ZF übertrumpft SAF-Holland

Konzern aus Friedrichshafen bietet 460 Mill. Euro in abgestimmter Offerte für Lkw-Bremsenhersteller Haldex

ZF übertrumpft SAF-Holland

ZF Friedrichshafen schnappt SAF-Holland den schwedischen Lkw-Bremsenhersteller Haldex vor der Nase weg. Das Stiftungsunternehmen übertrumpft die SAF-Offerte mit 460 Mill. Euro um 20 Mill. Euro. ZF wird vom Haldex-Management unterstützt, SAF war hingegen ohne Abstimmung vorgeprescht.wb/igo Frankfurt/Stuttgart – Nach der 12,5 Mrd. Dollar schweren Akquisition von TRW in den USA wagt ZF Friedrichshafen einen neuerlichen Zukauf. Der Stiftungskonzern will dem Lkw-Zulieferer SAF-Holland den schwedischen Bremsenproduzenten Haldex vor der Nase wegschnappen. Während das SDax-Unternehmen eine unabgestimmte Offerte präsentierte (vgl. BZ vom 15. Juli), wird ZF vom schwedischen Management unterstützt.Kurz nach Beginn der Angebotsfrist zur Übernahme von Haldex trumpft ZF mit einer Offerte über 462 Mill. Euro auf – das sind 20 Mill. Euro mehr, als SAF-Holland geboten hatte. ZF weiß den Haldex-Vorstand und den größten Aktionär, Verwaltungsratschef Göran Carlson, der 5,7 % hält, hinter sich. SAF-Holland nimmt nach eigenen Angaben das Vorgehen “zur Kenntnis” und werde “die Optionen prüfen”, heißt es aus Bessenbach bei Aschaffenburg. Der Kurs des 480 Mill. Euro schweren Zulieferers legte gestern um 1,6 % zu.Bedingung für das Zustandekommen der Offerten von ZF und SAF ist, dass Haldex-Aktionäre mindestens 90 % der ausstehenden Aktien abgeben. Das Angebot bedeutet ein Multiple von etwa 13 bezogen auf den Enterprise Value. Die gebotenen 100 skr je Aktie entsprechen einer Prämie von gut einem Drittel auf den Durchschnittskurs der drei Monate vor Ankündigung des Deals. Der Kurs stieg am Donnerstag auf 105 skr leicht darüber.ZF setzt auch bei diesem Deal auf die Beratung der Investmentbank Citi. Berenberg steht SAF-Holland zur Seite, Haldex hatte Lazard mandatiert. Rechtlich vertritt Linklaters ZF, und Noerr begleitet SAF. Finanzierung bei ZF gesichertDen Schwedenhappen kann ZF finanziell verdauen: Gerade sicherte sich das Unternehmen eine Kreditlinie über 3,5 Mrd. Euro. Die Nettofinanzschulden sanken im Halbjahr um 175 Mill. auf 7,2 Mrd. Euro. Der Erlös von 450 Mill. Dollar aus dem Verkauf der Sparte Befestigungssysteme und Komponenten ist darin noch nicht enthalten, sondern wird in der zweiten Jahreshälfte verbucht. Finanziert hatte ZF den TRW-Kauf mit dem Verkauf der Lenksysteme an Bosch für einen hohen dreistelligen Millionenbetrag, der Veräußerung der TRW-Ventilsparte für 385 Mill. Dollar, dem Abstoßen des Gestänge- und Aufhängegeschäfts der Amerikaner für 400 Mill. Dollar sowie der Trennung von den Befestigungssystemen. Begeben wurden zur Finanzierung das Rekordschuldscheindarlehen über 2,2 Mrd. Euro sowie Anleihen.Bei ZF steht die geplante Übernahme im Kontext eines größeren, strategischen Plans. ZF will bis 2025 in allen sechs Divisionen (siehe Grafik) eine hohe Marktdurchdringung erreichen, dabei technologisch vor allem auf Systeme für autonomes Fahren setzen und die Technologie- und Kostenführerschaft übernehmen. Dazu setzt der Stiftungskonzern, der bisher einen Schwerpunkt im Pkw-Geschäft hat, auch auf die Verbreiterung seines Produktangebotes, um Schwankungen ausgleichen zu können. Der erste Schritt war 2015 die Übernahme von TRW, um Know-how in der aktiven und passiven Sicherheitstechnik zu erwerben. Mit dem geplanten Haldex-Kauf will ZF nun das Angebot in der Lkw-Sparte ausbauen. Druckluftgesteuerte Bremssysteme für Nutzfahrzeuge fehlten bisher im Portfolio der Friedrichshafener, daher erwarte ZF auch keine kartellrechtlichen Einwände. Der ZF-Umsatz im Nutzfahrzeuggeschäft würde mit Haldex um 500 Mill. Euro auf etwa 4 Mrd. Euro klettern. Der Achsenhersteller SAF hatte ebenfalls vor, mit Haldex das Lkw-Produktportfolio zu vervollständigen und vorzeitig das Umsatzziel von 1,5 Mrd. Euro zu erreichen.ZF-Vorstandschef Stefan Sommer kündigte indes weitere Übernahmen an. “Wir arbeiten konsequent daran, unsere weißen Flecken durch Akquisitionen und Partnerschaften abzudecken”, sagte er. Diese sehe er etwa in der Sensortechnik oder im Bereich künstlicher Intelligenz. Der Konzern befinde sich aktuell in entsprechenden Gesprächen, sagte Sommer, ohne Details zu nennen. Zu Wochenbeginn hatte ZF bekannt gegeben, sich mit 40 % am Hamburger Start-up Ibeo zu beteiligen. Das 2009 gegründete Unternehmen ist Marktführer in der Entwicklung von Lidar-Technologie, die unter anderem Tesla und Audi nutzen. Die Lasertechnologie von Ibeo fehlte ZF noch zur Umgebungserkennung, einem Kernelement des autonomen Fahrens. Die Lidar-Sensoren ergänzen dabei die gängige Radar- und Kameratechnik.—– Wertberichtigt Seite 8