Xella baut auf die Börse
Heißer Herbst an der Frankfurter Börse: Mit dem Ytong-Porenbetonhersteller Xella sagt sich der vierte Kandidat für einen großen Börsengang an. Das Portfoliounternehmen der Finanzinvestoren PAI Partners und Goldman Sachs, die Xella 2008 für 2 Mrd. Euro von Haniel gekauft hatten, soll in etwa vier Wochen den Kurszettel verlängern. Angestrebt werden ein Emissionsvolumen deutlich unter 1 Mrd. Euro und 40 % Streubesitz.wb Frankfurt – Auch der Baustoffhersteller Xella setzt zur Entschuldung auf neue Investoren. Um den 9. Oktober soll das Debüt des Unternehmens mit Sitz in Luxemburg im Prime Standard erfolgen. Die Holding verspricht sich 200 Mill. Euro aus der Kapitalerhöhung. Vor allem wollen die Altgesellschafter Goldman Sachs und PAI Partners Kasse machen. Als Streubesitz sind zirka 40 % anvisiert. Das Emissionsvolumen könnte unter 1 Mrd. Euro liegen; die Marktkapitalisierung könnte deutlich mehr als 2 Mrd. Euro betragen. BNP Paribas, Deutsche Bank und Goldman Sachs haben die Federführung der Transaktion.Der Baustoffkonzern möchte sich mit dem Börsengang finanziell Luft verschaffen: “Die Xella zufließenden Mittel sollen dazu dienen, bestehende Verbindlichkeiten zu reduzieren und den finanziellen Spielraum zu erhöhen, um die eingeschlagene Unternehmensstrategie mit Nachdruck fortsetzen zu können”, heißt es. Mit Anleihe und KreditenXella ist auf der Holdco-Ebene mit einer Anleihe und Krediten finanziert. 2013 wurde ein Bond über 200 Mill. Euro mit PIK-Toggle-Komponente begeben, die es erlaubt, Zinsen unter gewissen Bedingungen aufzuschieben. Der Bond lief ursprünglich bis Mitte September 2018 und wurde mit 9,125 % verzinst. Anfang Juni 2015 wurde er zur Vorbereitung des Börsengangs im Rahmen einer Verlängerung und Bündelung bestehender Kredite sowie neuer Darlehen zurückgeführt. Die neuen Fremdmittel laufen bis Ende 2018 bzw. März 2018. Hinzu kam eine revolvierende Kreditfazilität von 75 Mill. Euro. Zudem ist Xella über Floating Rate Notes von 325 Mill. Euro finanziert, die 2014 begeben wurden und bis 2019 laufen. Insgesamt geht es um 860 Mill. Euro.Xella kommt mit einer typischen Buy-out-Bilanzstruktur an den Markt: Das Eigenkapital ist mit 331 Mill. Euro negativ. Das Unternehmen schreibt nach Zinsen und Steuern Verluste, da nicht cash-wirksame Gesellschafterdarlehen die Ertragsrechnung belasten. Diese Shareholder Loans liegen nach der Rückführung der PIK-Toggle-Notes bei deutlich über 800 Mill. Euro. Üblicherweise werden sie beim IPO in Eigenkapital gewandelt.Künftig will Xella in Trockenbau und Brandschutz expandieren und eine “aktive Rolle” in der Konsolidierung im europäischen Markt spielen. Als Vergleichsunternehmen aus der Branche zählen in erster Linie die österreichische Wienerberger und Braas Monier, die 2014 an die Börse ging und unter Emissionspreis notiert. Xella schreibt sich aber eine höhere Bewertung als diese zu, da man breiter diversifiziert sei und insbesondere mit Kalk- und Kalksandsteinprodukten ein höhermargiges Geschäft betreibe. Zudem wirke das Kostensenkungsprogramm, das – allerdings erst von 2017 an – rund 70 Mill. Euro im Vergleich zu 2014 zum Ergebnis beisteuern soll. “Günstiger Zeitpunkt”Monier gehörte zuvor ebenfalls zu PAI, die aber die Schlüssel an Hedgefonds abgeben musste. PAI ist aus der französischen Großbank Paribas hervorgegangen, die heute Teil von BNP Paribas ist; insofern wundert es nicht, dass das Institut den Börsengang federführend mit Xella-Mitgesellschafter Goldman Sachs begleitet. PAI und Goldman hatten das Baustoffgeschäft von Haniel 2008 für rund 2 Mrd. Euro erworben. Schon damals hieß es, Xella solle eine “entscheidende Rolle” bei der internationalen Branchenkonsolidierung spielen. Passiert ist indessen wenig. Damals wie heute liegt der Umsatz bei 1,3 Mrd. Euro. Seit dem Aktionärswechsel in dem fremdfinanzierten Buy-out seien bis Ende 2014 Schulden von 330 Mill. Euro abgebaut worden. Das operative Ergebnis lag 2008 bereinigt bei 278 Mill. Euro – ein Niveau, das anschließend nie mehr erreicht wurde – und 2014 bei 201 Mill. Euro. Die Marge fiel von 19,6 auf 15,8 %.CEO Jan Buck-Emden hält den IPO-Zeitpunkt jetzt für günstig. “In der Baubranche zeichnet sich in vielen europäischen Ländern eine Markterholung ab. Von diesen positiven Entwicklungen wollen wir noch stärker profitieren.” In den zwölf Monaten bis Mitte 2015 setzte Xella 1,3 Mrd. Euro um. Dabei verdiente sie operativ 227 Mill. Euro.Das Unternehmen hält sich für einen “Premiumanbieter für effizientes Bauen” und ist vor allem für seine Porenbeton-Marke Ytong bekannt. Dies ist ein Leichtbaustoff, der besonders bei wärmeisolierten Bauten eingesetzt wird. Unter dem Dach der Gruppe sind daneben auch Hebel (Porenbeton), Silka (Kalksandstein), Fermacell (Trockenbau) und Fels (Kalk). Fermacell steht für Gipsfaserplatten für Feuchträume. Die Marken werden, unüblich für den Bau, intensiv auch über das Fachpublikum hinaus gepflegt. Nach der Zahl der Produktionsstätten sei die Gruppe der größte Produzent von Kalksandsteinprodukten. Eine wichtige Differenzierung gegenüber reinen Baustoffherstellern biete die Marke Fels als Produzent von Kalk und Kalkstein mit umfangreichen eigenen Vorkommen in Deutschland.Die Produkte gehen in industrielle Anwendungen, den Umweltschutz sowie die Landwirtschaft und seien Rohmaterial für Baustoffe. Xella betreibe ein Netzwerk von 97 Produktionsstätten in 20 Ländern, in das Xella seit 2008 rund 650 Mill. Euro investiert habe. Mit gut 62 % macht die stark von der Wohnungsbaukonjunktur abhängige Sparte Baustoffe den größten Umsatzanteil aus. Auf Trockenbau entfallen 17 %. Kalk steuert 21 % bei.