascht worden. “Die Banken haben gute Arbeit geleistet und das Beteiligungspaket vollkommen geräuschlos aufgebaut”, räumt Vorstandssprecher Paschalis Choulidis im Gespräch mit der Börsen-Zeitung ein. Über die weiteren Absichten des neuen Großaktionärs wolle er nicht “spekulieren”, erklärt der Manager, betont aber zugleich: “Wir sind nicht auf Konfrontation aus.” Daher werde der Aufsichtsrat einem Gesuch von United Internet auf Entsendung eines Vertreters in dieses Gremium wohl entsprechen. “Wir wissen, dass ein Großaktionär Rechte hat”, sagt Choulidis unter Verweis auf die eigenen Erfahrungen als eher unwillkommener einstiger Anteilseigner von Freenet.Der Konkurrent aus Montabaur, mit dem Drillisch bereits eine partnerschaftliche Vergangenheit verbindet, hatte Ende April den Aufbau eines 20,7-prozentigen Aktienpakets offenbart, will aber nach offiziellen Angaben die Beteiligung derzeit nicht ausweiten. Experten rechnen gleichwohl auf kurz oder lang mit einer Übernahmeofferte des Großaktionärs für Drillisch. Der Mobilfunkanbieter ist in der Branche durch den Erwerb von 20 % der Netzkapazitäten von Telefónica ins Rampenlicht gerückt, die diese im Zuge der E-Plus-Übernahme als Kartellauflage abgeben musste. An den Netzkapazitäten, für die Drillisch im Zuge eines Gesamtkonzepts den Zuschlag erhielt, hatten auch United Internet und Freenet großes Interesse. “Wir wissen, dass wir etwas haben, das die Wettbewerber nicht haben und das am Markt auch nicht mehr verfügbar ist”, gibt sich Choulidis selbstbewusst. In “so einer Konstellation” könne man sich natürlich Wege zu “Win-win-Geschäften” vorstellen. “Dafür sind wir immer offen.”Der Drillisch-Chef lässt auch keinen Zweifel daran, dass das Unternehmen weiterhin im Expansionsmodus ist. Die Kasse von Drillisch ist auch nach den jüngsten Zukäufen gut gefüllt, mit 275 Mill. Euro liquiden Mitteln zum Ende des ersten Quartals. Daraus fließen noch 150 Mill. Euro an Telefónica ab, weil sich die Maintaler gemäß den vertraglichen Vereinbarungen an der Netzmodernisierung beteiligen. “Darüber hinaus haben nichts Großes vor der Brust, und wir haben einen positiven Cash-flow”, unterstreicht Finanzvorstand André Driesen. Zukäufe noch möglichChoulidis schließt daher weitere Akquisitionen wie etwa eine Übernahme der in Deutschland zum Verkauf stehenden Tele 2 nicht rundheraus aus. “Wir haben Tele 2 derzeit nicht auf dem Radar, aber wir schließen nie etwas aus.” Drillisch hat den Erwerb des Telefónica-Pakets mit dem Aufbau eines eigenen “Offline-Geschäfts” verknüpft, für das mit dem Erwerb von 300 Shops, die das fusionierte Unternehmen abgeben musste, der Grundstein gelegt wurde. Für Telefónica bot sich damit ein sozialverträglicher Weg des Mitarbeiterabbaus, für Drillisch ist der Vorteil, dass die Kosten für die Shops zunächst auch teilweise durch Transferzahlungen von Telefónica gedeckt sind. “Wir rechnen nicht damit, dass das Offline-Geschäft in diesem Jahr unser Ergebnis belastet. Es wird alles in allem wahrscheinlich positiv abschließen”, erläutert Choulidis.Auf der Bilanzpressekonferenz im März hatte der Vorstand den Break-even der Shops noch auf 2017 datiert. Indes betont der Konzernchef, dass es darauf ankomme, die potenziellen Verluste in den beiden kommenden Jahren, wenn die Anschubhilfe entfällt, zu minimieren. “Dafür investieren wir operativen Gewinn”, so der Manager, der für 2015 ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 95 bis 100 Mill. Euro angesagt hat. Im ersten Quartal wurden bereits 27 Mill. Euro eingefahren bei Konzernerlösen von 95,4 Mill. Euro. “Wir könnten deutlich mehr zeigen, stecken aber das Geld in den Ausbau der Kundenbasis, um für die kommenden Jahre den Grundstein für profitables Wachstum zu legen. Im August wollen wir in der Lage sein, eine Guidance für 2016 zu geben.” Dabei sei für die Zukunft damit zu rechnen, dass die Profitabilität sich insgesamt abschwächt, weil der Offline-Kanal höhere Kosten und damit geringere Margen mit sich bringt. “Aber das absolute Ergebnis in Euro soll stetig steigen.” Einstieg ins FestnetzAls denkbares Beispiel für eine Zusammenarbeit mit dem neuen Großaktionär bezeichnet Choulidis den Einstieg ins Festnetzgeschäft. “Bisher bieten wir Mobilfunk an. Wenn wir unsere Shopkette eröffnen, werden wir Festnetz dazunehmen können. United Internet verfügt nach dem Versatel-Kauf über eine entsprechende Infrastruktur, so dass eine Kooperation möglich erscheint. Aber das Unternehmen wird sich dem Wettbewerb stellen müssen, wenn wir ausschreiben.”Der Konzernchef betont darüber hinaus, dass United Internet zugleich ein Konkurrent bleibe. Im Mobilfunkmarkt bewege man sich mit den jeweiligen Angeboten Kopf an Kopf. “Aber wir haben unsere Preisführerrolle, und die werden wir auch nicht abgeben. Wir haben sehr gute Einkaufskonditionen am Markt und werden da nicht zurückweichen. Immerhin haben wir auch Kapazitäten, die wir auffüllen müssen.” Dafür habe man aber mit den neuen Vertriebskanälen beste Voraussetzungen geschaffen. Drillisch sei nun breit aufgestellt: wie bisher im Internetvertrieb, darüber hinaus mit den Shops in der Fläche und über die neue Tochter Phone House auch im Fachhandel. Dies eröffne die Möglichkeit, auch Geschäftskunden in größerem Umfang anzusprechen.Mit dem Start des Offline-Geschäfts rechnet Choulidis insbesondere mit einer Verschärfung des Wettbewerbs mit Freenet. Der Mobilfunk-Service-Provider aus Hamburg betreibt ebenfalls eine eigene Shopkette. “Da wird es nun schon zu verstärktem Wettbewerb kommen”, avisiert der Drillisch-Chef, der Freenet derzeit am Markt für den Teilnehmer hält, der am meisten verwundbar ist. Dass die drei Netzbetreiber in einen Preiskampf mit Drillisch ziehen und damit dem Unternehmen die Auslastung der von Telefónica erworbenen Kapazitäten erschweren, glaubt Choulidis nicht. Dies würde die Margen zu sehr unter Druck setzen. Stattdessen dürften alle die Strategie verfolgen, die Einnahmen durch höherwertige Produkte zu steigern. Aber immerhin wechseln nach Einschätzung des Managers jährlich 30 Millionen Kunden in irgendeiner Form ihren Vertrag oder ihren Provider. Er unterstellt bei rund 50 Millionen Vertragskunden in Deutschland eine Wechselrate von 15 bis 18 %. Von diesem Kuchen will Drillisch sich ein Stück abschneiden.