Zeiss Meditec beruhigt Investoren
Zeiss Meditec beruhigt die Investoren
Quartalszahlen zwar schwach, aber stärker als befürchtet – Deutliche Einbußen in Amerika – Zukauf Dorc als "idealer Fit"
hek Frankfurt
Trotz herber Ertragseinbußen im Startquartal des Geschäftsjahres 2023/24 hat der Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditec seine Investoren zufriedengestellt. Die im MDax vertretene Aktie legte am Freitag bis zu 13% zu, gab aber die Aufschläge im Handelsverlauf zum Teil wieder ab. Gerade die Mikrochirurgie habe überzeugt, kommentieren Analysten. Sie macht allerdings nur 26% des Umsatzes aus.
Wie erwartet schwach läuft derzeit das Hauptgeschäft, die Augenheilkunde. Dieses Segment stagnierte im Zeitraum Oktober bis Dezember 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 351,1 Mill. Euro Umsatz. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte auf 11,4 Mill. Euro, knapp ein Drittel des Vorjahresresultats. Die Marge sank auf nur noch 3,2 (10,1)%. Der Rückgang geht vor allem auf den Lagerabbau chirurgischer Verbrauchsmaterialien in China zurück. Die Bestände waren angelegt worden, um sich für Corona-Lockdowns zu wappnen.
Nach mehr als einem Jahr habe Zeiss Meditec erstmals wieder die Erwartungen übertroffen, kommentiert die Schweizer Großbank UBS. Der Konzern sei auf Kurs zu den Jahreszielen, die die Investoren bislang skeptisch beäugt hätten.
Schwaches US-Geschäft
Leben kann die Tochter des Stiftungskonzerns Zeiss mit dem neu eingeführten volumenorientierten Beschaffungssystem in China, das am Kapitalmarkt große Verunsicherung hervorgerufen hatte. "Das ist zufriedenstellend für uns ausgegangen", kommentiert Vorstandschef Markus Weber im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im Vergleich zum Wettbewerb habe man ganz gut abgeschnitten. An der bisherigen Einschätzung zu den Ergebnisauswirkungen hält Zeiss Meditec fest. „Es ergibt sich kein Effekt auf die Guidance für das laufende Geschäftsjahr“, sagt der CEO. Im ersten Jahr drückten die verringerten Preise auf Umsatz und Gewinn, im zweiten komme dann das höhere Verkaufsvolumen zum Tragen.
Ungewöhnlich schwach sieht das US-Geschäft aus. Der Quartalsumsatz in Amerika brach nämlich um ein Fünftel (währungsbereinigt um 16,6%) auf 112,1 Mill. Euro ein. Weber begründet den Rückgang mit Corona-Spätfolgen. Nach der Auftragswelle während der Pandemie sei der Markt kurzfristig gesättigt. Außerdem bremsten Krankenhäuser ihre Anschaffungen infolge der hohen Zinsen. „Die Projektlage ist so gut wie nie“, versichert Finanzvorstand Justus Felix Wehmer. „Aber die Kunden warten auf Zinssenkungen.“ Das US-Geschäft besteht im Wesentlichen aus Geräteverkäufen, der Anteil der Verbrauchsmaterialien ist noch gering. Die Manager gehen davon aus, dass die Nachfrage im zweiten Halbjahr wieder anzieht. Dabei setzen sie nicht zuletzt auf das neue Lasersystem Visumax 800 für Augenoperationen.
Europa entwickelt sich stark
Der Amerika-Schwäche steht unterdessen ein kräftiges Wachstum in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten, Afrika) gegenüber, die währungsbereinigt 30,9% mehr Umsatz im Berichtsquartal hereinholte. Laut Weber haben Frankreich, Italien und Spanien starke Wachstumsbeiträge geleistet.
Auf Konzernebene schrumpfte das Quartals-Ebit um 27,8% auf 43,5 Mill. Euro. Die Ebit-Marge sackte von 12,8% auf 9,2% ab. Zeiss Meditec macht dafür einen schwächeren Produktmix, insbesondere den geringeren Anteil der margenstarken Verbrauchsmaterialien, sowie ungünstige Wechselkurse und „hohe operative Kosten in Vertrieb und Marketing sowie Forschung und Entwicklung“ verantwortlich.
Vor diesem Hintergrund tritt der Konzern nun auf die Bremse. „Wir haben über zwei Jahre stark in die Organisation investiert“, sagt Wehmer. Nun soll der Kostenzuwachs abgeflacht werden, wobei der Personalaufwand und andere Faktoren wie Reisekosten im Fokus stehen.
Dorc „idealer Fit“
Mit der im Dezember angekündigten Dorc-Übernahme (Dutch Ophthalmic Research Center) würden die Lücken in der Netzhaut-Behandlung perfekt geschlossen, versichert Weber, der von einem „idealen Fit“ spricht. Man habe Dorc schon lange genau beobachtet. Dem Deal liegt eine Unternehmensbewertung von 985 Mill. Euro – das Fünffache des für das Jahr 2023 kalkulierten Umsatzes von knapp 200 Mill. Euro und etwa das 20-Fache des erwarteten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – zugrunde.
Von der Bewertung her sei der Preis „vollkommen nachvollziehbar“, sagt CFO Wehmer. Er könne sich an keine Transaktion in der Medizintechnik erinnern, die Analysten nicht als teuer bezeichnet hätten. Bezahlen kann Zeiss Meditec den Erwerb weitgehend aus der Liquidität von 817 Mill. Euro.