Autozulieferer

ZF stellt sich auf beschleunigten Technikwandel ein

Mit Komponenten für elektrische Antriebe wächst das Unternehmen doppelt so schnell wie der Markt. Bis Ende 2020 erhielt es Aufträge von 14 Mrd. Euro.

ZF stellt sich auf beschleunigten Technikwandel ein

jh München

Der Zulieferer ZF Friedrichshafen stellt sich auf einen raschen Wandel zum Batterieantrieb ein. „Auf den schnellen Erfolg der Elektromobilität sind wir vorbereitet“, sagte der Vorstandsvorsitzende Wolf-Henning Scheider in der Bilanzpressekonferenz. Das Unternehmen erwartet, dass im Jahr 2023 erstmals mehr Elektroautos als solche mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden. In Europa, dem Vorreiter dieser Entwicklung, seien dann 60% der Autos batterieelek­trisch oder mit Hybridmotor ausgestattet – mit einem klaren Übergewicht für reine E-Fahrzeuge.

ZF hat Mitte des vergangenen Jahres entschieden, nicht mehr Komponenten für Antriebe mit Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Zu Beginn dieses Jahres wurde die neue Division Electrified Powertrain Technology gegründet, in der der drittgrößte deutsche Autozulieferer (hinter Bosch und Continental) die Pkw-Antriebstechnik und Elektromobilität bündelt, um den Kunden Lösungen für elektrifizierte Antriebe aus einer Hand anzubieten.

Scheider berichtete, ZF habe bis Ende 2020 für die nächsten Jahre Aufträge im Volumen von 14 Mrd. Euro für Komponenten elektrischer Antriebe gewonnen. „In den ersten Monaten dieses Jahres hat sich dieser Trend fortgesetzt.“ Scheider gibt sich zuversichtlich: „In den nächsten Jahren werden wir mit unseren Komponenten schneller wachsen als der Markt.“ Das Angebot reiche von einzelnen Bauteilen bis zu kompletten elektrischen Achsen. Kern seien Wechselrichter (Inverter) als zentraler Teil der Leistungselektronik, berichtete der Vorstandschef und fügte hinzu: „In diesem Segment wollen wir Marktführer in Europa werden.“

Größtes Schulungsprogramm

Um die Mitarbeiter für die E-Mobilität weiterzubilden, will das Stiftungsunternehmen sein bisher größtes Schulungsprogramm starten, die „E-Cademy“. Während für neue Geschäftsfelder Mitarbeiter eingestellt werden, baut ZF wegen des Wandels der Antriebstechnik rund 15000 Arbeitsplätze ab, wie Scheider bestätigte. Im vergangenen Jahr hätten in Deutschland rund 2000 Mitarbeiter Abfindungs- und Altersteilzeitangebote angenommen. We­gen der Ende Mai hinzugekommenen 12000 Mitarbeiter von Wabco stieg jedoch die Gesamtzahl der Beschäftigten (siehe Tabelle). ZF hat den US-amerikanischen Hersteller von Bremsen für Nutzfahrzeuge für 6,1 Mrd. Euro übernommen. Wabco ist in diesem Segment der größte Konkurrent des Münchner Weltmarktführers Knorr-Bremse.

Scheider deutete an, dass ein sozialverträglicher Abbau von Stellen nicht mehr möglich sein wird, falls die EU eine scharfe Euro-7-Abgasnorm beschließt, die von 2025 an gelten soll. Von der Emissionsstrategie der EU hänge viel ab, sagte er.

Zuversichtlich äußerte sich Scheider über die Geschäftsaussichten in diesem Jahr. Der Umsatz soll auf 37 Mrd. bis 39 Mrd. Euro steigen und damit nach dem Rückgang um 11% den Wert von 2019 übertreffen. Allerdings kommen mehr als 3 Mrd. Euro von Wabco hinzu.

Für die Umsatzrendite stellt der Vorstand einen Anstieg auf 4,5 bis 5,5 (i.V. 3,2)% in Aussicht – bezogen auf das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern. Der bereinigte freie Cash-flow wird zwischen 0,8 und 1,2 (0,99) Mrd. Euro erwartet. Mit dem Mittelzufluss wolle das Unternehmen in diesem Jahr Schulden zum Teil vorzeitig tilgen, kündigte Finanzvorstand Konstantin Sauer an. Vor allem wegen der Akquisition von Wabco stieg die Nettoverschuldung auf 10,8 (4,7) Mrd. Euro. Die Eigenkapitalquote sackte auf nur noch gut 12% ab. Grund dafür war auch der erste Nettoverlust seit dem Jahr 2009. „Wir arbeiten an einer Steigerung des Jahresüberschusses, um die Eigenkapitalquote zu verbessern“, sagte Scheider.

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