Zalando steckt mehr Geld ins Marketing
hek Frankfurt
Der Online-Modeverkäufer Zalando ist im zweiten Quartal 2021 zwar stark gewachsen, hat aber den hohen Gewinn des Vorjahreszeitraums klar verfehlt. Die um Sondereinflüsse bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) sackte von 10,4% im zweiten Viertel 2020 auf 6,7% ab. Dennoch siedelt das Berliner Unternehmen seine Jahresprognose für den operativen Gewinn nun in der oberen Hälfte der zuvor auf 400 Mill. bis 475 Mill. Euro erhöhten Spanne an.
An der Börse sorgte der Quartalsbericht für Ernüchterung. Die im MDax vertretene Aktie, ein heißer Kandidat für den künftig auf 40 Unternehmen erweiterten Dax, stürzte am Donnerstag im Handelsverlauf 7% ab. Die erhöhten Marketingausgaben, die mit dem anhaltend starken Wachstum einhergehen, kamen nicht gut an. Diese absorbierten im zweiten Quartal 9,8% des Umsatzes. In der Vorjahresperiode waren es lediglich 5,2% und 8,2% im Zeitraum April bis Juni 2019.
Trotz des Kursrutsches fallen die Analystenkommentare meist wohlwollend aus. Nach Meinung der US-Bank Goldman Sachs entsprechen die Zahlen in etwa den Erwartungen. Für die Schweizer Großbank UBS sind die wichtigsten Kennziffern erneut stark ausgefallen, doch hatten die Analysten auf mehr Optimismus beim Ausblick gehofft. Die britische Barclays bescheinigt Europas größtem Online-Modehändler, den hohen Erwartungen gerecht geworden zu sein.
Zalando gehört, wie praktisch der gesamte Onlinehandel, zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. Die Ladenschließungen haben die ohnehin steigende Onlinedurchdringung zusätzlich befeuert. Man habe in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 10 Millionen neue Kunden gewonnen, sagt Finanzvorstand David Schröder in der Telefonkonferenz. Inzwischen kommt der Konzern auf 44,5 Millionen Abnehmer. Der Trend zum Onlineeinkauf sei nachhaltig, versichert der CFO. Die während der ersten Lockdowns gewonnenen Kunden seien auf der Plattform „sehr aktiv“ geblieben – trotz fortschreitender Lockerungen und der Öffnung des stationären Handels. Im Schnitt geben die Kunden jetzt über zwölf Monate fünf Bestellungen auf, was ein Höchstwert sei. Auch der durchschnittliche Warenkorb fällt mit 57,70 Euro größer aus (vgl. Grafik).
„Kollektive Pause“
Den Mitarbeitern hat Zalando eine „kollektive Pause“ verordnet. Diese sollten sich vom Kraftakt der vergangenen Quartale erholen. Infolge des einwöchigen Zusatzurlaubs haben viele der 15800 Beschäftigten in diesen Tagen frei.
Das über die Plattform verkaufte Warenvolumen legte im zweiten Jahresviertel um 40% auf 3,79 Mrd. Euro zu. Die Lockdows zu Beginn des Quartals, das Partnergeschäft und Schlussverkäufe hätten die Expansion angetrieben, erläutert das Management. Der Bruttowarenwert des Partnerprogramms sei in der ersten Jahreshälfte auf mehr als das Doppelte des Vorjahreszeitraums gestiegen. Ende Juni hätten knapp 4700 Händler ihre Ware über die Connected Retail genannte Schiene verkauft. Zalando kassiert dafür Provisionen und übernimmt oft auch die Logistik. Das bereinigte Quartals-Ebit schrumpfte aber um 13% auf 184 Mill. Euro, womit die durchschnittlichen Analystenschätzungen verfehlt wurden. Man habe „signifikant mehr“ in Kundengewinnung und Marketing investiert, „um Wachstumschancen wahrzunehmen“, heißt es. Die auf 6,7% geschrumpfte Marge bezeichnet das Management als „solide Profitabilität“. Bei den Investitionen verschieben sich laut Schröder einige Ausgaben ins nächste Jahr. Alle wichtigen Logistikprojekte liefen aber nach Plan. Die 2021er-Investitionsausgaben veranschlagt das Unternehmen nun auf rund 350 Mill. (bisher 350 Mill. bis 400 Mill.) Euro.
Seit Ende Juli sind die Berliner auch in Estland, Kroatien und Lettland am Markt, nachdem der Konzern zuvor nach Litauen, Slowenien und in die Slowakei expandiert war. Die 2008 gegründete Gesellschaft ist nun in 23 Ländern präsent.
Zalando | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
6 Monate | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Bruttowarenvolumen | 6944 | 4733 |
Umsatz | 4971 | 3559 |
Ebit (bereinigt) | 277 | 113 |
in % des Umsatzes | 5,6 | 3,2 |
Periodenergebnis | 155 | 36 |
Operativer Cash-flow | 259 | 125 |
Freier Cash-flow | 168 | 40 |
Investitionsausgaben | 91 | 91 |
Finanzmittel | 2299 | 1378 |
Börsenwert (Mrd. Euro) | 23,8 | |
Börsen-Zeitung |