GASTBEITRAG

Wohin steuert Private Equity?

Börsen-Zeitung, 17.4.2018 Wirtschafts- und Finanzmärkte unterliegen Zyklen und können nicht unendlich wachsen. Dies gilt auch für den privaten Beteiligungsmarkt. Ist der aktuelle Höhenflug der Private-Equity-(PE-)Branche lediglich eine Wiederholung...

Wohin steuert Private Equity?

Wirtschafts- und Finanzmärkte unterliegen Zyklen und können nicht unendlich wachsen. Dies gilt auch für den privaten Beteiligungsmarkt. Ist der aktuelle Höhenflug der Private-Equity-(PE-)Branche lediglich eine Wiederholung der Boomjahre um 2007 und steht uns die nächste Krise kurz bevor? Seit der Finanzmarktkrise 2008 verzeichnet die Private-Equity-Branche ein Rekordwachstum: das verwaltete Vermögen ist um mehr als 80 % auf 2,7 Bill. Dollar weltweit zum Jahresende 2017 gestiegen. Das darin inkludierte Dry Powder allein umfasst 1,7 Bill. Dollar. Angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes wird auch künftig mehr Kapital in die Branche fließen. Neben den traditionellen institutionellen Anlegern, welche ihre PE-Allokation aufstocken, haben im vergangenen Jahrzehnt zunehmend Staatsfonds, Family Offices und Pensionsfonds Private Equity für sich entdeckt. Die Branche wird mit Kapital geschwemmt. Findet sie für dieses Kapital noch attraktive Investitionsmöglichkeiten? Wie sieht die künftige Rendite-Entwicklung aus? Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Private Equity ein enormes Wachstumspotenzial im Markt hat: mit weltweit rund 13 500 investierten Unternehmen, deckt das Private-Equity-Vermögen gerade einmal 3 % der globalen Börsenkapitalisierung (in Höhe von 81 Bill. Dollar) ab. Dennoch ist die Zahl wirklich attraktiver Transaktionen begrenzt und die Preise im Markt entsprechend hoch: Akquisitions-Multiples von 11,8-mal Ebitda lassen sich mit dem Jahr 2007 (12,0-mal Ebitda) vergleichen und sind Herausforderung für die Fortführung von PE-typischen Renditen. Mehr DisziplinSchaut man sich die Investitionstätigkeiten von Private-Equity-Häusern an, lässt sich konstatieren, dass die Branche seit der Finanzkrise gereift und disziplinierter geworden ist. Bei steigendem Fundraising haben auch die Akquisitionen zugenommen; allerdings liegt das aktuelle, weltweite Akquisitionsvolumen mit rund 350 Mrd Dollar deutlich unter dem Spitzenwert von rund 750 Mrd Dollar 2007, obwohl das Investitionsumfeld ähnlich ist. 2007 ließ sich die Branche von günstigen Marktbedingungen mitreißen: Megadeals waren die Folge und erreichten ihren Höhepunkt mit dem Buy-out von TXU im Wert von 44 Mrd. Dollar. Heute agieren die Häuser fokussierter. Anstelle von Club Deals werden Akquisitionen zunehmend eigenständig oder in Kooperation mit ausgesuchten Investoren durchgeführt. Die Komplexität wird hierdurch reduziert und Motivationen besser abgestimmt. Die Fähigkeit zur operativen Wertschaffung in den erworbenen Unternehmen und zur kontinuierlichen Innovation bleibt das klassische Herzstück einer jeden Strategie und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Hierzu professionalisieren Private-Equity-Häuser ihre Strukturen und bauen verstärktes Sektor-Know-how auf. Das Wissen um den Markt und der exklusive Zugang zu Transaktionen können entscheidende Erfolgsfaktoren sein. Innovative Beteiligungsmöglichkeiten wie z. B. Joint Ventures oder Minderheitsbeteiligungen werden zunehmend genutzt und Investitionsstrategien diversifizieren sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmen. Die rasante Entwicklung des Private-Debt-Marktes nach der Finanzkrise kann hier als Beispiel benannt werden. Die digitale Transformationen bringt zusätzlich Bewegung in den Markt und eröffnet grundlegend neue Möglichkeiten zur Wertschaffung in den Unternehmen. Untergeordnete RolleLetztlich müssen Werte nachhaltig und derart geschaffen werden, dass Unternehmen nicht nur für andere Finanzinvestoren (als sogenannte Secondaries), sondern auch für einen Börsengang und insbesondere für strategische Investoren attraktiv sind. Der IPO spielt mit 11 % aller Exits eine untergeordnete Rolle – ähnlich zu vorherigen Jahren. Exits von Buy-outs an strategische Investoren haben sich demgegenüber von 38 % im Jahr 2007 auf 65 % 2017 anteilsmäßig erhöht. In organisches Wachstum wird für strategische Investoren zunehmend wichtig und PE Häuser sind heute bei konkurrierenden Bieterverfahren zurückhaltender als vor der Finanzkrise. Steht Private Equity also heute genau dort, wo es vor zehn Jahren stand? Kurz vor der nächsten Krise? Die heutige Marktsituation ähnelt in vielen Aspekten der Situation von 2007, insbesondere im Fundraising und hohen Akquisitions-Multiples. Auch das Kerngeschäftsmodell ist unverändert: Wertschaffung durch operative Maßnahmen in den erworbenen Unternehmen. Gleichzeitig gibt es viele Unterschiede zum Jahr 2007: Die Branche heute verfügt über eine diversifiziertere Investitionsstrategie und über spezifischeres Know-how in der operativen Wertschöpfung, in der Digitalisierung als Werthebel eine neue Dimension eingenommen hat. Gut gemeistertDie Branche ist gereifter und transparenter als vor zehn Jahren. Trotz aller Schwierigkeiten in den Jahren nach 2008 hat die Branche die Finanzkrise im Rückblick nachweislich gut gemeistert. Wesentliche Gründe hierfür liegen sicherlich in der eigenen, stringenten Governance sowie dem langfristigen Investitionshorizont. Mit Disziplin und Innovationsfähigkeit sollte Private Equity positiv in die Zukunft blicken können. —-Michael FeiderPartner, Private Equity, EY LuxemburgDr. Carmen von Nell-BreuningSenior Manager, Private Equity, EY Luxemburg