Im GesprächPaolo Merloni, Ariston

„Wir wollen in Deutschland ausbauen“

Die börsennotierte italienische Heiz- und Wärmetechnikgruppe Ariston sieht sich mit ihren Produkten für die ökologische Transformation gut positioniert. Nach der Übernahme des Wärmepumpenherstellers Wolf spielt der deutsche Markt eine zentrale Rolle in der Strategie.

„Wir wollen in Deutschland ausbauen“

Im Gespräch: Paolo Merloni, Ariston

„Wir wollen in Deutschland ausbauen“

Italienische Heiz- und Wärmetechnikgruppe verfolgt nach Übernahme des niederbayerischen Wärmepumpenherstellers Wolf ehrgeizige Ziele

bl Mailand
Von Gerhard Bläske, Mailand

Die börsennotierte italienische Heiz- und Wärmetechnikgruppe Ariston setzt trotz der geplanten Änderungen beim neuen Gebäudeenergiegesetz, dessen Verabschiedung im Bundestag sich nun verzögert, auf den deutschen Markt. Ariston hat Ende 2022 für rund 1 Mrd. Euro den niederbayerischen Wärmepumpenhersteller Wolf und den Klimatechnik-Spezialisten Brink übernommen. „Wir wollen die starke industrielle Basis und die Forschung und Entwicklung in Deutschland weiter ausbauen und unsere Investitionen deutlich erhöhen“, sagte Paolo Merloni, Executive Chairman von Ariston, der Börsen-Zeitung.

Das Ziel der Bundesregierung, dass von 2024 an jährlich 500.000 Wärmepumpen eingebaut werden, ist in weite Ferne gerückt. Nach Angaben des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) sind die Neuaufträge für Wärmepumpen zwischen Januar und Mai gegenüber dem Vorjahr um zwei Drittel gesunken. 2022 war der Verkauf von Wärmepumpen in Deutschland um 53% auf 236.000 gestiegen. Viele Eigentürmer warten wegen der Hoffnung auf höhere Zuschüsse mit dem Einbau klimafreundlicherer Heizungen oder Wärmepumpen und stornieren Aufträge.

Ariston hat 1 Mrd. Euro für die Akquisition in Deutschland hingeblättert: Etwa 700 Mill. Euro in bar sowie 41 Millionen Aktien der Ariston Holding. Die Centrotec SE, die die Marken Wolf und Brink verkauft hat und deren Aufsichtsratsvorsitzender Guido Krass ist, hält nun 11% der Anteile des Unternehmens, das 2021 an die Börse ging und zu 64% von der Familie Merloni kontrolliert wird.

Deutschland ist nun mit einem Umsatzanteil von 20% der größte Markt des Unternehmens, das auf einen Umsatz von 3,1 Mrd. Euro und ein Betriebsergebnis von 286 Mill. Euro kommt. 70% der Erlöse stammen aus Europa, 10% aus Nordamerika. Auch in China, Indien, Indonesien, Vietnam und Australien verfüge man über starke Positionen. „Wir sind einer der zentralen Akteure im Markt“, sagt Merloni.

Er ist zuversichtlich: „Unsere Branche wird in den nächsten Jahren sehr stark wachsen, denn die derzeitigen Heizungsanlagen sind alt und ineffizient. Die Anlagen auf Basis von Gas, Holz, Benzin, Heizöl oder Kohle werden in den nächsten Jahren durch deutlich effizientere Produkte ersetzt. Das Potenzial zur Reduzierung der Emissionen durch energieeffizientere Gebäude ist riesig. Der Einsatz erneuerbarer und hocheffizienter Lösungen (vor allem Wärmepumpen) ist eines der wichtigsten Instrumente zur Dekarbonisierung.“

Wärmepumpe kein Allheilmittel

Kritisch sieht Merloni das Handeln der Politik. „Es braucht eine langfristige Strategie auch auf politischer Ebene. Die Politiker sollten nicht irgendwelchen aktuellen Strömungen hinterherlaufen, um davon kurzfristig zu profitieren“, findet er.

In Italien sind 2022 dank riesiger Subventionen, die den Staatshaushalt mit 130 Mrd. Euro belastet haben, mehr als eine halbe Million Wärmepumpen verkauft worden. Doch Merloni betrachtet Wärmepumpen nicht überall als ideal. Für Polen, wo ein Großteil der Energie aus Kohle erzeugt wird, sei das die falsche Lösung, für Frankreich mit den vielen Atomkraftwerken ideal. „Für Deutschland bietet sich ein Mix aus Wärmepumpen und hybriden Lösungen an. Deutschland braucht Back-ups und kann sich nicht allein auf die Wärmepumpe verlassen“, sagt er.

Auf europäischer Ebene hält Merloni „in Anbetracht des derzeitigen Zustands der Gebäude die vorgeschlagenen Zeitpläne für eine Herausforderung“. Die Erreichung der Ziele werde einen erheblichen Einsatz von Ressourcen sowohl seitens der Eigentümer als auch der Regierungen erfordern. „Viele Experten sind auch der Meinung, dass ein technologieübergreifender Ansatz besser geeignet ist, den Übergangsprozess zu begleiten“, fügt er hinzu.

Ariston will bei der Gestaltung des ökologischen Wandels entscheidend mitreden. „Sollten sich in Zukunft weitere Gelegenheiten für Übernahmen ergeben, werden wir auf diesem Weg weitergehen“, sagt Merloni. „Auch jetzt haben wir mit einer Nettoverschuldung von etwa 600 Mill. Euro eine sehr beherrschbare Finanzposition.“ Man sei an die Börse gegangen, um flexibel zu bleiben und Instrumente für externes Wachstum zu haben, erklärt Merloni. „Bis zum IPO haben wir alle Übernahmen aus Eigenmitteln finanziert und stets eine positive Nettofinanzposition gehabt. Das hat uns den größten Erwerb unserer Unternehmensgeschichte erst ermöglicht.“

Paolo Merlonis Großvater hat das Unternehmen 1930 in Fabriano bei Ancona als Hersteller von Waagen gegründet. In den 1970er Jahren übernahm der Vater von Paolo Merloni die Verantwortung für die Entwicklung des Unternehmens im Bereich der Heiztechnik. Nach dem Verkauf der Haushaltsgerätesparte (Marke Indesit) 2014 an Electrolux ist Ariston heute ganz auf den Sektor Wärme- und Heiztechnik ausgerichtet.

Von Gerhard Bläske, Mailand

Die italienische Heiz- und Wärmetechnikgruppe Ariston sieht sich für die grüne Transformation gut positioniert. Nach der Übernahme des Wärmepumpenherstellers Wolf spielt der deutsche Markt eine zentrale Rolle.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.