Zunehmende Aktivisten-Attacken fordern US-Unternehmen heraus
Aktivisten bedrängen US-Unternehmen
Disney steht vor historisch teurem Kampf um Aktionärsstimmen – Regulierungsänderung hilft Investoren
xaw New York
Im Kampf um die Kontrolle über Disney bahnt sich ein teures Spektakel an. Die Direktoren des Entertainment-Riesen sowie die Hedgefonds Trian und Blackwells könnten bis zur Hauptversammlung Anfang April laut SEC-Dokumenten insgesamt über 70 Mill. Dollar ausgeben, um stimmberechtigte Aktionäre auf ihre jeweilige Seite zu ziehen. Eine mit derart hohem Ressourcenaufwand geführte Proxy-Kampagne wäre selbst in den USA beispiellos.
Hintergrund ist die ungewöhnlich breite Investorenbasis von Disney. Denn während Assetmanager wie Blackrock, Vanguard und State Street zwar durchaus zu den größten Anteilseignern des Konzerns gehören, verteilen sich über ein Drittel der im Umlauf befindlichen Aktien auf mehrere Millionen Privatanleger. Diese Masse zu erreichen, ist kostspielig, zumal Retail-Investoren bei Stimmrechtskonflikten statistisch häufiger für vom Unternehmen aufgestellte Direktoren stimmen. Dass Trian und Blackwells den Aufwand bislang nicht scheuen, zeigt laut Analysten, wie stark sich aktivistische Investoren aktuell fühlen.
CEOs unter Druck
So sehen sich auch Unternehmen wie der Spielzeughersteller Mattel, die Eisenbahngesellschaft Norfolk Southern und die Warenhauskette Macy's mit den Attacken von Private Funds konfrontiert. Bei dem Kaufhausbetreiber deutete sich zuletzt gar der Versuch einer feindlichen Übernahme an, nachdem der Verwaltungsrat ein Angebot der Investmentgesellschaften Arkhouse Management und Brigade Capital abgelehnt hatte. Bei Norfolk Southern drängen die Aktivisten um den Wealth Manager Ancora immerhin auf den Rausschmiss von CEO Alan Shaw und tiefgreifende strategische Änderungen. Bei der Konkurrentin Union Pacific musste Vorstandschef Lance Fritz bereits im vergangenen Jahr nach einem Konflikt mit dem Hedgefonds Soroban gehen.
Rückenwind erhalten die Aktivisten unter anderem durch im Herbst 2022 beschlossene neue Stimmrechtsregeln. Hatten Aktionäre zuvor lediglich die Wahl, für die gesamte Liste an Verwaltungsratsfavoriten eines Unternehmens oder die von einem Aktivisten vorgeschlagenen Direktoren zu votieren, tauchen nun alle Kandidaten auf einem Stimmzettel auf. Die Anteilseigner können also eine gemischte Auswahl treffen, was laut Experten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Firmen wie Trian oder Blackwells zumindest einen Sitz in Kontrollgremien ergattern.
Cartoon-Ente umgarnt Aktionäre
Die Abstimmung auf der Disney-Hauptversammlung stellt nun einen der ersten großen Praxistests für das System der "Universal Proxy Card" dar. Schon jetzt kurbeln die drei Parteien die Marketing-Ausgaben an: Disney produzierte beispielsweise ein Video mit Cartoon-Ente Primus von Quack, die Aktionären Stimmrechtsprozesse erklärt und dazu aufruft, für die Verwaltungsratskandidaten des Konzerns zu votieren. Die von Milliardär Nelson Peltz geführte Trian strebt zwei Sitze im Gremium an und wirbt für ihr Vorhaben, die Streaming-Margen des Unternehmens auf das Niveau der Konkurrentin Netflix und die Filmstudios nach Kassenflops auf Kurs zu bringen.
Blackwells, die eine deutlich kleinere Position aufgebaut hat als die von Trian gehaltenen Aktienbestände im Gegenwert von 3,5 Mrd. Dollar, dringt sogar auf drei Plätze im Verwaltungsrat und will an möglichen Spin-offs von Konzerneinheiten arbeiten. Beide Aktivisten haben großvolumige Budgets für Berater vorgesehen, die Aktionäre über die kommenden Wochen direkt kontaktieren sollen.
Das Disney-Management um CEO Bob Iger hat zuletzt unterdessen die Angriffsflächen reduziert. Umfangreiche Einsparungen stützten den Gewinn im abgelaufenen Quartal überraschend stark, und die Verluste aus dem Streaming-Geschäft schrumpfen, während neue Deals im Sport- und Videospielmarkt den Konzern für die Zukunft aufstellen – laut Analysten sind das wichtige Punktgewinne im Kampf gegen Trian und Blackwells.