Zinsen und Teuerung setzen dem Bau zu
Zinsen und Teuerung setzen Bau zu
Deloitte: Globales Wachstum hat sich deutlich abgeschwächt – EY-Parthenon: Erholung in Deutschland erst 2025
hek Frankfurt
Gestiegene Zinsen, hohe Inflationsraten und geopolitische Spannungen machen dem Bausektor weiter zu schaffen. "Die kurzfristigen Aussichten für die globale Bauwirtschaft werden durch die Unsicherheiten getrübt, die die weltwirtschaftliche Lage umgeben", meint Michael Müller, Partner und Real-Estate-Chef der Beratungsgesellschaft Deloitte. Die Strategieberatung EY-Parthenon prognostiziert für den deutschen Hochbau einen realen Nachfragerückgang von satten 2,6% im laufenden Jahr. In der zweiten Hälfte 2024 könne ein Wendepunkt erreicht werden, vorausgesetzt die Inflationsraten gingen zurück. Erst für 2025 stellt EY-Parthenon eine Rückkehr zu moderatem Wachstum in Aussicht. "Eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht", konstatiert Partner Volkmar Schott.
Laut der Deloitte-Studie sind die Gesamteinnahmen der 100 weltweit größten Baufirmen 2022 noch um 6,3% auf 1,94 Bill. Dollar gestiegen. Damit habe sich das Wachstum im Vergleich zu den Vorjahren deutlich abgeschwächt. Das führt Deloitte unter anderem auf unterbrochene Lieferketten und den Mangel an Arbeitskräften und Rohstoffen zurück. Beide Faktoren trieben die Baukosten in die Höhe und zögen die Bauzeit in die Länge, erläutert Müller.
China dominiert
Das Zentrum der globalen Bautätigkeit ist und bleibt China. Mehr als die Hälfte des gesamten Umsatzvolumens der Top 100 entfällt laut Deloitte auf Unternehmen aus der Volksrepublik. Sie stünden für ein Gesamtvolumen von 1.048 Mrd. Dollar. Mit riesigem Abstand folgen die großen Baukonzerne aus Japan mit 190 Mrd. Dollar Umsatz, den USA (165 Mrd. Dollar) und Frankreich (133 Mrd. Dollar).
Allein die drei größten chinesischen Baufirmen stellen ein Drittel des Gesamtumsatzes der weltweiten Top 100, geht aus der Studie hervor. In der Poleposition fährt China State Construction Engineering Corporation (CSCEC) mit Erlösen von 305 Mrd. Dollar. Europas größte Baufirma, die französische Vinci mit 64 Mrd. Dollar Umsatz, steht auf Rang sieben. Beim Umsatz erreicht Vinci den Angaben zufolge zwar gerade mal ein Fünftel des Umsatzes von CSCEC, übertrifft den Konkurrenten aber bei der Marktkapitalisierung um das 1,7-Fache. Unter den Europäern belegen neben Vinci die ebenfalls in Frankreich ansässigen Bouygues (9.) und Eiffage (17.) sowie die spanische Gruppe Actividades de Construccion y Servicios (12.) vordere Plätze.
Planbarkeit nimmt ab
Nach der Pandemie mit den unterbrochenen Lieferketten werde der deutsche Hochbau 2023 von den Folgen des Ukraine-Kriegs ausgebremst, konstatiert EY-Parthenon. Erhöhte Zinsen und massiv gestiegene Baukosten ließen die Nachfrage stark sinken. Disruptive Ereignisse wie Corona, Ukraine-Krieg und die Regulierung im Gebäudesektor häuften sich und erschweren die Planbarkeit.
Der Renovierungsmarkt, der zwei Drittel des Hochbaus stellt, wachse zwar weiter, könne aber im laufenden Jahr die Neubauschwäche nicht ausgleichen. Für den Wohnungsbau erwartet EY-Parthenon einen Rückgang von 3,1% im Jahr 2023. Vor allem klassische Baufirmen litten unter dem schwachen Neubau, während Elektriker, Maler, Verputzer sowie Sanitär- und Heizungsbauer stabilere Auftragseingänge hätten. Hoffnung machten fundamentale Faktoren wie Wohnungsmangel, Sanierungs- und Modernisierungsbedarf und verschärfte Umweltauflagen.
Das Wachstum der globalen Bauwirtschaft hat sich stark abgeschwächt. Unterbrochene Lieferketten und feh- lende Arbeitskräfte trieben die Bau- kosten in die Höhe und verlängern die Bauzeit. In Deutschland rechnen Branchenexperten erst im Jahr 2025 mit einer Erholung der Hochbau- tätigkeit.