Wohnungsbau bleibt zurück

Genehmigungen sinken - Wirtschaftsverbände klagen über Regulierung - Hohe Auslastung

Wohnungsbau bleibt zurück

Die Baugenehmigungen in Deutschland gehen zurück. Damit dürfte sich der Wohnungsmangel in vielen Städten verschärfen. Wirtschaftsverbände machen dafür die verstärkte Regulierung verantwortlich. Die Wohnungsfertigstellungen bleiben weit hinter den politischen Zielen zurück.hek Frankfurt – Trotz hoher Wohnungsnachfrage sinken die Baugenehmigungen in Deutschland. Von Januar bis September 2019 haben die Behörden die Errichtung von 257 900 Wohnungen genehmigt, gab das Statistische Bundesamt am Mittwoch bekannt. Das waren 1,9 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Abwärtstrend sei ungebrochen, kommentiert die Förderbank KfW die Entwicklung. Das Bundesamt weist darauf hin, dass die Zahl der Bauvorhaben, die noch nicht begonnen oder nicht abgeschlossen wurden, seit einigen Jahren zunimmt. Der sogenannte Bauüberhang zeigt, dass die tatsächliche Bautätigkeit geringer ausfällt als die Genehmigungen.In neuen Gebäuden wurden in den neun Monaten 221 800 Wohnungen genehmigt, ein Rückgang um 3 %. Die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser sanken um 3,4 %, die für Zweifamilienhäuser um 1,5 %. Bei Einfamilienhäusern gab es einen leichten Anstieg um 0,5 %.”Von einer Neubauoffensive sind wir nach wie vor weit entfernt”, stellt der Immobilien-Spitzenverband ZIA fest. Die Wohnungsbaugenehmigungen befänden sich zwar im längeren Zeitvergleich auf insgesamt hohem Niveau, doch das sei zu wenig, um die Lage zu entlasten, sagt Präsident Andreas Mattner. Dafür macht er vor allem das “hochregulierte Umfeld” in Deutschland verantwortlich. Genehmigungs- und Planungsprozesse dauerten zu lange, Bauwillige müssten sich durch 16 verschiedene Landesbauordnungen kämpfen und das Beschleunigungsgesetz im Baubereich lasse weiter auf sich warten.Für den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass die Zunahme an Regulierungen den Investitionen schadet. Bestes Beispiel dafür sei Berlin, wo die Genehmigungen für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern um 21 % eingebrochen seien. “Hier macht sich die anhaltende Diskussion über die Einführung eines Mietendeckels bemerkbar”, sagt Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel. Der rot-rot-grüne Senat hat im Oktober beschlossen, in Berlin Mieterhöhungen in Neuverträgen zu unterbinden und Bestandsmieten bis Ende 2021 einzufrieren. Zudem können Mieter eine Absenkung verlangen, falls ihre Miete um mehr als ein Fünftel über festgelegte Grenzen hinausgeht. Baukindergeld gibt ImpulseTrotz der rückläufigen Baugenehmigungen könne der Neubau noch etwas weiter zunehmen, glaubt Martin Müller von KfW Research. Der Wohnungsmarktexperte erwartet annähernd 300 000 Fertigstellungen im laufenden Jahr nach 286 000 im Jahr 2018. Die Bundesvereinigung Bauwirtschaft rechnet für 2019 und 2020 mit jeweils bis zu 310 000 neuen Wohnungen in Deutschland. Das Ziel der Bundesregierung von jährlich 375 000 Fertigstellungen in der laufenden Legislaturperiode würde damit aber klar verfehlt.Die Auftragsbestände im Wohnungsbau seien so hoch wie seit Mitte der neunziger Jahre nicht, stellt der KfW-Experte Müller fest: “Die Bauwirtschaft kann somit trotz der Konjunkturflaute mit ihrer Geschäftslage immer noch sehr zufrieden zu sein.” Wohnimmobilien profitierten von den niedrigen Zinsen für Baukredite. Das stark nachgefragte Baukindergeld – mehr als 100 000 Zuschüsse seien in diesem Jahr bereits zugesagt worden – setze zusätzliche Anreize.Die Oktober-Umfrage des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe bestätigt die positive Geschäftslage der Branche. Demnach hielt sich die Geräteauslastung im Hochbau bei knapp 80 % und ging im Tiefbau von 78 auf 76 % zurück. Der Auftragseingang hat sich zuletzt etwas abgeschwächt. In den Sommermonaten (Juni bis August) fielen die Bestellungen laut Statistischem Bundesamt preis- und saisonbereinigt um 1,4 % niedriger aus als im Zeitraum März bis Mai. Der Rückgang wird auf das “besonders gute Niveau” der Vormonate zurückgeführt. Für die ersten acht Monate ergibt sich im Jahresvergleich ein reales Auftragsplus von 4,3 %. Die Umsätze im Bauhauptgewerbe legten bis August um 6,5 % zu. Die Bundesvereinigung Bauwirtschaft prognostiziert für 2019 ein Erlösplus von 6,2 % und für 2020 von 4,8 % auf knapp 131 Mrd. Euro.