Medizintechnik

Zeiss Meditec setzt auf die zweite Halbzeit

Der Lagerabbau in China und ein neues staatliches Vergabesystem bremsen den Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditec. Da stößt die Prognose eines stabilen Gewinns an der Börse auf Wohlwollen.

Zeiss Meditec setzt auf die zweite Halbzeit

Zeiss Meditec setzt auf die zweite Halbzeit

Medizintechnikkonzern erwartet stabiles Ergebnis im neuen Geschäftsjahr – Unsicherheitsfaktor China

hek Frankfurt

Der Medizintechnikkonzern Carl Zeiss Meditec stellt für das neue Geschäftsjahr 2023/24 ein stabiles Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Aussicht. Nach einer eher schwachen ersten Hälfte sollen Ebit und Marge im zweiten Halbjahr über das Niveau des Vorjahreszeitraums hinausgehen, teilt das auf Augenlaser und -linsen und Geräte für die Mikrochirurgie spezialisierte Unternehmen mit.

Der Ausblick wurde mit Spannung erwartet, da sich einige Analysten zuvor ziemlich skeptisch geäußert hatten. Der Finanzdienstleister Stifel sah einen "perfekten Sturm von Gegenwind aus China" heraufziehen. Infolgedessen reagierten Anleger am Dienstag erleichtert: Die im MDax vertretene Aktie legte im Handelsverlauf 8% zu.

China führt staatliches Vergabesystem ein

In China – ein sehr wichtiger Markt, der grob ein Viertel des Gesamtumsatzes stellt – machen Zeiss Meditec zwei Punkte zu schaffen. Zum einen hatte das zum Stiftungskonzern Zeiss gehörende Unternehmen die Bestände an Verbrauchsmaterial für Augenoperationen hochgefahren, um im Falle weiterer Lockdowns lieferfähig zu bleiben. Diese Vorräte müssen nun abgebaut werden. Das belastet das Ergebnis mit einem mittleren zweistelligen Mill.-Euro-Betrag, bestätigt Finanzvorstand Justus Felix Wehmer frühere Angaben. Der CFO geht davon aus, dass der Lagerabbau bis Ende der ersten Geschäftsjahreshälfte, also bis März 2024, abgeschlossen wird.

Zum anderen kauft China Intraokularlinsen für staatliche Kliniken jetzt über ein Vergabesystem ein. Die Folge sind niedrigere Preise, deren Ergebniseffekt der CFO im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auf einen hohen einstelligen oder knapp zweistelligen Mill.-Euro-Betrag veranschlagt. Die Abnahmevolumina seien auf zwei Jahre zugesagt, so dass im zweiten Jahr in Summe ein positiver Effekt im Vergleich zum ersten Jahr entstehe, da man die Kosten im Vertrieb anpassen könne.

Privatkliniken außen vor

Das Wachstumstempo in China werde sich im Vergleich zum Vorjahr "temporär reduzieren", kündigt Zeiss Meditec an. Der Anteil der – margenstarken – Verbrauchsmaterialien werde vor allem in den ersten sechs Monaten geringer ausfallen, was die Umsatzrendite nach unten drückt. Mittelfristig soll sich die Ebit-Marge "nachhaltig oberhalb von 20%" bewegen, bestätigt das Management.

Der zentral gesteuerte Einkauf betrifft etwa die Hälfte des chinesischen Markts. Die andere Hälfte, der Bereich der Privatkliniken, ist außen vor. Die neuen Mechanismen müssten sich noch einspielen, sagt Vorstandschef Markus Weber. Die Unsicherheit sei weiter groß. "Vor vier Wochen war völlig unklar, wie die Regelungen aussehen." Man sei gemäß den eigenen Erwartungen beim staatlichen Vergabesystem berücksichtigt worden. "Wir produzieren in China. Das ist ein Vorteil für uns", sagt der CEO.

„Strategische Investitionen"

"Der chinesische Markt bleibt sehr interessant, denn er ist nach wie vor stark unterversorgt", versichert Weber. Im Bereich der regulierten Standardprodukte könne man Volumen zu verminderten Preisen hinzugewinnen, ohne dass der Vertrieb diesen Absatz erarbeiten müsse. Im Premiumsegment gebe es zusätzliches Wachstumspotenzial aufgrund der Nachfrage von Privatkliniken.

In dem am 30. September abgeschlossenen Geschäftsjahr 2022/23 gab das Ebit von 397 Mill. Euro im Vorjahr auf 348 Mill. Euro nach. Weber führt den Rückgang auf "strategische Investitionen" in Forschung und Entwicklung und in den Vertrieb sowie auf schwächere wiederkehrende Umsätze zurück. Die Umsatzrendite sank auf 16,7 (20,9)%. Der untere Rand der auf 17 bis 20% gesenkten Margenprognose wurde knapp verfehlt, doch bereinigt um Sondereffekte mit 17,4% erreicht. Im vierten Quartal wurden Sonderbelastungen aus der Dekonsolidierung von zwei Beteiligungen von 4 Mill. Euro verarbeitet.

Lieferketten „im Griff"

Der Umsatz kletterte 2022/23 um 9,8% auf 2,09 Mrd. Euro. Die in der ersten Jahreshälfte noch erhöhten Fertigungs- und Lieferzeiten haben sich den Angaben zufolge deutlich verringert. "Wir haben die Lieferketten ganz gut im Griff", meint Weber. Die Dividende soll bei 1,10 Euro je Aktie bleiben. In Europa und Amerika florierten die Geschäfte, während der Umsatz in China und Korea leicht zurückging. Der Spartenaufriss zeigt starkes Wachstum der Mikrochirurgie, die den Umsatz um 18,3% auf 513 Mill. Euro ausweitete. Die Augenheilkunde expandierte mit 7,3% auf 1,58 Mrd. Euro langsamer.

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Nach den Gewinneinbußen im abgelaufenen Geschäftsjahr stellt Carl Zeiss Meditec für 2023/24 ein stabiles Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Aussicht. Der Lagerabbau in China und vor allem ein neues staatliches Vergabesystem sorgen allerdings für Unsicherheit. Am mittelfristigen Margenausblick hält der Konzern fest.

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