Zinskosten für High-Yield-Bonds fallen dramatisch
Im Gespräch: Daniel Rudnicki Schlumberger
Zinskosten für High-Yield-Bonds fallen dramatisch
J.P. Morgan rät Unternehmen, das Zeitfenster für günstige Refinanzierung schnell zu nutzen
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Am Markt für Finanzierungen von Unternehmen mit einer Bonität unterhalb des Investment Grade – im Fachjargon „Leveraged Finance“ – tut sich etwas Ungewöhnliches: Trotz des allgemein schwierigen Umfelds mit schwacher Konjunktur und hohen Leitzinsen werden die Finanzierungsbedingungen besser und einfacher. „Der Leveraged-Finance-Markt ist derzeit ‚priced to perfection‘“, sagt Daniel Rudnicki Schlumberger, Managing Director und Europachef der Abteilung für Leveraged Finance bei J.P. Morgan, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Seit drei Monaten beobachten wir ein dramatisches Absinken der Zinskosten bei neu begebenen Schulden.“ Die Rendite des Euro-Hochzinsanleihen-Index sei von 8,5% Anfang November auf jetzt 6,7% abgestürzt.
Ungewöhnlich billig
Zum Vergleich: Der langjährige Durchschnitt seit 2001 liegt bei 7,5%. „Und verglichen mit der 20-jährigen durchschnittlichen Risikoprämie für Euro-Hochzinsanleihen von 600 Basispunkten gegenüber der Bundesanleihe sind Anleger derzeit mit einer Prämie von lediglich 425 Basispunkten zufrieden“, sagt Rudnicki Schlumberger.
Der Markt macht sich derzeit ein sehr positives Bild von der Welt. „Zu diesem Bild gehören das Ende der Inflation, bald wieder sinkende Zinsen und ein Soft Landing für die Konjunktur“, konstatiert Rudnicki Schlumberger. „Diese Einschätzung wird möglicherweise nicht ewig dauern.“ Falle nur einer dieser Faktoren weg oder gebe es neue negative Überraschungen, dann würden sich die Refinanzierungsbedingungen wieder verschlechtern. Deshalb nutzten derzeit so viele Unternehmen das Zeitfenster – „und wir raten anderen, dasselbe zu tun“.
Aktivitäten wie im Rekordjahr 2021
Die Refinanzierungsbedingungen werden sich voraussichtlich nicht wesentlich verbessern. Dafür spricht der historische Vergleich: „Derzeit haben wir genauso viele Leveraged-Finance-Aktivitäten wie im Jahr 2021, einem Rekordjahr“, beobachtet Rudnicki Schlumberger. „Es handelt sich vor allem um Hochzinsanleihen und Leveraged Loans.“ Das Volumen der High-Yield-Bonds ist 2023 von 30 Mrd. auf 43 Mrd. Euro geklettert. Bei Leveraged Loans ging es von 45 Mrd. auf 76 Mrd. Euro nach oben.
„Der Beweggrund für die Emission ist derzeit fast immer eine Refinanzierung, die nötig wird, weil ein Fälligkeitstermin ansteht.“ In Europa werden laut J.P. Morgan bis 2026 im Leveraged-Finance-Markt rund 280 Mrd. Euro zur Rückzahlung fällig. „Es besteht bei etlichen Anleiheemissionen aber auch das Bestreben, die Zinskosten zu senken oder die Erlöse für die Ausschüttung einer Dividende an die Aktionäre zu verwenden.“ Letzteres gilt vor allem für Unternehmen im Besitz von Finanzinvestoren.
Auf Platz 1
J.P. Morgan sieht sich am Leveraged-Finance-Markt in Deutschland unter den Banken auf Platz 1 vor BNP Paribas und Deutsche Bank. Zum Einsatz kommt Leveraged Finance oft dann, wenn eine Private-Equity-Gesellschaft einen Mittelständler übernimmt und einen Teil des Kaufpreises mit Schulden finanziert: Einen 1 Mrd. Euro schweren Term Loan B für das Take Private der Software AG durch den Finanzinvestor Silver Lake nahm J.P. Morgan sogar vollständig auf die eigene Bilanz.
Letzteres ist nur eine Variante von mehreren bei den Finanzierungsformen im Leveraged Finance. Ebenfalls möglich ist ein syndizierter Kredit, der auf mehrere Schultern verteilt wird – mit einer längeren Laufzeit und Tilgung zum Ende der Laufzeit. Auch High-Yield-Bonds werden zum Ende der Laufzeit zurückgezahlt. Und die vierte Möglichkeit ist Private Credit, also ein Kredit von nur ein bis drei Gläubigern, der vergleichsweise teuer ist und mit Endfälligkeit zurückgezahlt wird.
Finanzier von Benteler
Zuletzt agierte J.P. Morgan als Joint Global Coordinator für eine 2 Mrd. Euro schwere Refinanzierung des österreichischen Autozulieferers Benteler. J.P. Morgan war Lead Left Bookrunner sowohl bei der ersten besicherten Anleihe in Höhe von 525 Mill. Euro als auch bei derjenigen in Höhe von 500 Mill. Dollar. Darüber hinaus fungierte die Bank als Joint Bookrunner und Mandated Lead Arranger für das Debüt-Term-Loan in Höhe von 810 Mill. Euro. Die Erlöse aus der Transaktion werden zur Refinanzierung der bestehenden Kapitalstruktur des Unternehmens und zum Abschluss der Restrukturierungsphase verwendet. Ein viereinhalb Jahre laufender revolvierender Konsortialkredit in Höhe von 250 Mill. Euro wurde ebenfalls als Teil des Finanzierungspakets platziert.
Unternehmen schlechter Bonität haben es leichter, sich günstig zu refinanzieren, als man denken könnte. Seit drei Monaten beobachtet J.P. Morgan ein dramatisches Absinken der Zinskosten bei neu begebenen Schulden. Die Rendite des Euro-Hochzinsanleihen-Index sei von 8,5% auf jetzt 6,7% abgestürzt.