Wunsch und Wirklichkeit
Der Weg in die europäische Gigabitgesellschaft ist steinig und offenbar besonders in Deutschland noch deutlich weiter als von der Politik vorgesehen. Deren hehre Ziele werden in der Schlussetappe bis 2025, wenn die Internet-Zugangsgeschwindigkeit flächendeckend 1 Gigabit pro Sekunde erreichen soll, wahrscheinlich verfehlt, wie jetzt auch der Europäische Rechnungshof anmerkt. Tatsächlich macht das Land mit der stärksten Wirtschaft des Euroraums beim Ausbau von ultrabreitbandiger Netzinfrastruktur, wie sie letztlich nur durch direkte Glasfaseranbindungen in die Gebäude dargestellt werden kann, eine vergleichsweise schwache Figur. Denn auf der “letzten Meile” von der Verteilerebene bis zum Hausanschluss dominiert das alte Telekom-Kupferkabel, dessen Leistungsfähigkeit auch nach Aufrüstung durch die sogenannte Vectoring-Technik limitiert ist.Allerdings darf die deutsche Schlusslichtposition im Glasfaserausbau nicht zu holzschnittartig betrachtet werden. Die vor allem von der Deutschen Telekom eingesetzte Vectoring-Technik hat immerhin dafür gesorgt, dass die Versorgung mit breitbandiger Infrastruktur in der Fläche relativ hoch ist – wenn man Spitzengeschwindigkeiten im Internet außer Acht lässt. Dagegen ist in anderen Ländern das Stadt-Land-Gefälle deutlich größer. Denn der durchgängige Glasfaserausbau ist wesentlich teurer als das Vectoring, die Rentabilität in der Fläche bisher häufig überhaupt nicht darstellbar – nicht nur für die Deutsche Telekom. Es bleibt unbestritten, dass hierzulande viel Geld in eine nicht zukunftsfeste Übergangstechnik geflossen ist – aus der Sicht von Kritikern eine politisch motivierte Fehlallokation, die es der Telekom ermöglicht hat, ihren Marktanteil zu verteidigen. Fest steht aber auch: Dem Wunsch nach ultrabreitbandiger Infrastruktur stehen bisher bei Unternehmen und privaten Haushalten in Wirklichkeit recht enge Grenzen der Zahlungsbereitschaft gegenüber, auch weil der aktuelle Bedarf noch vielfach arg überschaubar ist.Der Versuch, die Rentabilitätslücke für die Netzbetreiber mit öffentlichen Fördermitteln zu schließen, hat sich als bürokratisch behäbig und schwer umsetzbar erwiesen. Nötig wären regulatorische Rahmenbedingungen, die ganz neue Betreibermodelle ermöglichen und Telekommunikationsinfrastruktur als eigene Assetklasse für private Infrastrukturinvestoren attraktiv machen. An Kapitalmangel kann der Netzausbau dann kaum scheitern. Schließlich war kaum jemals so viel Geld auf der Suche nach Rendite wie in dieser lang anhaltenden Niedrigzinsphase.